Wie der Ehrenstein unter die Haube kam

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Ohrdruf (red, 19. Juni). Schloss Ehrenstein kam unter die Haube. Das darf man wörtlich nehmen und selbst das sprachliche Bild vom Verheiraten passte irgendwie. Denn nach mehr als einem Jahr hat der Schlossturm seinen krönenden Zierrat wieder.

Der mutet aus der Entfernung filigran an und selbst, wenn man zu Füßen des Turmes steht, scheint das so zu sein. Wer aber wie viele Einheimische am vorigen Dienstag vor Ort war, der konnte die gut 12,5 m hohe und stolze 15 Tonnen schwere Konstruktion aus nächster Nähe – weil auf dem Boden stehend – bestaunen.

Für deren Himmelfahrt musste folglich ein Kran her. Der vor Ort hörte auf den Kosenamen „Biestchen“ und konnte bis zu 220 Tonnen heben.

13.02 Uhr startete Kranführer Marcel die Seilwinde, reckte den Teleskoparm des Kranes über 60 m in die Himmelsbläue und hievte die Konstruktion aus Holz, Stahl und Kupferplatten hinauf zu ihrem angestammten Platz. Das brauchte dann gut 15 Minuten. Ein weiteres Weilchen benötigten die Monteure, die gewaltige Luftpost so zu drehen und schwenken, damit es die erhoffte saubere Punktlandung geben konnte.

Bevor der Schloss-Turm wieder seinen glänzenden Kopfputz bekam, war das Notdach abgenommen worden. Einmal dabei, zerlegte einer der Zimmerer der Firma Pohl die Holzkonstruktion.

Da war der Wurm drin…
Im vorigen Jahr stellte sich bei näherer Untersuchung der Haube heraus, dass das Gebälk schweren Schaden genommen hatte. Ein Holzgutachten brachte damals nicht nur

morsche Balkenköpfe zum Vorschein. Auch der Holzkranz, der als tragendes Bauwerk auf den Mauern auflag, war arg mitgenommen.

So holte man die Turmhaube im Mai 2020 aus himmlischer Höh‘ herab. Ein hölzernes Notdach verschloss seither den enthaupteten Turm – bis zum 15. Juni 2021.

Hienieden auf Ohrdrufer Boden erwies sich der als besonders hart – bezogen auf den Zustand des Holzkranzes: Der war gar zu vier Fünfteln schlichtweg weggefault.

Es dauerte bis in den Oktober, bis die erbetenen Fördermittel definitiv zugesagt waren. Erst dann konnten die Spezialisten der IWG Planungs- und Projektentwicklungs GmbH & Co. KG, die Zimmerleute der Zimmerei Pohl, die Lobensteiner Dachdecker eG und die Restauratoren der Denkmalpflege Mühlhausen Huschenbeth GmbH & Co. KG ans Werk gehen.

Die Sanierungskosten der Turmhaube summierte sich auf rund 800.000 Euro, wovon der Stadt Ohrdruf über 300.000 Euro Förderung gewährt wurden.

 

Noch ist sie nicht vollendet – es fehlen die vergoldeten Turmkugeln. Auch deshalb steht die derweil ebenfalls erneuerte Turmuhr noch auf fünf vor Zwölf – so, wie seit fast siebeneinhalb Jahren.

Der Tag des Schreckens
Wie Phoenix aus der Asche… – sieht man heute Schloss Ehrenstein, ist es fast unvorstellbar, was damals geschah:

Es ist Dienstag, der 26. November 2013. In der benachbarten Michaelisschule ist große Pause. Plötzlich entdecken Schüler und Lehrer Rauch, der aus dem benachbarten Schloss Ehrenstein dringt. Die Feuerwehr wird sofort alarmiert. Doch die Flammen finden ungeheuer schnell Nahrung…

 

Eigentlich sollte 16 Uhr an dem Tag die Bauabnahme erfolgen. Über 23 Jahre war restauriert, saniert, erneuert worden.

 

Doch die Fahrlässigkeit zweier Dachdecker hatte fatale Folgen: Ihre Idee, mit einem Bunsenbrenner ein festgefrorenes Brett und Dachschindeln am Dachgerüst aufzutauen, erzeugte ein flammendes Inferno, als Glut unter die Schindeln kam und Dachpappe und anderes Material entzündete.

 

Über 24 Stunden kämpften 34 Wehren aus dem Landkreis – darunter auch die der Bundeswehr vom benachbarten Truppenübungsplatz und die Berufsfeuerwehr Gotha – gegen die Feuersbrunst, bis sie sie bezwungen hatten.

 

290 Helfer – von den Feuerwehren, dem Rettungsdienst, dem THW und der Leitstelle) waren im Einsatz. Drei Feuerwehrmänner wurden dabei verletzt, konnten aber schon nach wenigen Stunden das Krankenhaus verlassen.

 

Nach und nach wurde deutlich, welch unermesslicher Schaden entstanden war: Die Flammen hatten nicht nur zwei der vier Schlossflügel ihrer Dächer beraubt und unersetzliche Sammlungen verschlungen. Unbewohnbar wurden auch zwei Wohnungen. Dazu kamen dann noch Schäden durch das unvermeidliche Löschwasser, u. a. in der Stadtbibliothek.

 

Auf mehr als 10 Mio. Euro schätzte der damalige Bauamtsleiter Peter Meinung den Schaden – die zerstörten Sammlungen nicht mitgerechnet. Unter anderem waren die umfangreichen Puppen- und Teddybären-Sammlungen im Südflügel zu Asche zerfallen wie auch die Modelle der ehemaligen Gebäude des Ohrdrufer Truppenübungsplatzes, die Wilfried von Wechmar angefertigt und als Leihgabe zur Verfügung gestellt hatte.

 

Schon am darauffolgenden Mittwoch begannen Mitglieder der Interessengemeinschaft Schloss Ehrenstein im Museum mit den Aufräumarbeiten. „Wir sind gewillt, das Schloss wieder aufzubauen“, hatte die damalige Bürgermeisterin Marion Hopf (CDU) unmittelbar nach der Tragödie gesagt und auch Ratsmitglied Thomas Kratsch (CDU) pflichtete ihr bei: „Wir haben einmal den Wiederaufbau geschafft. Das gelingt uns auch ein zweites Mal.“

 

am Tag der geplanten Bauabnahme wegen der Fahrlässigkeit zweier Dachdecker das Ohrdrufer Wahrzeichen in hellen Flammen stand:

 

Fast eineinhalb Jahre dauerten danach die Aufräumarbeiten. Seit 2015 lief der Wiederaufbau. 14,6 Mio. Euro Kosten wurden damals ermittelt – nun sind es gut 20 Mio. Euro. 13,5 Mio. Euro beglichen Versicherungen, weitere Mittel flossen aus dem Topf der Städtebauförderung. Und rund 200.000 Euro spendeten Privatpersonen, Unternehmen, Vereine, Verbände.

 

Wiedereröffnung im Herbst 2021
Als im Vorjahr der Schlossturm seiner Krone beraubt werden musste, hatte Ohrdrufs Bürgermeister Stefan Schambach die Hoffnung geäußert, dass im Frühjahr 2021 die Wiedereröffnung des barocken Kleinods erfolgen könne. Im aktuellen Interview mit „Oscar am Freitag“-TV nun nannte er den Herbst des Jahres als realistischen Zeitpunkt dafür.

Graf Georg II. von Gleichen ließ ab 1550 das Schloss erbauen. Seine Fertigstellung soll dann 1590 gewesen sein. 1750 erbten die Grafen von Hohenlohe-Langenburg das Schloss und Mitte des 18. Jahrhunderts wurden einige Teile des Schlosses im Barockstil ausgebaut.

 

Fast eineinhalb Jahre dauerten die Aufräumarbeiten. Seit 2015 läuft der Wideraufbau. 14,6 Mio. Euro wird er kosten. 13,5 Mio. Euro beglichen Versicherungen, weitere Mittel flossen aus dem Topf der Städtebauförderung. Und rund 200.000 Euro spendeten Privatpersonen, Unternehmen, Vereine, Verbände.

 

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