Das Entschlüsseln einer Superkraft

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2012
PD Dr. Konrad Lehmann, aufgenommen am 15.07.2013 in einem Labor am Institut für Allgemeine Zoologie und Tierphysiologie der Universität Jena. Foto: Jan-Peter Kasper/FSU

(Jena) Was haben Leonardo da Vincis „Mona Lisa“, Charles Darwins Evolutionstheorie und ein Hobel gemeinsam? Sie alle sind Ausdruck und Ergebnis von Kreativität. Sowohl große Künstler und Forscher als auch kleine Handwerker bedienen sich ihrer, um beispielsweise neue künstlerische Ausdrucksformen zu schaffen, wissenschaftliche Fragestellungen zu beantworten oder auch um alltägliche Probleme zu lösen. Doch woher stammt diese „Superkraft“ eigentlich, die uns in der Menschheitsgeschichte kulturellen Fortschritt ermöglicht hat?

Die Geheimnisse des Geistesblitzes

Dieser Frage widmet sich der Biologe Dr. Konrad Lehmann von der Friedrich-Schiller-Universität Jena in seinem neuen, kürzlich erschienenen Buch „Das schöpferische Gehirn“ – auf äußerst kreative Art und Weise. Sieben Tage lang lässt der Autor den Leser gemeinsam mit Commissario Prefrontale nach den „Geheimnissen des Geistesblitzes“ fahnden. „Ich wollte die neurobiologischen Kenntnisse, die ich sozusagen von Berufs wegen habe, verknüpfen mit meiner lebenslangen Faszination durch den Reichtum kultureller Schöpfungen“, erklärt der Autor die Motivation hinter seinem neuen Werk. „Kreativität ist für mich eine der wunderbarsten menschlichen Fähigkeiten. Darum war ich begeistert, als ich entdeckt habe, dass Psychologen und zunehmend auch Neurowissenschaftler seit einigen Jahren intensiv daran forschen, wie Kreativität im Gehirn entsteht. Dieses Wissen zu sortieren und fundiert aufzubereiten, dabei aber hoffentlich auch unterhaltsam und gut verständlich zu schreiben, hat mir viel Freude gemacht. Und intrinsische Motivation – das kann man im dritten Kapitel lesen – ist ja eine Voraussetzung für Kreativität.“
Rahmenhandlung und der lockere Ton des Buches erleichtern den Zugang zu wissenschaftlichen Fakten und Ergebnissen aktueller Forschung. Der erfahrene Hirnforscher lädt zur Spurensuche im Nervensystem ein und führt so Schritt für Schritt immer tiefer in die Materie ein. Unterwegs geht er etwa der Frage nach, warum kreative Einfälle oftmals plötzlich und im Moment überraschend auftreten.
Auch wenn eine Idee augenscheinlich aus dem Nichts erscheint, so liegt ihr doch ein aufwendiger Prozess zugrunde. Der englische Psychologe Graham Wallas hat diesen in den 1920er Jahren in fünf Phasen eingeteilt, die auch Lehmann aufgreift: Am Anfang steht dabei die Vorbereitung durch Lernen und das Sammeln von Informationen. Dem schließt sich eine Phase an, in der augenscheinlich erst einmal gar nichts passiert. Doch in dieser Inkubationszeit arbeitet es im Gehirn. Vorahnungen, der Lösung eines Problems nahe zu sein, beschleichen schließlich die Person – und dann ist sie da, die Erleuchtung. Nach eingängiger Überprüfung stellt sich die Bestätigung ein, dass man ein gutes Ergebnis gefunden hat.

Gute Ideen im Leerlauf

Besonders die Inkubationsphase interessiert Neurologen, ist sie doch für den Überraschungseffekt des Geistesblitzes verantwortlich. Schließlich erwischt uns ein Ausbruch an Kreativität oft dann, wenn wir gerade nicht im Denkmodus verharren. Und genau das könnte der Grund für die kreativen Eingebungen sein, wie Lehmann anschaulich beschreibt. So hat sich etwa der Hirnforscher Marcus Raichle als erster intensiv mit Arealen im Hirn beschäftigt, die aktiv sind, wenn der Mensch nichts tut. „Es gibt eine begrenzte Menge von Regionen, die immer dann in Schweigen verfallen, wenn Aufmerksamkeit gefordert ist“, erklärt der Jenaer Hirnforscher. „Im Umkehrschluss bedeutet das: Diese Gebiete sind immer dann aktiv, wenn gerade keine Aufmerksamkeit gefordert ist.“ Gerade dieses Netzwerk von Hirnarealen, das verantwortlich ist für die Innenansicht und „ein stabiles, kontinuierliches Selbst“, lässt Freiraum für kreative Leistungen.
Auf solchen Ausflügen in unseren Kopf veranschaulicht Konrad Lehmann die verschiedenen Prozesse, die unseren Einfallsreichtum garantieren. Auch die Fragen nach Talent und genetischer Veranlagung greift er auf und liefert Antworten. Und ganz nebenbei entsteht so eine bunte Mischung aus Kulturgeschichte und moderner Hirnforschung.

Bibliographische Angaben:
Konrad Lehmann: Das schöpferische Gehirn. Auf der Suche nach der Kreativität – eine Fahndung in sieben Tagen, Springer-Verlag, Berlin 2018, 254 Seiten, Preis: 19,99 Euro, ISBN 8-3-662-54661-1

1 KOMMENTAR

  1. Leider hat das Gehirn nichts mit der Kreativität zu tun.
    Unser Zusammenleben funktioniert einigermaßen, weil es welche gibt, die anweisen und welche, die ausführen.
    Bei den Hirnforschern muss das Gehirn aber alles alleine machen, 80 Jahre und mehr, Tag und Nacht, ohne Pause, die Atmung, die Verdauung, das Blut, den Schlaf, die Träume, die Gesundheit und wenn Kekule‘
    und Mendelejew in ihrer Forschung nicht weiter kommen, muss es auch da noch nachts Tipps geben.
    Weil das noch nicht reicht, muss es auch noch kreativ sein.
    Im Kopf sind drei aktiv : Das Gehirn, darüber das Ich, der Wille und darüber das Überhirn,
    das ist für unser Leben, unsere Gesundheit, unser Glück und Kreativität zuständig und es macht die Träume.
    Das Gehirn ist ein Arbeiter, es bedient die Anlagen im Kopf nur auf Anweisung des Überhirns,
    von sich aus macht es gar nichts und nachts wird es zusammen mit dem Körper ruhig gestellt.
    Die Hirnforscher sind der Meinung, die Natur bringt die Geschöpfe in die Welt und kümmert sich nicht mehr.
    Wahr ist, es setzt sie ins Leben und betreut sie, solange sie existieren und am Ende nimmt es sie zurück.
    Seine Verbindung in allen seinen Geschöpfen ist das Überhirn. Als erstes verankert sie dort zwei
    eiserne Forderungen : Du musst leben und du musst dich fortpflanzen.
    Ohne diese Einrichtung wäre überhaupt kein Leben entstanden.

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