„Das ist Kunst, das kann bleiben…“

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Bettina Schünemann, Dr. Bernd Seydel (r.) und "Oscar am Freitag!-Redakteur Rainer Aschenbrenner beim Interview: Bildschirmfoto: OaF

Gotha (red/ra, 30. Dezember). Kunst kann viel sein. Eine zum Beispiel ist, Individualisten zum gemeinsamen Handeln zu inspirieren. Solch Individualisten wie jene acht

Künstlerinnen und Künstler aus Gotha, die mit ihrer „Kunst zu Weihnachten“ neun Tage im Dezember auf dem Neumarkt ein Zeichen setzten („Oscar am Freitag“-TV berichtete vom Start der Aktion).

Ein Zeichen dafür, dass man gerade in solch schwierigen, unruhigen Zeiten wie diesen „einfach mal was machen, was auf die Beine stellen sollte und kann – weil das motiviert und inspiriert“. So fasste es Bernd Seydel nach dem Ende des temporären Projekts zusammen.

Er war einer vom bunt gemischten Oktett aus der Gothaer Kunstszene, das sich zu diesem Experiment fand: Rüdiger Franke, Nina Klatt-Starke, Barbara Klose, Bettina Schünemann, Thomas Offhaus, Carsten Weitzmann und Thomas Wolf komplettierten die Runde.

Gezeigt wurde Schmuck, Druckgrafik, Malerei, Fotografie – die Genres, Materialien und Ausdrucksformen so vielfältig wie jene Solitäre, die sie schufen.

“Kunst zu Weihnachten” war dabei keine temporäre Ausstellung, sondern eine Verkaufsgalerie. In voller Absicht, denn Künstler leben eben nicht nur vom Applaus allein. Die Kurzzeit-Galeristen galten daher als Einzelhändler – was überhaupt erst dieses Experiment unter den geltenden Corona-Beschränkungen ermöglichte: Wäre allerdings auch gelacht, fänden solch Kreative nicht Mittel und Wege, ihre Ideen umzusetzen…

Gemietet war ein leerstehender Laden. Den richtete man gemeinsam her. Ebenso in trauter Runde ward dann die Galerie gestaltet, „alles ganz friedlich und kreativ – was nicht unbedingt selbstverständlich ist bei solch Vorhaben“.

Schon am Eröffnungstag drückten sich erste Neugierige die Nase am Schaufenster platt, noch bevor der Schlüssel das erste Mal herumgedreht und Einlass gewährt wurde – dies natürlich mit Abstand und Maske.

Ungewöhnlich war fast alles an diesem Experiment. Auch wenn sich die beteiligten Künstler alle gut kennen, so in vergangenen Jahren gemeinsam beim „Offenen Atelier“ dabei waren, gebären solch Kunstmacher eher einsam in ihren stillen Kämmerlein die Produkte ihrer Kreativität. “Wir sind aber fest davon überzeugt, dass Kooperation das nachhaltigere Lebensmodell ist – auch für Künstlerinnen und Künstler”, bekennt Bernd Seydel namens der Gruppe.

Weils’s nun aber eine Verkaufsgalerie war, brauchte es mehr als nur eine Aufsicht. Also verdingten sich alle über die neun Tage stundenweise – fürs Präsentieren, fürs Erklären, fürs Debattieren und natürlich gern auch fürs Kassieren nach Kaufabschluss.

Und siehe da – obwohl eine jede, ein jeder gerade in der Vorweihnachtszeit gut zu tun hat, blieben „Diensthabende“ selten allein. Überraschend viel Publikum stillte seine Neugier. Und letztlich schien allen acht ihr gemeinsames Projekt sehr am Herzen gelegen zu sein, denn man traf einander dort auch in der „dienstfreien“ Zeit.

Bettina Schünemann, der die Ehre zukommt, die Idee geboren, den ersten Anstoß gegeben zu haben, machte klar, dass man zu keiner Zeit Konkurrenz zum Kunstforum oder anderen Kultureinrichtungen der Stadt“ sein wollte. „Vielmehr war es auch ein Testballon, ob es die Gothaer annehmen…“

Und sie taten es. „Kunst zu Weihnachten“ könnte demnach eine Neuauflage 2022 erleben, so der einhellige Tenor der Macher. Abhängig ist’s natürlich, ob man wieder einen Ort zur Präsentation findet: „Schließlich wünschen wir natürlich den Besitzern des Ladens, dass sie bald wieder einen dauerhaften Pächter finden“, stellte Bettina Schünemann klar.

Aber so spontan erfolgreich wie der 2021er Kunst-Coup war, darf man getrost wünschen: „Das ist Kunst, das kann bleiben…“

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