Neue Lebensfreude dank Tagesklinik

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Jena (ukj/me). Es ist wieder Freitag und Horst S. freut sich, dass er den Kindern in der Jenaer Kita Fröbelhaus etwas vorlesen kann. „Die Anerkennung und Dankbarkeit der Kinder erfüllt mich und die Gesellschaft tut mir gut.“ Der wöchentliche Besuch in der Kita ist ein wichtiger Bestandteil im Leben des 82-jährigen geworden.

Er fühle sich wieder gebraucht. Das sei einst anders gewesen. Denn mit dem Ausscheiden aus dem Berufsleben entwickelte der Rentner eine Depression. Er wurde von seinem Hausarzt zur Tagesklinik für Gerontopsychiatrie am Universitätsklinikum Jena (UKJ) verwiesen und erhielt dort Hilfe.

Zum 10-jährigen Jubiläum öffnet die Klinik am 30. November 2016 von 15 bis 17 Uhr ihre Türen. Auch Horst S. ist vor Ort und wird berichten, wie ihm das Team der Tagesklinik half, seine Depression zu überwinden und ganz neue Aufgaben für sich zu entdecken.

„Als erste Gerontopsychiatrische Tagesklinik Thüringens konnten wir vor zehn Jahren eine gleichwertige Versorgungsalternative zur stationären Einweisung psychisch kranker Senioren bieten. In dieser Form existieren nur wenige Tageskliniken in Deutschland“, betont Prof. Dr. Karl-Jürgen Bär, kommissarischer Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie und Leiter der Tagesklinik in Jena-Ost. Die Experten der Tagesklinik führen am 30. November durch die Räumlichkeiten und sprechen über neue Therapien in der Gerontopsychiatrie, etwa Yoga für Senioren.

„Neben Depressionen und Angst im Alter, kommen oft Patienten, die an einer Demenz erkrankt sind oder an einer Sucht leiden zu uns, wenn vor allem andere Möglichkeiten erschöpft sind. Der Erstkontakt erfolgt häufig über den Hausarzt. Unsere Patienten sind durchschnittlich zwischen 55 und 90 Jahre alt“, erklärt der Experte für Gerontopsychiatrie.

Horst S. verbrachte sieben Wochen in der Tagesklinik. „Zunächst hatte ich keine Vorstellung, was mich erwarten würde. Ich habe hier eine neue Tages- und Wochenstruktur erarbeitet und seitdem beibehalten. Neben dem Vorlesen, entdeckte ich den wöchentlichen Tagessport für mich. Das gehört jetzt zu meinem Alltag.“ Die Kita Fröbelhaus ist Patenkita der Tagesklinik. Dadurch entstand auch der Kontakt zu Horst S. und der Vorlesevormittag.

Im Durchschnitt sind Patienten vier bis sechs Wochen in der Tagesklinik. „Wir begleiten Patienten, die einmal kommen, aber es gibt auch Patienten, die wir mehrfach sehen“, sagt Laura Bliedung, Neuropsychologin der Tagesklinik.

Die Therapie in der Einrichtung werde sehr gut angenommen, bestätigt Bär. „Unsere Mitarbeiter haben bereits eine Reihe von Dankeskarten gesammelt. Das Feedback der Patienten fällt positiv aus.“

Bär beschreibt das Konzept: „Die Patienten sind von 8 bis 15.30 Uhr in der Tagesklinik und am Abend zuhause. Dadurch werden sie nicht aus dem Alltag herausgerissen, was die Therapieakzeptanz stärkt. Insgesamt zeigte sich bisher, dass viele Störungen effektiver behandelt werden können und viele Patienten Lebensqualität gewinnen.“

„Durch die bewusst wohnliche Einrichtung, im Gegensatz zum normalen Klinikgebäude, sollen sich Patienten noch wohler fühlen. Auch weiße Kittel sieht man deshalb nicht“, erklärt Bliedung. Sie gehört neben einer Fachärztin für Psychiatrie, Ergo- und Mototherapeuten, Mitarbeitern der Pflege und des Sozialdienstes zum elfköpfigen Team.

Wesentliche Bausteine der Tagesklinik sind laut Bär Verhaltensbeobachtungen der Patienten in verschiedenen Situationen und ein individuelles Therapiekonzept. „Das Team der Tagesklinik schaut zunächst, wo Hilfebedarf besteht und legt mit dem Patienten sowie den Angehörigen ein Therapieziel fest. Bei der Diagnostik werden auch bildgebende Verfahren eingesetzt. Anschließend wird ein individuelles Therapiekonzept erarbeitet. Psychologische Gruppensitzungen und Einzelgespräche sind Bestandteil des Therapieplans. Zum Abschlusstermin sind die Angehörigen wieder mit dabei.“

Bär sieht verschiedene Herausforderungen für die Zukunft. „Zunehmend kommen multimorbide Patienten zu uns, die schwer krank sind, sowohl psychisch, als auch körperlich. Die Betreuung wird komplexer.“

Zusammenarbeit sei ein weiterer Faktor, der zur guten Akzeptanz der Klinik beiträgt. „Sowohl die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Neurologie und Geriatrie am UKJ, als auch die enge Zusammenarbeit den mit Hausärzten und unserem Kooperationspartner, Aktion Wandlungswelten, ist wichtig.“ Aktuell wurde eine Ambulanz für Gedächtnisstörungen an der Klinik für Neurologie etabliert. „Der Ausbau von gemeinsamen Strukturen wird unsere Therapiemöglichkeiten weiter verbessern“, betont Bär.

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