Weißstörche nehmen weiter zu

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In Nestern mit 4fachem Nachwuchs wird es recht eng, wenn die Jungen mit Flugübungen beginnen und ein Altstorch noch wacht, hier ein Blick vom Juni in einen Nistplatz in Breitungen. Bildautor: K. Schmidt

Der NABU Thüringen stellte die Ergebnisse der zurückliegenden Weißstorchensaison 2020 vor. Nach eigenen Angaben sind 171 Jungstörche in diesem Jahr flügge geworden. 2019 waren es noch 142. Besonders erfolgreich lief die Aufzucht von jungen Störchen in Regionen mit einer hohen Mäusepopulation. Die Naturschützer befürchten, dass der geplante Gifteinsatz gegen Mäuse auch Auswirkungen auf die Storchenpopulation im nächsten Jahr hat.

Die diesjährigen Ergebnisse zum Brutvorkommen der Weißstörche in Thüringen liegen vor. Klaus Schmidt, ein Vogelexperte beim NABU Thüringen und ehrenamtlicher Landeskoordinator für den Weißstorch, gibt Auskunft zur Storchenbilanz 2020: „In der diesjährigen Brutsaison waren im Freistaat 91 Storchenhorste mit Weißstörchen besetzt. Dies ist die bisher die größte Anzahl für unser Bundesland. 14 Paare waren erfolglos und blieben ohne Nachwuchs. Die Gründe dafür sind meist nicht sicher auszumachen. Mehrfach wurden Verluste bei Horstkämpfen mit Fremdstörchen beklagt. Manchmal war auch ungünstige nasskalte Witterung während der Schlupfphase schuld oder auch das noch jugendliche Alter einzelner Paare.  77 Paare waren erfolgreich. Sie zogen zusammen 171 Jungstörche auf und brachten sie zum Ausfliegen. 2019 waren es noch 142.“

Als Klaus Schmidt vor über einem halben Jahrhundert mit dem Registrieren der Störche begann, sah die Situation noch ganz anders aus. 1958 gab es bei einer landesweiten Zählaktion nur fünf Weißstorchnester zu verzeichnen. „Bei der mittlerweile starken Zunahme des Storchenbestandes ist die Mithilfe vieler Storchenfreunde notwendig. Mehrfach auch von Regional- oder Landkreisbetreuern. Nur so ist es möglich, weiterhin die Gesamtsituation im Blick zu haben“, erklärt Klaus Schmidt.

Die Zahl der besetzten Nester erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr von 73 auf 91. Vielerorts gab es Neuansiedlungen, teils in aufgebauten Nisthilfen, von denen auch der NABU in Thüringen in den letzten Jahren etliche installiert hat. Oft suchen sich die Adebare aber selbst einen geeigneten Standort für die Jungenaufzucht aus.

Die Verteilung der Brutorte ist innerhalb des Thüringens sehr unterschiedlich. Ein Drittel aller Störche lebt in der Werraniederung, wo in der weiträumigen Auenlandschaft meist ausreichend Nahrung vorhanden ist. So sind die meisten Nester im Wartburgkreis (35), in Schmalkalden-Meiningen (13) und im Landkreis Gotha (11). In den übrigen Landschaften siedeln die Rotschnäbel deutlich seltener, fehlen auch in einzelnen Landkreisen.

Der NABU-Vogelexperte geht auf die differenziert zu sehende Situation im Freistaat ein: „In diesem Jahr war der Bruterfolg, die Zahl der ausgeflogenen Jungstörche pro Nest sehr unterschiedlich. Die Gesamtzahl von 171 flüggen Jungstörchen ist zwar ein neuer Rekord, die Ergebnisse sind jedoch landschaftsbezogen recht unterschiedlich. Während in Westthüringen bei vielen Nestern das Mittel flügger Junge unter zwei lag, waren in Nord- und Ostthüringen überwiegend drei Junge im Nest. Im Kyffhäuserkreis hatten die meisten Nester sogar vierfachen Nachwuchs aufgezogen. Grund für die so unterschiedlichen Nachwuchsraten war in diesem Frühjahr die Häufigkeit der Feldmäuse, dem Hauptnahrungstier der Weißstörche. Wo es viele Mäuse gab, war die Jungenaufzucht für die Adebare einfach. In mäusearmen Landschaften verhungerten dagegen etliche Jungvögel.“ Laut NABU Thüringen kann der derzeit geplanten Gifteinsatz gegen Mäuse negative Auswirkungen auf die Weißstorchpopulation und vor allem auch Greifvögel und Eulen im nächsten Jahr haben.

Wo liegen „Storchenorte“?

Orte mit fünf oder mehr besetzten Storchennestern gelten in Deutschland als „Storchenorte“. Wie im Vorjahr traf diese Einschätzung für zwei Orte in der Werraaue zu. 2020 wurde der Rekord in Berka mit acht besetzten Nestern erreicht, gefolgt von Breitungen mit sechs Bruten. Leimbach bei Bad Salzungen hatte erstmals vier Storchennester.  Auf dem Stiftsgut Wilhelmsglücksbrunn bei Creuzburg nisten erstmals drei Paare eng benachbart. Sieben Junge wurden groß. Die ökologische Landwirtschaft  mit großflächiger Beweidung um das Gut schafft günstige Ernährungsbedingungen mit einer Vielzahl an Nahrungstieren.

Welche Neuansiedlungen gibt es im Freistaat?

Wenn sich Störche erstmals ein Nest bauen,  freuen sich die Anwohner. So gab es in diesem Jahr etliche Neuansiedlung, z. B. in Fambach, Immelborn, Breitungen, Wasungen, Untersuhl, Berka, Gerstungen, Dippach, Bufleben, Hörselgau, Emleben, Schkölen, Mülverstedt und Jonaswalde. Die alten Brutnester waren fast alle besetzt.  Auffallend war die hohe Zahl der Neuansiedlungen ohne menschliche Hilfe. Es wurden aber die angebotenen Nisthilfen angenommen, viele davon von NABU-Mitgliedern errichtet. Wichtig sind in jedem Fall nahrungsreiche Wiesen und Äcker, damit über Monate genügend Futter für die Aufzucht der Nestlinge zur Verfügung steht.

Warum nimmt der Bestand der Weißstörche in Thüringen zu?

Die Zunahme resultiert überwiegend aus dem Zuzug von Störchen aus dem Südwesten Europas. Dort ist die Nachwuchsrate sehr gut ist.  Außerdem macht sich das Umrüsten ehemals gefährlicher Strommasten durch die zuständigen Energiebetriebe auffällig bemerkbar. Verluste durch Stromschlag sind heute recht selten geworden.

Wo zieht es die Störche im Winter hin?

Schon früh haben sich die Jungstörche in größeren Trupps zusammengeschlossen und sind inzwischen größtenteils über Hessen in Richtung Spanien und Afrika unterwegs. Die Ostthüringer wählen oft die Ostroute über den Balkan nach Afrika. Altstörche verweilen noch teilweise in ihren Revieren und übernachten meist in ihren Nestern. Gern stehen sie auch auf hohen Gebäuden und Masten.

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