Masse statt Klasse? Zur Zukunft universitärer Lehre

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Prof. Dr. Iris Winkler, Lehrstuhl für Fachdidaktik Deutsch am Institut für Germanistische Literaturwissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, aufgenommen am 23.10.2012. Foto: Anne Günther/FSU

Jena (AB/FSU) Bayern kehrt gerade zum Abitur nach neun Jahren zurück. In einem „Brandbrief“ haben im März 130 Professoren und Lehrkräfte den Mathematikunterricht als unzureichend gegeißelt. Nur zwei Beispiele, die zeigen: Die Qualität der schulischen Ausbildung macht bundesweit Schlagzeilen. Sind Studienanfänger heutzutage noch studierfähig? Mehr als die Hälfte eines Jahrgangs strebt inzwischen an die Hochschulen.

Den vielfältigen Bildungsbiographien gerecht werden

„Uns sind alle Studierenden mit Hochschulzugangsberechtigung willkommen“, sagt Prof. Dr. Iris Winkler, Vizepräsidentin für Studium und Lehre der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Und wir gehen davon aus, dass sie ihr Studium mit unserer Hilfe schaffen können“. Die Herausforderung für die Hochschulen sind allerdings hoch: Sie sollen möglichst viele Studierende gewinnen und deren immer unterschiedlicher werdenden Lernvoraussetzungen bei der Gestaltung ihrer Studienangebote berücksichtigen. Von der Politik werden aber Leistungen in der Lehre allein in Zahlen gemessen. Nur die Zahl der Studienanfänger und der Studierenden in der Regelstudienzeit zählen für die Hochschulfinanzierung. Doch Lehrqualität könne nicht nur an Zahlen festgemacht werden, ist sich Winkler sicher. Die Universität muss „den vielfältigen Bildungsbiographien gerecht werden“. Dazu sei eine Debatte über gute Lehre und die Zukunft universitärer Lehre notwendig.
Diese Debatte führt die Universität Jena am 25. April von 17 bis 19 Uhr unter dem provokanten Titel „Masse statt Klasse?“. An der öffentlichen Podiumsdiskussion nehmen neben Iris Winkler der Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz Prof. Dr. Holger Burckhart sowie ein Vertreter des Thüringer Wissenschaftsministeriums, ein Student sowie eine Naturwissenschaftlerin und ein Geisteswissenschaftler teil. Die öffentliche Veranstaltung, bei der auch das Publikum mitdiskutieren kann, findet in der Aula der Universität Jena (Fürstengraben 1) statt und wird vom Bildungsjournalisten Dr. Jan-Martin Wiarda moderiert.

Universität Jena plant „Lehrenden-Akademie“

Bei der Diskussion wird es auch um die Frage gehen, ob die Leistungen der Studierenden tatsächlich geringer geworden sind, wie oft zu hören ist. Prof. Winkler hält das in vielen Fällen für ein Klischee und selbst wo dies der Fall sei, „müssen wir auf die Realität, und die ist viel bunter geworden, reagieren“. Und so wird sie auch die Ideen zu einer Lehrenden-Akademie skizzieren, die an der Friedrich-Schiller-Universität eingerichtet werden soll. Denn neben den zahlreichen Unterstützungsangeboten, die die Uni Jena den Studierenden offeriert, soll auch die Unterstützung für die Lehrenden bei der Entwicklung innovativer Lehrkonzepte ausgebaut werden. Es geht dabei nicht zuletzt um Bewusstseinsbildung, dass gute Lehre und gute Forschung erst im Verbund ein tragfähiges Fundament der Universität bilden.
Die Vizepräsidentin hofft bei ihrem Engagement für gute Lehre auch auf sichtbare Zeichen aus der Politik. Die Bedeutung der Lehre könnte durch einen Thüringer Lehrpreis – als Äquivalent zum Thüringer Forschungspreis – deutlich gemacht werden. Und eine Professur zur Hochschuldidaktik, die sich wissenschaftlich mit Fragen der Lehrqualität beschäftigt, wäre ihr großer Wunsch, so Prof. Winkler.
„Die Universität Jena jammert nicht, dass die Studierenden schlechter werden, sondern sie bewegt sich“, sagt Vizepräsidentin Winkler. Die Debatte am 25. April ist ein Teil dieser Qualitätsdiskussion zur Lehre, die nicht nur in Jena geführt wird. Daher wünscht sich nicht nur die Initiatorin eine breite Resonanz – von Studierenden wie Lehrenden und nicht zuletzt aus der Politik.
Weitere Informationen unter: http://www.uni-jena.de/Podiumsdiskussion_Lehre.html.

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