„Der Nachname“ – ein Gespräch mit Hauptdarstellerin Iris Berben

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Szenenbild: „Der Nachname”

In Sönke Wortmanns Komödienhit „Der Vorname“ war Iris Berben als Oberhaupt der Familie Böttcher nur eine Stimme am Telefon. In der Fortsetzung „Der Nachname“ (Kinostart: 20. Oktober) steht Mutter Dorothea nun leibhaftig im Mittelpunkt des Geschehens. Wir sprachen mit Iris Berben (72) über Namen, die Freigabe weicher Drogen und Familienwerte.

Frau Berben, haben Sie schon einmal nachgeforscht, was für einen Ursprung Ihr Nachname hat?
Nein. Ich weiß nur, dass mein Vater in frühen Jahren schon Ahnenforschung betrieben hat. Ob das auch mit dem Namen zusammenhängt, weiß ich nicht, aber er meint, dass die Urururururfamilie aus der Mongolei kommt. Es hat mich nicht wirklich interessiert, wo der Name „Berben“ herkommt. Ich bin froh, dass man ihn mir zugesteht, weil in den ersten Jahren jeder davon überzeugt war, dass es ein Künstlername sei.

Familientreffen sind, wie der Film zeigt, eine sehr sensible Angelegenheit. Wie haben Sie das Zusammentreffen mit der Schauspielersippe aus „Der Vorname“ erlebt?
Im ersten Film habe ich ja nur mit ihnen telefoniert. Insofern hatte ich die Familie von der
Backe. Aber jetzt hatte ich sie bei mir im Haus und ich muss sagen, dass das sehr angenehm war. Für mich war es, glaube ich, sogar angenehmer als für den Rest der Familie. Aber als Kollegin kann ich nur sagen: Es war wunderbar!

Wenn Sie in Ihrem Leben zurückblicken, hat sich Ihre Wertschätzung für Familie mit den Jahren deutlich verändert?
Eigentlich nicht, weil ich immer nur eine sehr kleine Familie hatte. Ich habe keine Geschwister und mein Sohn hat keine Geschwister. Die große Familie gab es mütterlicherseits. Meine Mutter hatte sechs Geschwister, die ich alle kannte und mit denen ich in meiner Kindheit viel Zeit verbracht habe. Für mich hat sich die Familie im Laufe der Jahre verkleinert, verkleinert, verkleinert. Es ist jetzt eine Minifamilie. Insofern kann ich gar nicht sagen, dass ich schlechte Erfahrungen habe. Anders als die Großfamilie im Film habe ich nie erlebt, dass sich plötzlich über Dinge unterhalten wird, über die jahrelang nicht geredet wurde, die man gar nicht wusste, die man verschwiegen oder wo man gelogen hat. Insofern ist für mich die Idee der Familie als Idylle auch nicht kaputt gegangen.

Von den „Buddenbrooks“ bis zu den Böttchers aus „Der Nachname“ scheint man beim familiären Zusammenhalt keine großen Fortschritte gemacht zu haben.
Nein. In diesem kleinen Kosmos der Familie scheinen sich viele, viele Welten zu vereinen. Das hat wohl damit zu tun, dass es Familien gibt, in denen Angehörige den anderen Familienmitgliedern Dinge nicht zumuten wollen, nicht zutrauen oder sich von ihnen abnabeln wollen. Darum glaube ich aber auch, dass dieses Familienthema viele Leute ansprechen wird. Ich habe das Gefühl, in jeder dieser Rollen kann sich irgendwo irgendwie jemand selber wiederfinden. Diese Streitigkeiten innerhalb der Familie, bei denen sie merkt, dass sie aus vielen Welten besteht, haben sich im Laufe der Jahrhunderte wohl nicht geändert.

Der Name ist heute nicht nur Schall und Rauch. So ist erwiesen, dass man mit einem arabisch klingenden Namen wesentlich kleinere Chancen hat, einen Job oder eine Wohnung zu bekommen. Das sollte kein Thema mehr sein, oder?
Nein, darüber sollten wir uns nicht mehr unterhalten müssen. Namen sind weiß Gott nicht nur Schall und Rauch, wenn der Name „nicht passt“. Wir müssen uns mehr denn je damit beschäftigen. Das ist eine Aufgabe, die wir als Gesellschaft haben: Immer wieder auf solche Schieflagen einzuwirken. Ich glaube aber, der Großteil unserer Gesellschaft macht sich immer wieder klar, dass wir diese Welt nur gemeinsam stemmen können und dass Akzeptanz anderer Lebensformen, anderer Hautfarben, anderer sexueller Orientierungen eine Voraussetzung dafür sind, dass wir gemeinsam und miteinander diese Welt bestellen.

Öffnet Ihr Name Türen von angesagten Restaurants oder renommierten Arztpraxen?
Das bleibt nicht aus. Wenn man 50 Jahre im Geschäft und weit vorne ist und der Großteil der Menschen einen kennt, dann ist das etwas, das passieren kann und das man hin und wieder, wenn es notwendig ist, auch ganz gerne annimmt.

Dorothea ist weichen Drogen sehr aufgeschlossen. Unter der Ampelregierung wird Cannabis wohl bald freigegeben. Begrüßen Sie das?
Mir ist das tatsächlich egal. Wenn ich ganz ehrlich bin, waren mir diese Drogen immer zu langweilig. Sie haben mir das Hirn vernebelt und mich müde gemacht. Ich bin jemand, der das genaue Gegenteil will. Ich will wach sein, ich bin ungeduldig und ich will rennen. Cannabis ist eine Pflanze, die mich eher daran gehindert hat. Aber so etwas wird rechtlich, ärztlich und durch jede Schleuse, die es in Deutschland gibt und die nun wirklich aktiv ist, geprüft. Wenn dafür die Möglichkeit geschaffen wird und man sagt, es sei auch ein Weg aus der Kriminalität, dann ist das sicherlich auch eine Maßnahme, die man treffen könnte.

Man muss kein ausgewiesener Pessimist sein, um zu sehen, dass wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten große Einschnitte in vielen Bereichen erleben werden. Glauben Sie, dass damit ein Erstarken der Familienwerte einhergehen wird?
Das ist eine interessante Frage, das kann ich gar nicht sagen. Darüber habe ich auch noch nicht nachgedacht. Ich denke viel mehr darüber nach, dass uns allen jetzt sehr viel abverlangt wird, in unterschiedlicher Weise. Es gibt Menschen, die vor Veränderungen Angst haben und es gibt Menschen, zu denen ich mich auch zähle, die sich Veränderungen stellen und sich neu aufstellen wollen. Die merken, dass diese Veränderung, in der wir uns bereits befinden und die nicht erst mit Corona angefangen hat, schon über längere Zeit ein schleichender Prozess gewesen ist. Aber auf Grund der Schnelligkeit der Technik, der Infrastruktur und dem, was heute alles durch die Globalisierung möglich ist, geht es natürlich schneller als jemals zuvor. Wird uns das dazu führen, dass wir uns unseren „Schutzhort“ für das persönliche Leben wieder mehr in der Familie holen? Ich weiß es nicht.
Wir leben alle mehr oder weniger ein Leben, das uns ermöglicht, alles zu machen und jede Lebensform zu leben. Die Akzeptanz Anderer sollte man unterstützen, denn sie bedeutet dann auch unsere eigene Freiheit. Unser Kopf wird dadurch freier. Wir müssen uns von Ängsten freimachen. Wir müssen den Menschen helfen, die ängstlich sind und müssen versuchen, sie mitzunehmen. Es gibt Menschen, die durch Familie eine große Sicherheit bekommen. Wir wissen auch, dass jüngere Leute heutzutage wieder eine gewisse Sehnsucht danach haben zu heiraten und Kinder zu bekommen. Man merkt, dass es wieder konservativer oder familiärer wird. Man kann das nennen, wie man will. Vielleicht ist das auch eine Konstante, an der man bei der großen Veränderung und bei offenen Fragen andocken kann. Das wäre eine ganz schöne Idee.

Wird es den Film „Der Mittelname“ geben?
Bis jetzt ist noch nichts geplant, aber es gibt ja auch noch den Kosenamen und den Doppelnamen. Jetzt müssen wir erstmal den rausbringen. Ich bin jemand der immer sagt: „Genießen wir erstmal das, was wir gemacht haben. Und dann schauen wir, wie es weitergeht.“.

Die Fragen stellte André Wesche.

 

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