Von mutmaßlichen und tatsächlichen Steuergeld-Verschwendern

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Gotha (red/ra, 29. Oktober). Alle Jahre wieder kommt das „Schwarzbuch“ des Bundes der Steuerzahler (BdSt) heraus. Die aktuelle Ausgabe ist die 50. und sie enthält die aus Sicht des Steuerzahlerbundes krassesten Fälle von Steuergeldverschwendung: 100 sind es an der Zahl.

Thüringen kommt dreimal vor: Am Pranger steht dieses Jahr u. a. die Landgemeinde Georgenthal – wegen eines sanierten, 1,7 km langen Waldwegs.

Thüringens Steuerzahlerbund-Chef Dr. Wolfgang Oehring habe laut einem Bericht des MDR-„Thüringen Journals“ den Fall vor Ort recherchiert. Seiner Ansicht nach habe dieser Weg „keine besondere Bedeutung“ und sei nur deshalb für rund 380.000 Euro saniert worden, „weil Geld da war“ – u. a. 300.000 Euro EU-Fördermittel.

Dem widersprach Bürgermeister Florian Hofmann (CDU): Beim angeblich so unbedeutenden Weg handelt es sich um die einzige Zufahrt zum „Neuen Haus“. Die beginnt am südlichen Ende Finsterbergens, wo auch die Gemarkungsgrenze zu Georgenthal ist und heißt „Im Leinagrund“.

Die Straße selbst habe bis zu 9 % Gefälle bzw. Steigung, weshalb eine geschlemmte Oberfläche nie infrage kam, „weil es die bei Starkregen weggespült hätte“. Auch die regelmäßige Nutzung des Weges durch die Thüringer Zuchtgenossenschaft Ernstroda, die dort Wiesen bewirtschaftet, sowie von Holztransportern und anderen Forstfahrzeugen sprach dagegen.

Deshalb hatte das Planungsbüro eine Asphaltdecke vorgeschlagen. Das habe aber die Untere Naturschutzbehörde mit dem Verweis auf eine unzulässige Flächenversiegelung untersagt. So sei dann das „Spezialpflaster“ ins Spiel gekommen.

Das Projekt selbst wurde 2019 umgesetzt. Da gab es die heutige Landgemeinde Georgenthal noch nicht. Dennoch stehe Hofmann zu dem Vorhaben, das damals die Gemeinderäte beschlossen hatten.

Die aufwändige, verzahnte Pflasterung und die den Weg begleitende Entwässerungsanlage soll nun 20 Jahre wartungsfrei Bestand haben.

War „Im Leinagrund“ schon früher intensiv von Fahrzeugen aller Art, aber auch Radfahrern und Wanderern genutzt worden, erweise die Straße jetzt umso mehr auch ihr touristisches Potenzial: „Bei den Dreharbeiten für den Beitrag im ,Thüringen Journal‘ hatten die MDR-Kameraleute in den eineinhalb Stunden vor Ort ordentlich zu tun, damit weder Fußgänger noch Fahrzeuge durch‘s Bild liefen bzw. fuhren“, erinnerte sich Florian Hofmann.

Verwundert zeigte sich Hofmann, bezogen auf Aussagen des Thüringer Steuerzahlerbund-Chefs Dr. Wolfgang Oehring über dessen Recherche: „Wir bekamen irgendwann eine Mail von ihm mit Fragen, die wir beantwortet haben. Danach haben wir nichts mehr von ihm gehört.“

Übrigens: Hofmann hatte all dies auch dem MDR-Team dargelegt. Das schien auch jenem einzuleuchten, denn der Reporter schloss seinen Beitrag mit der Feststellung, dass eher keine Rede sein könne von Verschwendung von Steuergeld in Georgenthal…

Die anderen beiden Thüringer Sündenfälle betreffen zum einen eine „Impf-Party“, die das Thüringer Gesundheitsministerium und die Kassenärztliche Vereinigung im Vorjahr ausgerichtet hatte. Da waren 1.000 Gäste geladen worden, die an der Corona-Impfaktion beteiligt waren. Laut „Schwarzbuch“ hat deren Bespaßung 195.000 Euro gekostet.

Und aller Dinge sind auch hier drei: Wiederholt kritisierte der Steuerzahlerbund schon, dass der Thüringer Landtag zu groß ausfalle. Derzeit sitzen dort 90 Abgeordnete. Nach Meinung der Steuerzahler-Lobbyisten könnten es 20 weniger sein – was binnen fünf Jahren 9,4 Mio. Euro Ersparnis ergäbe.

* Der Beitrag wurde zuerst im Oktober-„Oscar“ veröffentlicht.

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