Der Blick geht weiter in Richtung Osten

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Gute Nachrichten für die Osteuropa-Forschung an der Universität Jena: Das „Imre Kertész Kolleg Jena – Europas Osten im 20. Jahrhundert. Historische Erfahrungen im Vergleich“ wird für weitere sechs Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
Der Direktor Prof. Dr. Joachim von Puttkamer sieht den Zuwendungsbescheid in Höhe von 7,8 Millionen Euro als Bestätigung für die gute Arbeit der vergangenen Jahre. Vorausgegangen war eine positive Begutachtung im Herbst vergangenen Jahres.

„Die Bedeutung des östlichen Europas für den ganzen Kontinent hat weiter zugenommen“, sagt von Puttkamer. Es sei zu konstatieren, dass der Osten Europas politisch in einigen Teilen stabiler geworden ist, manche Regionen hingegen deutlich krisenhafter und durch Konflikte erschüttert sind. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, wird sich der inhaltliche Fokus des Kollegs erweitern: „Die Geschichte Russlands und der Ukraine rücken stärker in unser Blickfeld“, so von Puttkamer. Zu erwarten seien wechselseitige Impulse über die Binnengrenzen des Faches hinweg, in dem ja die Geschichte Russlands, Ostmitteleuropas und Südosteuropas je eigenständig bearbeitet werden.

Größeren Raum wird die Erforschung der Zeit nach 1989 einnehmen. Hier sollen grundlegende Fragen nach der Bilanz wirtschaftlicher und sozialer Transformationen auf dem Weg zu einer marktwirtschaftlichen Ordnung aufgeworfen werden. Dabei werde nach Gewinnern und Verlierern geschaut, nach Formen politischer Artikulation und deren Folgen für das Parteienspektrum der jeweiligen Länder sowie ihrer innenpolitischen Stabilität.
Auch in personeller Hinsicht wird es Veränderungen geben. So übernimmt der Prager Zeithistoriker Prof. Dr. Michal Kopeček die Stelle des bisherigen Co-Direktors Prof. Dr. Włodzimierz Borodziej. Doch Borodziej bleibt dem Kertész-Kolleg als Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats erhalten.
Mit Michal Kopeček, der stellvertretender Direktor des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Prag ist, wird das Kolleg auch um eine weitere inhaltliche Facette bereichert. Sein Forschungsschwerpunkt ist die politische Ideengeschichte, wobei er – wie Joachim von Puttkamer betont – den gesamten Osten Europas in den Blick nimmt.

Sozusagen als Einstand richtet Michal Kopeček vom 6. bis 8. Oktober eine wissenschaftliche Tagung in Jena aus. Unter dem Titel „The Allure of Totalitarianism. The Roots, Meanings, and Political Cycles of a Concept in Central and Eastern Europe“ diskutieren namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Haus auf der Mauer (Johannisplatz 26) über ihre Forschung. Interessierte Gäste sind willkommen, der Eintritt ist frei. Tagungssprache ist Englisch.

Das „Imre Kertész Kolleg Jena – Europas Osten im 20. Jahrhundert. Historische Erfahrungen im Vergleich“ nahm am 1. Oktober 2010 seine Arbeit auf. Es gehört zu zehn wissenschaftlichen Instituten, die als Käte Hamburger Kollegs vom Bundesforschungsministerium gefördert werden. In den sechs vergangenen Jahren sorgten über 100 Fellows für ein produktives, anregendes wissenschaftliches Umfeld und zugleich bilden diese Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein Netzwerk, das in der Verknüpfung von Ost und West wohl einzigartig ist.

Informationen zur Tagung: www.imre-kertesz-kolleg.uni-jena.de/index.php?id=84