Äthiopische Delegation in Gotha zu Gast

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Oberbürgermeister Knut Kreuch hat nach einem Treffen mit dem äthiopischen Botschafter Anfang des Jahres 2014 und nach persönlicher Vermittlung durch den Herzog-Ernst-Stipendiaten Wolbert Smidt eine Delegation der Stadt Adwa im Rahmen des diesjährigen Barockfestes nach Gotha eingeladen.

Unter Leitung von Bürgermeister Kiday Atsbeha Abraha ist die Delegation der Stadt Adwa gestern in Gotha eingetroffen. Ihr gehören neben dem Stadtoberhaupt noch Seifu Addisu, der Verantwortliche für die Wirtschaftsförderung der Stadt Adwa, sowie Kassa  Gebreyohannes vom Außenministerium Äthiopiens an. Die Reise wurde von der Regierung des Bundeslandes Tigray sowie vom äthiopischen Bundesminister für Regionalentwicklung unterstützt.

Die Stadt Gotha ist schon seit rund 350 Jahren insbesondere auf wissenschaftlichem Gebiet mit Äthiopien verbunden, hier wurden einst die Grundlagen für die ersten Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Äthiopien geschaffen. Diese gingen auf den 1624 in Erfurt geborenen Hiob Ludolf zurück, der sich während seines Studiums für semitische Sprachen interessierte. Er entwickelte eine große Begeisterung für die Äthiopistik und lernte 1649 in Rom den im Exil lebenden Äthiopier Abba Gregorius kennen. Zwei Jahre später wurden Ludolf von Ernst dem Frommen verschiedene Aufgaben übertragen. Diese banden ihn an Gotha, führten ihn aber auch auf größere Reisen. Herzog Ernst I. von Sachsen-Gotha-Altenburg regte schließlich 1652 sogenannte „Religionsgespräche“ mit Abba Gregorius hier auf Schloss Friedenstein an. Diese Unterredungen wurden von Hiob Ludolf sehr gründlich vorbereitet und fanden auf der Grundlage des bis dahin vorhandenen Informationsstandes über Äthiopien statt. Die Ergebnisse dieser Gespräche, die eine Reihe von Vorurteilen entkräfteten, wurden danach in seinem Werk „Theologia Aethiopica“ veröffentlicht.

Nach dem Tod seines Dienstherren verließ Ludolf Gotha. Sein Interesse an der Äthiopistik regte ihn aber auch andernorts zu wichtigen Werken an. So wurden Ludolfs „Historia Aethiopica“ (1681) und der dazugehörende „Commentarius“ richtungsweisende Hauptwerke. Seine äthiopische Grammatik und sein Lexikon blieben für eine lange Zeit die wichtigsten Schriften auf diesem Fachgebiet. 1683 setzte er sich angesichts der osmanischen Bedrohung für eine Allianz europäischer Staaten mit Äthiopien ein. Ludolf, der 1704 starb, gilt bis heute als der Begründer der Äthiopistik in Europa.

Zweihundert Jahre vergingen, bis eine kaiserlich deutsche Gesandtschaft 1904/05 die Reise an den Hof des äthiopischen Kaisers antrat und dort am 7. März 1905 einen deutsch-äthiopischen Handels- und Freundschaftsvertrag unterzeichnete. So meldete das „Gothaische Tageblatt“ vom 17. März 1905: „Die nach Abessinien entsandte deutsche Mission, die zurzeit in Adis Abeba weilt, wird demnächst die Rückreise nach Deutschland antreten. Die wegen eines deutsch-abessinischen Handelsvertrages geführten Verhandlungen sind zum Abschluss gelangt. Der Vertrag ist am 7. des Monats in Adis Abeba gezeichnet worden.“ Dieser vor einhundert Jahren geschlossene Vertrag gilt als Grundstein der Beziehungen zwischen beiden Ländern.

Die Stadt Adwa, eine aktive äthiopische Kleinstadt, zeigt aus historischen und aktuell-politischen Gründen besonderes Interesse an einer Zusammenarbeit im Rahmen gemeinsamer Projekte mit der Residenzstadt Gotha. In der Stadt lebte seit den 1840er Jahren der deutsche Naturwissenschaftler Wilhelm Schimper, der u. A. von dort aus über seine Forschungen nach Gotha berichtete sowie Herzog Ernst II. bei seiner Äthiopien-Reise unterstützte.