Forschungsbibliothek Gotha der Uni Erfurt lädt zum Vortrag von Dr. Pietro Daniel Omodeo ein

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Die Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt und ihr Freundeskreis laden am Mittwoch, 29. April, alle Interessierten zum Vortrag „Johannes Placentinus (1630–1683) und die Rezeption des Copernico-Cartesianismus an der Academia Viadrina“ ein. Referent ist Dr. Pietro Daniel Omodeo vom Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte Berlin, Beginn ist um 18.15 Uhr im Spiegelsaal der Forschungsbibliothek auf Schloss Friedenstein. Der Vortrag beleuchtet das schwierige Verhältnis von Wissenschaft und Religion in der Frühen Neuzeit und ist Teil des Rahmenprogramms zur Ausstellung „Himmelspektakel. Astronomie im Protestantismus der Frühen Neuzeit “, die noch bis zum 21. Juni im Spiegelsaal zu sehen ist.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es an der Brandenburger Universität Frankfurt/Oder zum Streit um die Philosophie des René Descartes, die sich durch eine schroffe Abkehr vom System des Aristotelismus auszeichnete. Descartes setzte sich dabei auch für das copernicanisch-heliozentrische Weltsystem ein, nach dem die Sonne im Mittelpunkt des Universums steht und nicht die Erde. Der Konflikt um die cartesianische Philosophie wurde dabei nicht nur in Holland mit aller Heftigkeit ausgetragen, sondern auch in Frankfurt/Oder. Dort wurde der philosophische und pädagogische Neuerer im Sinne Descartes‘, Johannes Placentinus (1630–1683), von den Verteidigern der traditionellen aristotelisch-geozentrischen Lehre scharf angegriffen.

Dieser Streit, der bis jetzt weitgehend unbekannt ist, verdeutlicht paradigmatisch die Spannungen zwischen Tradition und Innovation, wie sie an den europäischen Universitäten im Verlauf des 17. Jahrhunderts immer stärker zum Austrag kamen. Sie zeigen die Möglichkeiten, aber auch die Beschränkungen, die Gelehrten im akademischen Diskurs und in den kulturellen Praktiken zur Verfügung standen. Der Vortrag beleuchtet die institutionellen Rahmenbedingungen, die Grenzen und Aushandlungsprozesse in der Entwicklung der frühneuzeitlichen Wissenschaft. Dabei werden insbesondere die frühen Publikationen von Placentius zur Mathematik, Astronomie und Naturphilosophie der Jahre 1653 bis 1655 sowie neu entdeckte Archivalien berücksichtig.

Pietro Daniel Omodeo studierte Philosophie in Italien und wurde 2008 in Turin über die Rezeption von Copernicus im 16. Jahrhundert promoviert. 2010 war er Herzog-Ernst-Stipendiat an der Forschungsbibliothek Gotha. Aktuell ist er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin und Mitglied des Sonderforschungsbereichs „Episteme in Bewegung“ an der Freien Universität Berlin. Sein Forschungsschwerpunkt liegt in der Wissenschaftsgeschichte, Philosophie und Literatur der Frühen Neuzeit. Jüngst erschien von ihm die Studie Copernicus in the Cultural Debates of the Renaissance: Reception, Legacy, Transformation (Leiden, 2014).

Vor dem Vortrag findet um 17 Uhr eine Sonderführung durch die „Himmelsspektakel“-Ausstellung mit den Kuratoren statt. Der Eintritt ist frei, um eine Spende wird jedoch gebeten.