Ehrentafel für standhaften Wissenschaftler

0
2862
Dr. Uwe Dathe, Friedrich-Schiller-Universität, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena, mit der Gedenktafel von Paul Hermberg Professor für Wirtschaftsstatistik, aufgenommen am 25.08.2017. Foto: Anne Günther/FSU

Jena (FSU/US) Paul Hermberg (1888-1969) gehörte zu den angesehenen Statistikern des 20. Jahrhunderts. Zum 1. April 1929 auf einen Lehrstuhl für Statistik der Thüringischen Landesuniversität Jena berufen, verfasste Hermberg in seiner Jenaer Zeit vor allem Arbeiten zur Konjunkturtheorie, zur Statistik und allgemeinen Wirtschaftsordnung. Einen Namen hat er sich aber auch als engagierte und couragierte Persönlichkeit gemacht, insbesondere aufgrund seiner Haltung nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933.
Für diese vorbildhafte Haltung ehrt die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Jena Paul Hermberg nun mit einer Gedenktafel. Diese wird am kommenden Donnerstag (7. September) um 10 Uhr im Campusgebäude (Carl-Zeiß-Straße 3) eingeweiht. Die interessierte Öffentlichkeit und Medienvertreter sind dazu herzlich willkommen. Die Ehrentafel wird von der Freundesgesellschaft der Universität gestiftet.

„Prof. Hermberg war seit 1919 SPD-Mitglied“, berichtet Dr. Uwe Dathe, Mitarbeiter der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek, der die Ehrung initiiert hat. „Als die Landesregierung im März 1933 von allen Universitätsangehörigen verlangte, aus ,marxistischen und pazifistischen Organisationen‘ auszutreten bzw. schriftlich ihre Nichtzugehörigkeit zu erklären, verweigerte nur ein Angehöriger der Universität diese Erklärung – Paul Hermberg.“ Stattdessen schrieb Hermberg dem Rektor am 25. März 1933 nicht nur, dass er diese Erklärung nicht abgebe, sondern teilte ihm auch mit, dass er als Hochschullehrer moralisch verpflichtet sei, zu seinen Überzeugungen zu stehen und er deshalb den vom „Staatsministerium geforderten Austritt aus der Sozialdemokratischen Partei“ nicht vollziehen könne. Daraufhin wurde er aus dem Dienst entlassen. Hermberg emigrierte 1936 nach Kolumbien, wo er als Wirtschaftsberater der Regierung tätig war. 1939 ging er in die USA, wo er ebenfalls die Regierung in Wirtschaftsfragen beriet. Nach 1945 war er maßgeblich an der Durchführung des Marshall-Plans beteiligt. Mitte der 50er Jahre wirkte er als Honorarprofessor an der FU Berlin, kehrte aber 1959 in die USA zurück, wo er bis zu seinem Tode in Berkeley lebte.

Die Gedenktafel für Paul Hermberg wird im Foyer des Campusgebäudes angebracht. Zur Veranstaltung am 7. September werden auch etwa 20 Familienangehörige Hermbergs, die meisten aus den USA und Kanada, anwesend sein.

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT