Florian Knauer ist neuer Professor für Strafrecht und Kriminologie der Universität Jena

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Prof. Dr. Florian Knauer , Lehrstuhl Strafrecht für Kriminologie, Strafvollzugsrecht und Jugendstrafrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität, aufgenommen in Jena am 11.05.2016. Foto: Anne Günther/ FSU

Jena (sh/FSU) In Deutschland sind Verurteilungen von Kriegsverbrechern vor einem Internationalen Strafgerichtshof oftmals nur Randnotizen, da die Taten lange zurückliegen und nicht im eigenen Land verübt wurden. Trotzdem kann es sein, dass die Straftäter in deutschen Gefängnissen sitzen. Denn am Standort des Internationalen Strafgerichtshofs im niederländischen Den Haag gibt es nur ein Untersuchungsgefängnis. Die Verurteilten werden auf Haftanstalten in Europa verteilt. Dabei gibt es zwar einige internationale Statuten, generell gilt aber das Strafvollzugsrecht des jeweiligen Landes. Aus dieser besonderen Konstellation ergeben sich Grundfragen für das internationale Recht und den Strafvollzug.
Ihnen nachgehen will Prof. Dr. Florian Knauer, der neue Lehrstuhlinhaber für Strafrecht, Kriminologie, Strafvollzugsrecht und Jugendstrafrecht der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Diese Straftäter weisen einen ganz anderen gesellschaftlichen Hintergrund als die meisten Mithäftlinge auf und haben oftmals ein höheres Bildungsniveau“, erklärt der 41-jährige Jurist. Er habe sich für seine Forschung mit verschiedenen Vertretern dieser Gruppe unterhalten, um beispielsweise herauszufinden, wo sie in der Gefängnishierarchie stehen und welche Resozialisierungsmaßnahmen angewendet werden. Gerade Fragen der Wiedereingliederung stellten den Strafvollzug vor Herausforderungen. „Das Thema wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen, deshalb ist es wichtig, die Rahmenbedingungen bereits jetzt zu untersuchen, auch wenn sich die Zahl der Betroffenen bisher noch in Grenzen hält“, sagt Knauer. Der Strafvollzug müsse raus aus der nationalen Ecke, Internationalisierungsbestrebungen sollten stärker berücksichtigt werden.

Ehemalige Strafgefangene im Hörsaal

Dieses Projekt ist beispielgebend dafür, wie der neue Jenaer Professor seine Aufgabe versteht. „Die Wechselwirkungen zwischen strafrechtlichen und kriminologischen Erwägungen finde ich besonders spannend“, erklärt er. „Insofern fühle ich mich auf dem Lehrstuhl in Jena sehr wohl.“ Denn auch hier werden beide Bereiche zusammengebracht. Knauer schätzt die Freiheiten in Forschung und Lehre, die ihm die Friedrich-Schiller-Universität gewährt. So besucht er etwa mit seinen Studierenden jugendstrafrechtliche Gerichtsverhandlungen und lädt ehemalige Strafgefangene in seine Lehrveranstaltungen ein.
Gerade das Jugendstrafrecht steht dem Jenaer Experten zu häufig im Mittelpunkt öffentlicher Diskussionen. „Die Debatte dreht sich oft um die Herabsetzung der Strafmündigkeit. Derzeit wird zum Beispiel darüber gesprochen, das entsprechende Alter von 14 auf zwölf Jahre zu senken“, berichtet er. Wissenschaftler tendierten allerdings eher dazu, das Alter auf 16 Jahre anzuheben. Außerdem gerät die Bestrafung von 18- bis 20-Jährigen häufig in den Fokus, da hier das Gericht individuell entscheidet, ob das Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht greifen soll. Florian Knauer nähert sich diesem Thema während eines weiteren Projektes derzeit aus einer ganz besonderen Perspektive: Er beschäftigt sich mit Heranwachsenden, die nach Syrien reisten, um den IS zu unterstützen, und dann wieder nach Deutschland zurückgekehrt sind. „Natürlich sind das weitreichende Taten, bei denen es sich ja nahezu um weltpolitisches Geschehen handelt“, sagt der Kriminologe. „Doch das sollte nicht automatisch dazu führen, dass hier nach Erwachsenenstrafrecht geurteilt wird. Betrachtet man die Motivation der Straftäter, dann entdeckt man oft eine nahezu infantile Naivität, die nicht von erwachsener Reife zeugt.“
Weitere Forschungsvorhaben will Florian Knauer umsetzen, wenn er sich in Jena richtig eingelebt hat. Nach dem Studium und Referendariat in Berlin stellte er schnell fest, dass seine Zukunft in der Wissenschaft liegen sollte. „Ich fand Bücher immer schon spannender als Akten – allerdings keine Krimis“, erzählt er. Seine Arbeit führte ihn u. a. zu einem Forschungsaufenthalt ins US-amerikanische Berkeley. Bereits im vergangenen Winter hatte er eine Vertretungsprofessur in Jena inne. „In dieser Zeit habe ich meine Antennen in alle Richtungen ausgefahren und geprüft, ob ich mich hier wohlfühlen könnte“, erzählt er. „Letztlich stand ich dann eines Abends auf dem Markt, hörte in mich hinein und stellte fest, dass Jena all das hat, was ich mir während meiner Habilitation gewünscht hatte.“

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