Als Bhutan fast die Unschuld verlor
Bhutan, das „Land des Donnerdrachens“, kann nicht nur als einziger Staat der Erde auf Klimaneutralität verweisen, hier ist das Glück der Einwohner Staatsräson. Regisseur Pawo Choyning Dorji („Lunana: Ein Yak im Klassenzimmer“) erlaubt dem Zuschauer in seinen Werken intime Einblicke in das Leben der Menschen im Himalaya. Sein neuer Film berichtet von einer Zeit des Umbruchs.
Das buddhistische Königreich Bhutan im Jahre 2006. Der Herrscher versagt sich nicht länger den technischen „Segnungen“ der Moderne und führt Fernsehen und Internet ein.
Er stellt seine Abdankung in Aussicht und macht seinen Untertanen das große Geschenk der Demokratie. Weil die meisten Einwohner nicht wissen, wie das geht, sendet die Regierung Vertreter in alle Himmelsrichtungen, die auch noch im entlegensten Dorf mit den Leuten Wahlen üben. Als der Lama (Kelsang Choejay) des kleinen Ortes Ura im Radio von diesen Plänen hört, beauftragt er seinen Meisterschüler, den Mönch Tashi (Tandin Wangchuk), er möge ein Gewehr besorgen. Oder besser zwei. Die Welt versinkt im Chaos und der Geistliche möchte dafür sorgen, dass die Dinge wieder in Ordnung kommen. Zeitgleich gibt der Schlawiner Benji (Tandim Sonam) den Reiseführer für den US-Amerikaner Ronald Coleman (Harry Einhorn), der in Bhutan auf der Suche nach einer antiken Waffe fündig geworden ist. Er bietet einem alten Bauern 75.000 Dollar für eine Flinte aus dem Sezessionskrieg. Der Verkäufer feilscht – nach unten, weil ihm soviel Geld unanständig vorkommt. Allerdings könnte auch der Mönch die Waffe dringend brauchen, weil in seinem Land die meisten Menschen noch nie ein Gewehr gesehen haben, geschweige denn über eines verfügen.
Diese Komödie, die keine lauten Lacher, sondern ein Dauerschmunzeln provoziert, erzählt vom Fluch und Segen der schönen neuen Welt. Wo die einen immun gegen jede finanzielle Versuchung sind, liefern sich die anderen sofort einen Wettbewerb mit den Nachbarn um den größten Fernseher. Übrigens: Die Darsteller verfügen allesamt über wenig oder keine Erfahrungen vor der Kamera. Der Lama zum Beispiel ist der echte Geistliche des Dorfes Ura.
Genre: Komödie
Regie: Pawo Choyning Dorji
Darsteller: Tandin Wangchuk, Kelsang Choejay, Deki Lhamo u. v. a.
Bhutan / Taiwan 2023, 107 Minuten
Wertung: 4 von 5 Punkten oder 70%
Bundesstart: 01. August 2024
Autor: André Wesche