„Tausend Dank für eine tolle Saison“

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Es war ein krasses Wechselbad der Gefühle, das Chris Ensminger und seine Schützlinge gestern durchlebten. Zwar mussten sich die Oettinger Rockets Gotha den Crailsheim Merlins im vierten Spiel des Playoff-Viertelfinales mit 63:82 (35:35) deutlich geschlagen geben und somit das Ende der Saison quittieren. Dennoch wurden sie von den Fans in der erneut ausverkauften „Blauen Hölle“ noch lange nach der Schlusssirene mit stehenden Ovationen gefeiert – einstimmiger Tenor des Jubels: „Tausend Dank für eine tolle Saison!“

Auch deshalb war der größte Frust über das Ausscheiden aus den Playoffs schnell verflogen. Wenig später gratulierte Chris Ensminger seinem Kollegen Willie Young bei der Pressekonferenz zum verdienten Sieg im vierten Spiel: „Die Merlins sind ein absolutes Top-Team und haben heute einmal mehr gezeigt, warum sie die Hauptrunde auf Platz zwei beendet haben. Unterm Strich waren sie in dieser Serie die bessere Mannschaft!“

Hingegen war Crailsheims Coach Willie Young sichtlich erleichtert, dass sein Team die Serie ohne fünftes Spiel zu Ende gebracht hatte und mit dem allerersten Merlins-Erfolg in Gotha den Einzug ins Halbfinale feiern konnte: „Ich habe großen Respekt vor den Rockets und ihren Fans – und jetzt kann ich’s ja verraten: Für mich ist Gotha so etwas wie ein Angstgegner!“

Obwohl die Saison mit dieser Niederlage beendet wurde, zog Chris Ensminger unmittelbar nach dem Spiel eine erste und vor allem positive Bilanz: „Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft, die gesamte BiG-Organisation und vor allem auf die Fans, die uns auch heute wieder unglaublich unterstützt haben. Das wichtigste Ziel für meine erste Saison als Trainer war eine ausgeglichene Bilanz in der Hauptrunde – das haben wir mit 17 Siegen in 30 Spielen übertroffen und den Einzug in die Playoffs geschafft, obwohl wir riesiges Verletzungspech hatten. Kurz: Das, was wir alle zusammen geleistet haben, kann sich sehen lassen!“

Sehen lassen konnte sich auch gestern die erste Halbzeit der Rockets. Nach nervösem Beginn beider Teams war es Ali Fraser, der exakt nach zwei Minuten die allerersten Punkte der Partie markierte. Im Anschluss entwickelte sich ein packender Schlagabtausch: sowohl auf dem Parkett als auch auf den Rängen.

Auf dem Spielfeld hatten die Hausherren zunächst lange Zeit knapp die Nase vorne. Spätestens als Chase Griffin den ersten Gothaer Dreier versenkte (13:9 /8.), brodelte die Hölle erstmals an diesem Tag gewaltig. Davon zeigten sich die Gäste jedoch wenig beeindruckt. Sie blieben auf Tuchfühlung. Am Ende der ersten Halbzeit stand es 35:35.

Alles war noch möglich. Erst recht nach dem starken Auftakt in die zweite Halbzeit, als die Rockets zwischen der 22. und der 24. Spielminute einen 8:0-Lauf hinlegen konnte. Maßgeblichen Anteil daran hatte Travis Warech, der zwei Dreier in Folge zum 47:40 (24.) versenkte und die „Blaue Hölle“ in ein Tollhaus verwandelte.

Doch wer dachte, dass die Gothaer nun das Momentum auf ihrer Seite hatten, wurde schnell eines Besseren belehrt. Denn Crailsheim zeigte sich abermals unbeeindruckt – und schlug eiskalt und wirkungsvoll zurück. So machten die Merlins mit einem viertelübergreifenden 25:2-Lauf aus einem Sieben-Punkte-Rückstand (45:52 / 27.) einen Sechzehn-Punkte-Vorsprung (70:54 / 26.). Als „X-Faktor“ erwies sich dabei Frankie Lee Sullivan, der in dieser Phase heiß lief, drei Dreier versenkte und insgesamt 12 seiner 19 Zähler markierte.

Das war die Entscheidung und letztlich auch das letzte Bausteinchen, aus dem sich letztlich die Erkenntnis der Gothaer zusammensetzte, dass die Merlins in dieser Serie einfach das bessere Team gewesen sind. Nicht zuletzt, weil es ihnen gelungen ist, jedes Mal ein anderes Ass aus dem Ärmel zu zaubern – Merlins eben, Nomen est omen. War es im ersten Spiel in Gotha am Dienstag noch Jonathan Moore, der überragend agierte, so lief gestern Frankie Lee Sullivan zu Höchstform auf. Er hatte in den bis dato absolvierten Partien des Playoff-Viertelfinales null von zehn Dreiern versenkt – gestern waren es dann drei von vier (und die drei innerhalb von drei Minuten).

Dass auch Gothas ehrgeiziger Head Coach Chris Ensminger nach dem Spiel recht schnell wieder über das ganze Gesicht strahlte, hatte jedoch einen anderen Grund: Bei der amerikanischen Versteigerung seines Trikots nebst spontanen Spenden für die „Aktion Ricky“ kamen sagenhafte 1682,45 Euro zusammen. Mit dem Geld soll die Familie seines ehemaligen Bamberger Mitspielers Rick Stafford unterstützt werden, dessen Sohn Ricky an Leukämie erkrankt ist. Chris Ensminger zeigte sich beeindruckt von der Anteilnahme und der Bereitschaft der Gothaer Fans, zu helfen: „Vielen, vielen Dank im Namen der Staffords!“

Indes nahm Assistant Coach Stephan Völkel, der gestern Geburtstag feierte und an seinem Ehrentag bis dato noch nie ein Spiel verloren hatte, die Niederlage sportlich gelassen: „Jede Serie findet mal ein Ende!“