Baunach triumphiert in der „Blauen Hölle“

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Basketball-Fans im ganzen Land wissen nur zu gut, was die Ente am Ende macht. Bezogen auf die laufende Spielzeit der Oettinger Rockets bedeuten die geflügelten Worte: Hopfen und Malz sind noch lange nicht verloren. Denn das große Ziel von Head Coach Chris Ensminger und seiner Mannschaft, am Ende der Saison den besten Basketball zu spielen, ist nach wie vor realisierbar. Dazu bedarf es allerdings einer deutlichen Leistungssteigerung in den Playoffs.

Für den Moment sind die Gothaer jedoch mehr als ein Stückchen entfernt von ihrem besten Basketball. Deutlich wurde das gestern im letzten Heimspiel der Hauptrunde. In der zum achten Mal in dieser Saison restlos ausverkauften und gewaltig bebenden „Blauen Hölle“ unterlagen die Hausherren dem Tabellenneunten Bike-Cafe Messingschlager Baunach mit 60:73 (28:29). Somit kassierte das BiG-Team die vierte Niederlage in Folge und verpasste die Chance, den vierten Platz und somit das Heimrecht für die erste Runde der Playoffs vorzeitig dingfest zu machen. Hingegen feierten die Gäste, die den Ausfall ihrer Leistungsträger Steffen Hamann und Johannes Thiemann verkraften mussten, den ersten Auswärtssieg der Rückrunde.

Dabei legten sich die Rockets von Anfang an mächtig ins Zeug, um die Weichen für den zwölften und vielleicht wichtigsten Heimsieg der Saison stellen zu können. Das kämpferische Startsignal gab Matt Vest, der bereits in der 3. Spielminute in bester Boris-Becker-Manier übers Parkett hechtete, den Ball mit letztem Einsatz ergatterte und Sekunden später zum 4:2 für die Gäste versenkte. Spätestens jetzt war klar, dass sich die Rockets jede Menge vorgenommen hatten: vielleicht sogar zuviel.

Denn ebenso schnell zeichnete sich ab, dass die Schützlinge des Trainer-Gespanns Ensminger-Esterkamp in der Offense abermals nicht ihren besten Tag erwischt hatten. Beleg: Nach dem ersten Viertel standen fünf Treffern aus dem Feld insgesamt 16 Fehlversuche gegenüber. Besser trafen bereits in dieser Phase die Gäste (6 von 13 aus dem Feld), die bei einigen wichtigen Würfen Selbstvertrauen tankten.

Dieses Selbstvertrauen spiegelte sich im weiteren Verlauf der Begegnung wider. Während die Gothaer zu oft Punkte liegen ließen und dieses Manko zunächst lediglich mit einer großen kämpferischen Leistung kompensieren konnten, spielten die Baunacher flotten Team-Basketball und schlossen ihre Angriffe hochprozentiger ab. Folglich hatten sie zur Pause mit 29:28 die Nase vorne.

Die Vorentscheidung fiel dann in den Minuten nach dem Seitenwechsel: Die Oberfranken starteten mit einem 10:0-Lauf in den dritten Durchgang und zogen auf 39:28 (23.) davon. Hingegen dauerte es auf der anderen Seite des Feldes fast vier Minuten, ehe Brad Lösing, der für den Rest der Saison das Amt des Kapitäns vom verletzten Torvoris Baker (angebrochener Kiefer) übernommen hat, mit einem Korbleger die ersten Punkte erzielen konnte (30:39 / 24.).

Brad Lösing war es auch, der zu Beginn des Schlussabschnitts mit einem Dreier auf 47:50 (33.) verkürzte. Doch näher sollten sein Team in diesem Spiel nicht mehr herankommen. Das lag einerseits daran, dass die Rockets ihre Trefferquote nicht steigern konnten – Beleg: Nach der Pause fand lediglich einer von zwölf Dreipunktwürfen das Ziel. Andererseits hatten die Baunacher selbst in den Momenten, in denen die Partie noch hätte kippen können, stets eine passende Antwort parat: Auf Brad Lösings Dreier folgte zunächst ein Dunking von Samuel Muldrow (47:52 / 33.) und wenig später ein weiterer Dreier von Anthony Dewayne Lee (47:55 / 34.). Obendrein präsentierten sich die Gäste auch in der Folge sicher an der Linie. So verwandelten sie in den letzten vier Minuten 14 von 17 Freiwürfen.

„Ich weiß, dass das keine einfache Situation für Gotha ist“, sagte Ivan Pavic, Head Coach von Bike-Cafe Messingschlager Baunach und einst Teamkollege von Chris Ensminger in der Bamberger Meistermannschaft von 2005, zu Beginn der Pressekonferenz. „Doch gerade deshalb möchte ich etwas loswerden, das mir am Herzen liegt: Ich verfolge das Gothaer Basketball-Projekt schon seit vielen Jahren und habe großen Respekt davor, was die Verantwortlichen der Organisation und die Fans hier leisten, wie sie die Arbeit im Sinne von Dirk Kollmar erfolgreich fortsetzen. Darum möchte ich alle ermuntern, jetzt nicht zuerst das Negative zu suchen, sondern vor allem das Positive zu sehen: Hallo, Gotha spielt mit einer vollkommen neu zusammengestellten Mannschaft ohne Stars um Platz vier, das ist eine großartige Leistung. Und ich bin mir sicher: Chris und die Mannschaft werden gemeinsam mit diesen fantastischen Fans in den Playoffs noch eine Schippe drauflegen!“

Doch so sehr sich Ivan Pavic auch mühte, seinen alten Kumpel aufzumuntern: Es gelang ihm nur bedingt. Jedenfalls fiel es Chris Ensminger alles andere als leicht, dem Spiel etwas Positives abzugewinnen: „Danke für die anerkennenden Worte und Glückwunsch zum Sieg an meinen Freund Ivan. Sein Team war heute die bessere Mannschaft, hat gut verteidigt und die wichtigen Würfe gemacht. Für uns ist es eine schwierige Situation: Wir hatten nicht das nötige Selbstvertrauen, was sich vor allem an der Trefferquote ablesen lässt. Deshalb hilft uns im Augenblick nur eins: Wir müssen aus diesem Spiel lernen!“

Derweil spricht es für die Mehrzahl der Rockets-Fans, dass sie ihr Team gestern bis weit nach Spielende lautstark unterstützten. Viele von ihnen machten auch bei der anschließenden Danke-Party noch Stimmung und sorgten im Einklang mit dem Team dafür, dass die Premiere des Rockets-Songs des Erfurter Duos „Mbp&Magma“ (Rap/Hip-Hop) durchaus als gelungen bezeichnet werden darf.

Ungeachtet dessen steht fest: Die Rockets haben es im Kampf um Platz vier nach wie vor selbst in der Hand, mit einem Sieg am letzten Spieltag der Hauptrunde alles klar zu machen. Zwar steht am kommenden Wochenende das schwere Auswärtsspiel beim Tabellendritten rent4office Nürnberg auf dem Programm (Tip-Off: 19.30 Uhr). Doch vielleicht ist genau das jene Mammutaufgabe, die die Gothaer jetzt brauchen. Einerseits haben sie in dieser Partie nichts zu verlieren. Andererseits ist Nürnberg seit dem Hinspiel, als die Rockets im Schlussviertel aus einem 17-Punkte-Rückstand letztlich noch eine Neun-Punkte-Führung machen konnten, ein Synonym für eine grandioses Comeback und auch dafür, dass in dieser Liga alles möglich ist.

 

Oettinger Rockets Gotha – Bike-Cafe Messingschlager Baunach 60:73 (28:29)

Viertel: 11:14 / 17:15 (28:29) / 14:19 (42:48) / 18:25 (60:73)

Oettinger Rockets Gotha: Guyton (31:15 Minuten / 10 Punkte / 4 Assist / 8 Rebounds), Völler (21:51 / 11 / – / 6), Vest (24:17 / 8 / 2 / 5), Harris (17:37 / 2 / 1 / 3), Razis (16:52 / 4 / 1 / 2), Lösing (24:03 / 9 / – / 1), Reinke (14:58 / 2 / 3 / 1), Hoffmann (4:30 / 2), Fülle (18:09 / 2 / – / 1), Kuppe (22:47 / 8 / – / 5), Kreis (3:41 / 2 / – / 1)

Bike-Cafe Messingschlager Baunach: Knight (30:13 Minuten / 21 Punkte / 1 Assist / 5 Rebounds), Engel (28:07 / 10 / 6 / 3), Obst (26:52 / – / 1 / 1), Muldrow (26:40 / 19 / 1 / 10), Kratzer (18:53 / 2 / – / 7), Keppeler (21:53 / 7 / – / 6), Lee (19:07 / 12 / – / 2), Dizdarevic (14:54 / – / – / 3), Walde (12:25 / 0 / 1 / -), Taras (0:28), Dippold (0:28 / 2)

Zweier Gotha: 18 von 45 (40 Prozent)

Zweier Baunach: 18 von 31 (58 Prozent)

Dreier Gotha: 4 von 18 (22 Prozent)

Dreier Baunach: 7 von 24 (29 Prozent)

Freiwürfe Gotha: 12 von 25 (48 Prozent)

Freiwürfe Baunach: 16 von 20 (80 Prozent)

Rebounds Gotha: 38 (13 Offense / 25 Defense)

Rebounds Baunach: 41 (8 Offense / 33 Defense)

Assists Gotha: 9

Assists Baunach: 10

Ballverluste Gotha: 11

Ballverluste Baunach: 14

Ballgewinne Gotha: 4

Ballgewinne Baunach: 0

Zuschauer: 1.742 (ausverkauft)

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