„Industriegebiet 64 Gotha-Nordost“

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Auf der letzten Sitzung des Kreisnaturschutzbeirats vom 5. Februar wurden im Rahmen der Planungen zum B-Plan für das geplante „Industriegebiet 64 Gotha-Nordost“ die Gutachten zur Flora und Fauna der betreffenden Flächen einschließlich des Gothaer Flugplatzes vorgestellt.

Auf seiner Vorstandssitzung am Montag hat sich daher auch der NABU-Kreisverband Gotha mit den nun vorliegenden Ergebnissen befasst. Dazu erklärt Albrecht Loth, Vorstandsmitglied des NABU-Kreisverbands Gotha und des Kreisverbands der Gothaer Grünen: „Die Gutachten bestätigen zu 100 Prozent die Haltung von NABU und Grünen, die sich aufgrund des hohen ökologischen Werts der Fläche immer gegen den im Jahr 2013 erfolgten Verkauf durch die Stadt an Schmitz-Cargobull, die Zustimmung durch den Stadtrat und die geplante Bebauung ausgesprochen haben. Auch von Seiten der Unteren Naturschutzbehörde wurde in der Sitzung des Naturschutzbeirats deren Bedeutung für den Naturschutz eindeutig festgestellt. So sind in dem Gebiet, für das zahlreiche Offenlandbiotope typisch sind, die beachtliche Zahl von 173 Blütenpflanzen nachweisbar, worunter sich mit Karthäuser-Nelke, Sigmarswurz, Echtem Tausendgüldenkraut und Weißer Fetthenne auch nach Roter Liste Thüringen und Bundesartenschutzverordnung geschützte und gefährdete Arten befinden. Im Rahmen der Kartierung der Flechtenerfassung auf Messtischblattbasis wurden darüber hinaus sechs Flechtenarten, die allesamt auf der Roten Liste Thüringens und Deutschlands stehen, nachgewiesen. Bei der Kugelförmigen Leimflechte handelt es sich sogar erst um den sechsten Fund in Thüringen. Zu diesem Artenreichtum hat u. a. auch die schonende Bewirtschaftung der Landebahn durch den Flugsportverein in den letzten Jahrzehnten beigetragen. Dem Flugplatz kommt auch, ungeachtet des fehlenden Schutzstatus, als wichtiger Trittstein zwischen den verbliebenen Trockenbiotopen Kriegberg, Goldberg, Grenzberg und Seeberg innerhalb des Thüringer Beckens eine große Bedeutung zu.

Nicht weniger artenreich ist die Fauna des Flugplatzgeländes. So wurde neben Feldhase und Hermelin die hohe Zahl von mindestens 47 Wildbienenarten dokumentiert. Für die vielfältige Vogelwelt gelangen Nachweise von 48 Arten, darunter Rebhuhn (Rote Liste Thüringen 2/Deutschland 2), Steinschmätzer (Rote Liste Thüringen 1/Deutschland 1) und Braunkehlchen (Rote Liste Thüringen 2/Deutschland 3). Mit dem für die Region ungewöhnlich hohen Bestand an Wildkaninchen kommt laut Gutachten dem Areal als Nahrungsgrundlage für Greifvögel außerdem eine große Bedeutung zu. Zudem sind, auch wenn vom Gutachten nicht erfasst, dort ebenfalls Zauneidechse, Feldhamster und eine Reihe weiterer Vogelarten (u. a. Girlitz) nachweisbar.

Da die geplante Bebauung zur großflächigen Zerstörung des Fluplatzgeländes führen wird, lehnen NABU und Grüne das Vorhaben weiter kategorisch ab. So werden die auf der Roten Liste Thüringen 1 – also die vom Aussterben bedrohten Arten – mit dem weitgehenden Verlust dieser Fläche in absehbarer Zeit möglicherweise in Thüringen ganz verschwinden. Schmitz-Cargobull steht daher ohne Wenn und Aber in der Pflicht, bei einer Bebauung zumindest die verbleibende Restfläche dauerhaft für den Naturschutz zu sichern. Die Durchführung einer nach Bundesnaturschutzgesetz unumgänglichen SAP (Speziellen Artenschutzrechtlichen Prüfung) wird dann festlegen, in welchem Umfang Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgenommen werden müssen, die dennoch nur einen unbefriedigenden Ersatz für den zum größten Teil wahrscheinlich unwiederbringlich zerstörten Naturreichtum darstellen können.“