„Das Erlebnis des Lichtes in der realen Waldstruktur“

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Georg Thumbach (Mitte) am 09.05.2017 in der Ausstellung "Ins Holz" im Alten Straßenbahndepot in Jena. Die Ausstellung der Universität Jena zeigt vom 13.05.2017 bis zum 16.07.2017 rund 25 großformatige Bilder sowie fünf Skulpturen des Künstlers zu den Themen Wald und Holz. Foto: Jan-Peter Kasper/FSU

Jena (AB/FSU) „Ins Holz“ gerät, wer sich vom 13. Mai bis 16. Juli 2017 im Alten Straßenbahndepot (Dornburger Straße 17) in Jena umschaut. Doch kein hölzerner Erlebnisparcours verwandelt die alte Halle, sondern eine einzigartige Ausstellung mit großformatigen Zeichnungen und Skulpturen, die vom Wald künden und dessen Faszination auf den bayerischen Künstler Georg Thumbach deutlich werden lassen. Holz und Wald sind Quelle seiner künstlerischen Inspiration und er sucht, dem Wesen des Holzes mit einem konzentrierten Blick auf den Grund zu gehen.
Georg Thumbach studierte an der Akademie der Bildenden Künste in München. Er war Meisterschüler von Ben Willikens und arbeitet seit Jahren im Wald, am Holz und mit Holz. Der 44-Jährige wirkt als Freilichtzeichner, baut Skulpturen aus unbehandelten, roh geschnittenen Nadelholzbrettern oder Vierkanthölzern vom Bau, nutzt industriell bearbeitete Grobspanplatten als Ausgangsmaterial für seinen Bildwerdungsprozess und er eröffnet Einblicke in Hölzer und Baumstämme. „Die Struktur des Holzes ist Kern seiner Betrachtungen und seines Interesses. Der Ausstellungstitel ,Ins Holz‘ meint also sowohl ins Holz gehen als auch in das Holz vordringen“, erläutert Dr. Barbara Happe, die die Ausstellung gemeinsam mit ihrem Mann, Prof. Dr. Martin S. Fischer, kuratiert hat.

Wald als Inspiration und Atelier

Es ist nicht der Wald der Romantik, den Thumbach in seinen Kunstwerken auferstehen lässt. Der Künstler nutzt jeglichen Wald als Inspiration. „Thumbach sucht im Wald keine verborgenen Geheimnisse oder verheißungsvollen Gegenwelten zur Zivilisation, der Wald ist für ihn kein Medium der seelischen Selbsterkundung und Sinnsuche; seine Waldbilder sind weder Symbolträger noch sind sie mit einer aufklärerischen Attitüde zur Erklärung der Welt behaftet“, erläutert Martin S. Fischer, Kurator und Biologe von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Thumbach lässt sich vom Motiv und dem Schaffensprozess tragen. „Der Prozess des Zeichnens kann nicht rational vorweggenommen werden …Ich reflektiere nicht. Ich lasse mich einfach mitziehen. Ich reagiere. Was ich sehe oder sehen möchte, auch was ich spüre, bringe ich unmittelbar zu Papier. Nun lasse ich die Zügel nicht vollends fahren, ich will ja nicht im rein Gestischen landen, plötzlich feststellend, dass mir das Motiv, der Auslöser des Ganzen entglitten ist“, schreibt Georg Thumbach. „Holzkohle und Papier, beides Holz- und so mit größter Wahrscheinlichkeit Waldprodukte, sind also meine bevorzugten Produktionsmittel für Waldzeichnungen“.
Im Unterschied zu den Zeichnungen, von denen 19 in der neuen Ausstellung zu sehen sind, erhalten die Skulpturen Titel. Die Skulptur 90/90 beschreibt einen regelmäßigen, fächerartigen Bewegungsablauf. Der Schenkel eines im rechten Winkel am Boden liegenden Holzes kippt im nächsten 90 Grad-Winkel dahinter um 10 Grad, beim darauffolgenden um 20 Grad, dann um 30 Grad auf die andere Seite, also um 90 Grad, bis der andere Schenkel erneut am Boden aufliegt. Die nicht am Boden aufliegenden Schenkelenden der gekippten Winkel werden jeweils mit weiteren Hölzern im Lot abgestützt.

Jenaer Schau bietet erstmals einen Überblick über Thumbachs Schaffen

Für die Schau in Jena fertigte Georg Thumbach neue, großformatige Arbeiten an. Diese Ausstellung zeigt erstmals einen Überblick über das Schaffen des großartigen Künstlers. Seine heftigen Zeichnungen sind keine idyllischen Waldbilder, das Dickicht steht vor dem Betrachter wie eine Wand, und gleichzeitig wird man in die Tiefe des Bildes gezogen. Nichts drängt sich zwischen das Motiv und den Künstler und damit auch den Betrachter. Fortschreitend löst sich Georg Thumbach in seinen Zeichnungen vom Gegenstand, arbeitet sich vom spontanen Kalkül zur kalkulierten Spontaneität und es gelingen ihm schwunghafte und rasante Zeichnungen im immer freieren Gestus. Während er also bei den Zeichnungen die Zügel immer lockerer lässt, sind die Skulpturen reines Kalkül.
„Dir ist es tatsächlich gelungen, durch die Anschauung und Beobachtung jegliche Stilisierung zu vermeiden. Das Erlebnis des Lichtes in der realen Waldstruktur im Dickicht der Eindrücke ist immer prägend geblieben. Es verleiht Deinen Zeichnungen eine große Dynamik. Durch die Anschauung regeneriert sich die Form. Die Strukturen werden zu Energiefeldern, zu einem Fest für das Licht“, äußert sein Lehrer Ben Willikens.
Von diesem Fest können sich die Besucher vom 13. Mai bis 16. Juli 2017 mittwochs bis freitags von 14-18 Uhr sowie samstags und sonntags von 12-18 Uhr selber ein Bild machen.
Die öffentliche Vernissage findet am 12. Mai um 18 Uhr statt.
Weitere Informationen zur Ausstellung und zum Begleitprogramm sind zu finden unter: www.thumbach-jena.de.
Neben der Friedrich-Schiller-Universität Jena wird die Ausstellung gefördert von der Jenoptik AG, von jenawohnen, der Sparkasse und Sparkassenstiftung Jena-Saale-Holzland, dem Verein Ausstellungshaus für christliche Kunst und dem Jenaer Nahverkehr, der wieder einmal das Alte Straßenbahndepot zur Verfügung stellt.

Allgemeine Informationen
„Georg Thumbach – Ins Holz“
Öffnungszeiten:
13. Mai bis 16. Juli 2017
Mittwoch bis Freitag: 14-18 Uhr, Samstag und Sonntag: 12-18 Uhr
Fr 12. Mai 2017 18 Uhr: Vernissage
Eintrittspreise:
Erwachsene: 4 €, ermäßigt: 2 € (für Schüler ab 14 Jahren, Studierende, Bundesfreiwilligendienstleistende und Rentner)
Ort:
Altes Straßenbahndepot
Dornburger Straße 17, 07743 Jena

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