Den „Erstis“ den nötigen Schwung verleihen

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Prof. Dr. Martin Mundhenk ( v. l.) Student Andre Prater , Studentin Charlotte Pfeifer, Prof. Dr. Anke Pohl (r.) , Fakultät für Mathematik und Informatik , Friedrich-Schiller-Universität Jena, aufgenommen am15.8.2017 im Mathe Cafe. Foto: Anne Günther/FSU

Jena (sl) Was Prof. Dr. Martin Mundhenk den schwierigen Übergang von der Schule ins Studium nennt, vergleicht Charlotte Pfeifer vom Fachschaftsrat mit dem Erlernen einer ganz neuen Sprache. „Mathe in der Schule und Mathe im Studium fühlen sich im ersten Moment wie zwei grundverschiedene Disziplinen an.“ Doch ungeachtet unterschiedlicher Beschreibungen haben der Mathematikprofessor und die Studentin das gleiche Ziel: Studienanfängern den Einstieg erleichtern, die Quote der Abbrecher minimieren. Diesem Ziel sind Fachschaftsrat und Professor inzwischen ein gutes Stück nähergekommen. Für die neugestaltete Studieneingangsphase in der Mathematik werden Prof. Dr. Martin Mundhenk und der Fachschaftsrat mit dem Lehrpreis der Universität Jena 2017 ausgezeichnet. Der Preis ist mit 2.500 Euro dotiert und wird am 16. November während eines „Dies Legendi“ überreicht.

Studienwochenende für Erstsemester
Mit neuen Ideen, wie der Einstieg ins Mathe-Studium besser gelingen könnte, kehrten die Studenten Charlotte Pfeifer und André Prater 2015 von der „KoMa“ zurück, der „Konferenz der deutschsprachigen Mathematikfachschaften“. Darunter war die Idee, mit den „Erstis“ ein gemeinsames Wochenende zu verbringen, um sie auf anstehende Prüfungen vorzubereiten. Diese Prüfungen werden vorausgesetzt, um im nächsthöheren Semester studieren zu können. Die Idee stieß beim damaligen Studiendekan Martin Mundhenk auf offene Ohren. Geplant wurde ein Wochenende in einer Jugendherberge in Bad Sulza, etwa 60 Studierende nahmen teil. An diesem Wochenende bereiteten sich die Studierenden in Gruppen vor, denen jeweils Tutoren zugeordnet waren. Doch die Ergebnisse seien schlicht unbefriedigend gewesen, sagt Charlotte Pfeifer. Also galt es, nach neuen Wegen zu suchen. Dabei kam ein Karteikartensystem heraus, das Übungsaufgaben auf Basis alter Prüfungen enthält. Die Studierenden konnten damit selbstständig arbeiten, die Tutoren waren freier, sie halfen nur bei Bedarf. Diesmal lief die Vorbereitung deutlich besser, das zweite Vorbereitungswochenende wurde ein voller Erfolg. Zumal es – wie Prof. Dr. Anke Pohl erläutert – keineswegs um reines Pauken geht: „Ziel ist ein besseres Verstehen des Lehrstoffs, eine Hilfe, um bestehende Lücken aufzuspüren.“
Pohl, die seit dem Wintersemester 2016/17 Analysis I lehrt, brachte die Idee ein, den Übungsbetrieb im Rahmen ihrer Vorlesung zu verändern. Bis dahin hatten die Studierenden ihre Aufgaben gelöst und eine Woche später wurde über die Ergebnisse gesprochen. Jetzt lösen je zwei Studierende die Aufgaben gemeinsam und erhalten bei Bedarf Hilfe. Die Ergebnisse werden gleich im Anschluss diskutiert, das Feedback ist deutlich direkter. „Die Studierenden können so ihr eigenes Leistungsvermögen viel besser einschätzen und die Hilfe kommt individuell gut an“, sagt Anke Pohl. Im Ergebnis gebe es viel weniger Ängste vor den Klausuren.

„Mathe-Café“ als Ort der Begegnung
Neben Klausurvorbereitungswochenende und geändertem Übungsbetrieb fand eine dritte Säule der modernisierten Studieneingangsphase den Beifall der Lehrpreis-Jury: das „Mathe-Café“. Für dieses Angebot wurde mit Mitteln der Initiative „ProQualitätLehre“ ein ungenutztes Büro in der Fakultät für Mathematik zu einem offenen Treff umgestaltet. An fünf Tagen der Woche steht das „Café“ für je zwei Stunden offen. Entstanden ist so ein Ort, an dem sich Studierende und Lehrende zwanglos begegnen und austauschen können. In gemütlicher Atmosphäre, mit Tischen, Bänken, Tafeln und bei einer Tasse Kaffee. „Uns war es wichtig, dass es eine Initiative von Studierenden für Studierende ist“, sagt Prof. Mundhenk.
Charlotte Pfeifer spricht von einem Traum, der sich mit dem „Mathe-Café“ erfüllt habe. Sie vergleicht den Einstieg ins Studium mit den ersten Versuchen auf dem Fahrrad: „Ich muss schauen, wo sind Lenker, Reifen und Pedale, muss wissen, wozu sie da sind und brauche dann noch den nötigen Schwung, um einfach loszufahren!“ Den Schwung bekommen die neuen Studierenden nun in der neugestalteten Studieneingangsphase. Die „Reformer“ aber freuen sich über den Lehrpreis und wollen das Preisgeld wieder in ihre Projekte stecken.

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