Science City siegt sensationell an der Spree und schlägt ALBA Berlin im Herzschlagfinale mit 74:73

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Mit einem sensationellen 74:73-Sieg kehrt Science City Jena am Mittwochabend aus der Hauptstadt zurück. Der Erstliga-Aufsteiger schlug den Ex-Serienmeister ALBA Berlin trotz einer schwachen ersten Halbzeit vor 7269 Zuschauern – darunter gut 120 Jenaer Anhänger – in der Mercedes-Benz Arena am Ende vielleicht etwas glücklich, korrigierte damit die 73:77-Hinrunden-Niederlage in der Jenaer Sparkassen-Arena. Während das Team von Trainer Björn Harmsen beim Gastspiel an der Spree auf den mit einer Knöchelverletzung ausfallenden Center Kenny Frease verzichten musste, nutzten die Berliner in den ersten 20 Minuten fast sämtliche Einladungen der Thüringer, bevor das Harmsen-Team die Partie nach der Pause mit viel Leidenschaft und Intensität zu seinen Gunsten drehte.

Trotz der Hypothek eines 44:26-Halbzeitstandes für die Albatrosse verwalteten die Hausherren zunächst noch ihren Vorsprung im Verlauf des dritten und vierten Viertels, ließen die Saalestädter allerdings wieder zurück in die Partie. Das Harmsen-Team bedankte sich, glich durch Julius Jenkins 57,7 Sekunden vor Ende auf 73:73 aus, bevor Marcos Knight 29,7 Sekunden vor der Schlusssirene einen seiner beiden Freiwürfe zum siegbringenden 74:73 verwandelte. Die Verzweiflungswürfe der Berliner in den finalen Sekunden verfehlten allesamt ihr Ziel.

Nachdem Science City zu Beginn durch Stephan Haukohl mit 2:0 in Front gehen konnte korrigierten die Gastgeber das Duell innerhalb der folgenden Minuten durch Ismet Akpinar und Carl English früh auf 9:2 (3.). Auf der Suche nach Rhythmus gelang es den Thüringern bis zur ersten Pause nicht, entsprechende Bindung zum Spiel zu finden. Zahlreiche Ballverluste, Jena erlaubte sich allein im Startabschnitt sieben Turnover, sowie eine wacklige Performance an der Freiwurflinie erlaubten es den favorisierten Berlinern, sich bis zur Viertelpause auf 24:15 abzusetzen. Auch im zweiten Spielabschnitt blieb der amtierende Pokalsieger das tonangebende Team. Der Kader von Ahmet Çaki nutzte in dieser Phase alle Unzulänglichkeiten der Thüringer gnadenlos, erspielte sich einen deutlichen Vorsprung, bevor Jenas erstes gut bis zum Ende durchgespieltes System Stephan Haukohl fand, der auf unmittelbar vor der Sirene auf 41:26 verkürzte. Dass Engin Atsür seinen Distanzwurf aus der Ecke zum 44:26-Halbzeitstand versenken konnte, passte bis zu diesem Zeitpunkt in das bislang klare Bild der Partie.

Ungeachtet der durchwachsenen Jenaer Vorstellung in Hälfte Eins hatten die Saalestädter im Verlauf ihrer bisherigen Saison jedoch schon oft genug Charakter und die notwendige Ruhe bewiesen, um auch hohe Rückstände aufzuholen. Mit der Einwechslung von Center Oliver Mackeldanz kurz nach dem Kabinengang kippte das Momentum in Richtung der Gäste. Der gebürtige Berliner legte den Hausherren einen Korb nach dem anderen in die Reuse. Stolze neun Zähler durch den Mackeldanz, garniert mit einem Dreier von Ermen Reyes-Napoles hatten den Score auf 49:38 (24.) geschrumpft, bevor ALBA-Coach Çaki die taktische Notbremse einer Auszeit ziehen musste. Nun waren wieder die Berliner am Zug, die einen 8:2-Lauf hinlegten, um ihre Führung nach Atsürs Korb zum 57:40 in einem komfortable Bereich einpendeln zu lassen. Doch Science City hatte längst Blut geleckt, konterte mit einem Distanzwurf durch Reyes-Napoles zum 57:43. Nachdem Wayne Bernard in der folgenden Sequenz nur durch ein unsportliches Foul von Engin Atsür gestoppt werden konnte, Jenas Kapitän beide Freiwürfe verwandelte, drehte Immanuel McElroys Korb zum 57:47 mit dem Viertelbuzzer konsequent an der Pulsschraube der Hauptstädter. Mit nur zehn Punkten Rückstand in die finalen zehn Minuten startend, lief das Duell wieder einem offenen Ende entgegen.

Das Abschlussviertel begann aus Jenaer Sicht dann doch wieder eher suboptimal. Ein Foul beim Dreier an Malcolm Miller ermöglichte es den Berlinern wieder auf 60:47 zu erhöhen, bevor Carl English mit seinem Distanzwurf einen Korbleger von Julius Jenkins neutralisierte. Die von Jenas Trainer Björn Harmsen genommene Auszeit und die Hereinnahme von Marcos Knight verschaffte Science City in der Folge die wichtige zweite Luft. Vier aufeinanderfolgende Punkte von Jenas Nummer 9 kombiniert mit zwei Freiwürfen von Stephan Haukohl drängten die zur Halbzeit fast schon entschiedene Begegnung in eine Crunchtime, die sich ihren Namen längst verdient hatte. Zwar gelang es Elmedin Kikanovic im Alleingang kurzzeitig noch einmal für einen zweistelligen Vorsprung der Berliner (35. – 68:57) zu sorgen, danach sprengte Jenas aufopferungsvoll kämpfendes Kollektiv jedoch endgültig alle Ketten einer verkorksten ersten Hälfte. Marcos Knight, Stephan Haukohl und Julius Jenkins per Dreier schoben die auf 68:64 (36.) geschmolzene ALBA-Führung in Richtung Ziellinie, bevor Berlins an diesem Abend stärkster Akteur, Ismet Akpinar, aus der Distanz auf 71:64 erhöhte.

Respektable Niederlage oder Sensationssieg an der Spree? Science City ging in den letzten drei Minuten volles Risiko und setzte in Person von Ex-ALBA-Akteur Immanuel McElroy äußerst wirklungsvoll nach. Shaq Goodwin hatte 99 Sekunden vor Ultimo den ersten von zwei Freiwürfen zum 73:68-Anschluss verwandelt, bevor Jenas Nummer 23 beim zweiten zu ungenauen Versuch unbedrängt an den Ball kam, seinen Offensiv-Rebound zum vielumjubelten 73:71 vergolden konnte. Nachdem Carl Englishs Layup 72 Sekunden vor der Schlusssirene über den Jenaer Ring rollte, die Tür zum Jenaer Auswärtssieg öffnete, lies Julius Jenkins 57,7 Sekunden den Spalding in Richtung Berliner Korb fliegen, Ausgleich – 73:73. Die anschließende Auszeit des amtierenden Pokalsiegers verpuffte wirkungslos, nachdem Kikanovic seinen Mitteldistanzwurf zu kurz ansetzte. So war es Marcos Knight, dessen Nervenstärke 29,7 Sekunden vor der Schlusssirene nach einem Atsür-Foul an der Freiwurflinie geprüft wurde. Jenas Allstar verwandelte den ersten Schuss, scheiterte jedoch mit seinem zweiten Versuch. Was folgte waren gefühlte zehn hektische Berliner Würfe, die bis zum erlösenden Horn der Mercedes-Benz-Arena ihr Ziel verfehlten, um 20.48 Uhr den Triumph der Thüringer besiegelten und ein neues, vor allem erfreuliches Kapitel Jenaer Basketball-Geschichte schrieben.

Björn Harmsen (Cheftrainer Jena): „Ich bin sehr beeindruckt vom Charakter meines Teams. Wir waren heute in der ersten Halbzeit chancenlos. Wir sind überhaupt nicht mit ALBA Aggressivität und Physis zurecht gekommen und konnten nicht gegenhalten. Als wir dann zur Halbzeit 18 Punkte hinten waren, haben wir uns einfach nur vorgenommen, Schritt für Schritt zurück zu kommen. Am Ende des dritten Viertels wollten wir auf zehn dran sein – das haben wir geschafft. Am Ende hat es mein Team dann tatsächlich vollbracht. Alle Spieler hatten ihren Anteil daran und haben viel Herz gezeigt. Das ist ein unglaublicher Moment für uns als Club Science City Jena.“

Ahmet Caki (Cheftrainer ALBA): „Wir haben zwei völlig verschiedene Halbzeiten gespielt. In der ersten haben wir gut verteidigt und den Ball gut bewegt. Im dritten Viertel hatten wir dann schon Probleme beim Scoren, aber wir waren immer noch zehn Punkte vorne und hatten eigentlich die Kontrolle. Im vierten Viertel sind wir dann vollkommen aus der Spur geraten. Wir haben viel Offensivrebounds abgeben und im Angriff kopflos gespielt. Nach den vergangenen Niederlagen waren meine Jungs sicher etwas unter Druck, aber wir müssen die Schlussphase solch eines Spiels viel besser über die Bühne bringen. Das war wirklich eine harte Niederlage für uns. Wir müssen jetzt weiter arbeiten und weiter kämpfen.“

SCJ: Knight 16, Jenkins 11, Reyes-Napoles 9, McElroy 9, Mackeldanz 9, Haukohl 9, Goodwin 7, Schmidt 2, Bernard 2, Wolf, Clay

H&H Makler

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