Borkenkäferüberwachung seit der Kaiserzeit

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Weißkittel statt Grünrock: Förster Matthias Stürtz bestimmt unter dem Mikroskop einen Pilzschädling. Die Forstschutzexperten und ihre Erfahrung sind derzeit gefragt Foto: Dr. Horst Sproßmann

Die ThüringenForst-Experten für die Schädlingsüberwachung sind derzeit gefragt. Landesweit erfassen sie u. a. die Entwicklung des Buchdruckers und erstellen Prognosen und Szenarien

Erfurt (hs): Wer zählt eigentlich die Millionen Borkenkäfer im Wald? Und wer zählt die von ihm befallenen Bäume? Und wie kann man voraussagen, wieviel Borkenkäfer sich zum Jahresende in den heimischen Wäldern befinden? Seit rund 25 Jahren erstellt das vierköpfige Waldschutzteam des Forstlichen Forschungs- und Kompetenzzentrums Gotha (FFK) Diagnosen zu schwierig zu bestimmenden Schäden und Schaderregern an Bäumen. Derart spezialisiert ist sie die einzige derartige Einrichtung im Freistaat Thüringen und eng mit weiteren wissenschaftlichen Institutionen in Thüringen wie in Deutschland verknüpft. 1905 wurde erstmals diese besondere institutionelle Form des forstlichen Pflanzenschutzes an der Kaiserlichen Biologischen Anstalt geschaffen.

Borkenkäfer sind gut überwachte Schädlinge, bleiben aber trotzdem gefährlich

„Das Waldschutzteam greift auf ein umfangreiches Netz an Borkenkäfer-Überwachungsfallen in den 279 Forstrevieren des Freistaats zurück. Jede Woche melden die Revierförster online ihre Fangzahlen, insbesondere des Buchdruckers“, so Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. So kann der Flug dieses gefährlichsten Schadinsektes zeitlich und räumlich exakt für Gesamtthüringen  erfasst werden. Zusätzlich ermöglichen umfangreiche Datenbankvergleiche mathematisch gestützte Prognosen und Szenarien zu künftigen Entwicklungen. Wer jetzt denkt, ein Borkenkäferbefall lasse sich damit genau „berechnen“, der irrt: Entscheidend ist der Witterungsverlauf in der Borkenkäfersaison. Trocken-warme Sommer spielen dem Schädling in die Hände, feucht-warme oder auch kühle Sommer dagegen nicht.

Zusatzaufgabe: Waldbrandschutz und Quarantäneschädlinge

Aber nicht nur diagnostische Arbeiten werden durchgeführt, der Hauptstelle Waldschutz obliegen auch die Dokumentation und die Analyse langfristiger Schadentwicklungen. So etwa bei den Eichenschädlingen oder dem aktuellen Eschentriebsterben. Darüber hinaus sind auch abiotische Schadursachen, wie etwa Waldbrände zu erfassen, zu dokumentieren und Schutzmaßnahmen zu empfehlen.

110-jährige Historie der Hauptstelle Waldschutz

Die Einrichtung einer Hauptstelle Waldschutz war Anfang des 20. Jahrhunderts eine Forderung der Waldeigentümer, die in den Wirren des ersten Weltkriegs unter katastrophalen Massenvermehrungen nadelfressender Schädlinge litten. Ein Meldedienst über das Auftreten von Forstschädlingen und eine wissenschaftlich fundierte Unterstützung bei der Bekämpfung sollte geleistet werden. Ab 1926 wurde nach Brandenburg und Sachsen auch Thüringen in den Meldedienst einbezogen, 1950 für den Volks-, LPG- und Privatwald auf dem Gebiet der ehemaligen DDR zur Pflicht gemacht und 1993 im ersten Thüringer Waldgesetz verankert.

Neue Herausforderungen wie Klimawandel und Quarantäneschädlinge lassen die Aufgaben der Hauptstelle Waldschutz nicht weniger werden. Im Gegenteil: Die Diagnose- und Beratungsleistungen für die rund 180.000 Waldbesitzer im Freistaat sind dringender denn je.

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