Im Kernland der Reformation

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Zurzeit bereiten sich viele staatliche und kirchliche Institutionen auf das Reformationsjubiläum 2017 vor. Dabei ist zu überlegen, was zum 500. Jahrestag von Luthers sogenanntem Thesenanschlag 1517 in Wittenberg eigentlich gefeiert werden soll.

„Vielen ist bewusst, dass nicht nur Martin Luther, sondern auch der Leistung seiner Mitstreiter, wie Philipp Melanchthon oder Georg Spalatin, erinnert werden muss“, sagt Prof. Dr. Christopher Spehr von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Doch wie sieht es mit der ökumenischen Seite des Reformationsjubiläums aus?“, so der neu ernannte Inhaber des Lehrstuhls für Kirchengeschichte weiter.

Wie sich Inhalte reformatorischer Theologie heute noch vermitteln lassen, damit befasst sich der 1971 in Bad Oeynhausen geborene Spehr. Seine Forschungsschwerpunkte, die er jetzt in Jena weiter ausbauen möchte, liegen u. a. in der Reformationsgeschichtsforschung, der Aufklärungsforschung und der kirchlichen Zeitgeschichtsforschung. Christopher Spehr hat in Bethel, Tübingen und Zürich evangelische Theologie studiert und wurde 2004 mit einer Arbeit über den Unionsgedanken in der Aufklärung an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster promoviert. Für seine Studie „Aufklärung und Ökumene. Reunionsversuche zwischen Katholiken und Protestanten im deutschsprachigen Raum des späteren 18. Jahrhunderts“ ist er mit dem Dissertationspreis der Theologischen Fakultäten Münster ausgezeichnet worden. Seit 2002 war er Vikar in Herne-Holsterhausen, anschließend Assistent an der Uni Münster und Pfarrer der Evangelischen Kirche von Westfalen.

2009 habilitierte sich der Kirchenhistoriker mit der Arbeit „Luther und das Konzil. Zur Entwicklung eines zentralen Themas in der Reformationszeit“ an der Uni Münster, für die er den Hanns-Lilje-Preis der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 2010 verliehen bekam. Schließlich arbeitete Spehr über die evangelische Kirche in der NS-Zeit und auf dem Gebiet der kirchlichen Zeitgeschichte und veröffentlichte dazu mehrere Forschungsbeiträge. Durch Professurvertretungen in Bochum und – seit Sommersemester 2010 an der Uni Jena – sammelte Spehr Erfahrungen als Hochschullehrer.

Auf seine ihm mittlerweile nicht mehr ganz so neue Wirkungsstätte in Jena freut sich der 40-Jährige schon sehr, weil er sich hier im „Kernland der Reformation“ befindet, in dem nach wie vor zahlreiche Schätze ungehoben in Archiven auf ihre Entdeckung warten. „Jena ist aber auch ein idealer Ort für die Aufklärungsforschung“, schwärmt der neue Lehrstuhlinhaber. „Hier haben am Ende des 18. Jahrhunderts Theologen wie Johann Jakob Griesbach oder Johann Christoph Döderlein gewirkt, die in ihrer Zeit wichtige Anstöße für die theologische Diskussion gaben.“ Auch auf diesem Gebiet gibt es also noch einiges zu entdecken.
Prof. Spehr, der u. a. im Vorstand der Luther-Gesellschaft e. V. und im Kuratorium der Luther-Akademie Ratzeburg-Sondershausen e. V. engagiert ist, bringt eine Reihe von renommierten Projektideen zur Reformationsgeschichte, der theologischen Aufklärungsforschung und zum Kirchenkampf mit in die Saalestadt. Gerade im Rahmen der Reformationsdekade bis 2017 möchte er seine Forschungen zum Umfeld und zur Rezeption Martin Luthers vertiefen. Darüber hinaus beschäftigt sich der verheiratete Kirchenhistoriker zurzeit mit Zeitschriften der Aufklärung, um zu ergründen, welche neuen Gedanken durch dieses Medium verbreitet wurden.