Auf der Suche nach dem guten Gesetz

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In der Bundesrepublik werden nahezu täglich neue Gesetze erlassen. Schon in den 1970er Jahren war von einer „Gesetzesflut“ die Rede, und als eine Reaktion darauf stand bald die Gesetzgebungslehre in Blüte. Untersucht wurde die scheinbar simple Frage: Welche Eigenschaften muss ein gutes Gesetz haben?

Eine Frage, die sich keineswegs einfach beantworten lässt, wie Dr. Angela Schwerdtfeger von der Universität Jena erläutert. Die Rechtswissenschaftlerin untersucht in einem neuen Forschungsprojekt die „Gesetzgebungslehre in der Krise“. Für ihre auf zunächst zwei Jahre angelegte Studie erhält Dr. Angela Schwerdtfeger von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eine Förderung von knapp 160.000 Euro.
Der Titel der Studie, so Schwerdtfeger, sei bewusst doppeldeutig gehalten.

Die Gesetzgebungslehre sei als Fach in die Krise geraten, so ein erster Befund. Schwerdtfeger möchte zudem die Gesetzgebung in Krisenzeiten untersuchen, wobei sie sich auf die aktuelle Finanzkrise sowie den Kampf gegen den Terrorismus als Praxisbeispiele konzentriert. Klar sei, so Angela Schwerdtfeger, dass sich ein gutes Gesetz durch viele Facetten auszeichnet. Dazu gehörten beispielsweise eine klare Sprache, eindeutige Regelungen und nicht zuletzt die Frage, ob das Gesetz auf demokratischem Wege zustande gekommen ist. „In Zeiten von Krisen wird das Gesetzgebungsverfahren oft beschleunigt, Gesetze werden im Eilverfahren erlassen“, sagt Schwerdtfeger. Diese „Schnellschüsse“ bergen Risiken, so die Juristin von der Universität Jena. Entscheidungen werden auf unsicherer Grundlage und in verkürzten Verfahren getroffen. Es kommt zu einer Verlagerung der Verantwortung vom Parlament auf die Regierung: „Wo bleibt das Demokratieprinzip, wenn der Bundestag Gesetze nur noch abnicken kann?“

Mit ihrer Studie „Gesetzgebungslehre in der Krise unter Berücksichtigung des Unionsrechts und des US-amerikanischen Rechts“ möchte Angela Schwerdtfeger die rechtswissenschaftliche Gesetzgebungslehre fortschreiben. Dabei gilt es, beispielsweise die Grenzen der Verfahrensbeschleunigung aufzuzeigen. Die Jenaer Rechtswissenschaftlerin untersucht zudem, wie sich Krisensituationen auf die Ausgestaltung von Gesetzen auswirken. Im Rahmen ihrer Studie möchte sie zunächst das Gesetzgebungsverfahren und seine Verflechtungen mit der Rechtsetzung der Europäischen Union in den Blick nehmen. In einem zweiten Schritt will sie ausloten, wie Gesetze beschaffen sein müssen, um angemessen auf Krisen reagieren zu können. Möglich sind etwa Befristungen verbunden mit einer zukünftigen Evaluierung der Gesetze.

In einem letzten Schritt wird Angela Schwerdtfeger danach fragen, ob sich das Verständnis von Gesetzen selbst im Wandel befindet. „Die immer komplexer werdende Welt erfordert eine Menge gesetzlicher Regelungen“, sagt die Mitarbeiterin am Jean Monnet-Lehrstuhl für Europäische Integration. Der anhaltenden „Gesetzesflut“ sollte eine vernünftige Gesetzgebungspraxis entsprechen. Gut möglich, dass sich diese Praxis von der althergebrachten unterscheidet.

Foto: Die Rechtswissenschaftlerin Dr. Angela Schwerdtfeger von der Universität Jena. Foto: Anne Günther/FSU