Ferienspiele mit Kindern, die anders sind

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Ein neunjähriger Bub reicht Chantal die Hand und zeigt ihr den Weg zur Rutsche: „Komm, hier musst du lang, stell da deinen Fuß hin, du kannst auch dort durchkrabbeln, oder hier lang, schau, das geht auch …“, redet er geduldig auf die 10-Jährige ein. Chantal bewegt sich nur zögerlich und vorsichtig, sucht immer wieder den Kontakt zu den Betreuern und nimmt deren Hand zur Sicherheit.

Chantal verbringt die Herbstferien beim Familienunterstützenden Dienst des Bodelschwingh- Hof Mechterstädt e.V.. Dank der Unterstützung des Bodelschwingh-Hofes in Mechterstädt und der „Aktion Mensch“ wurde gebastelt, gespielt und man ging zusammen ins Kino. Die Diplom-Sozialpädagogin Susan Bischoff kümmert sich mit Marcel Breithaupt, der seinen Bundesfreiwilligendienst leistet, um die zum Teil mehrfachbehinderten Kinder zwischen 6 und 16 Jahren. „Auch in den Ferienspielen achten wir auf einen strukturierten Tagesablauf, beginnen immer mit einem gemeinsamen Frühstück und legen viel Wert auf Kommunikation und Integration. Dies ist besonders für unsere autistische Kinder wichtig. Diese Regeln und die Struktur sind für die Kinder wie ein sicherer Anker zum Festhalten“, erläutert Susan Bischoff. Sie schaut sich genau an, was ihre Schützlinge brauchen. Liebevoll und mit viel Respekt versucht sie, „das Beste rauszuholen“. Fünf gemeinsame Tage in den Ferienspielen können da schon viel bewirken. Für ein autistisches Mädchen ist es ein enorm großer Schritt zu sagen: „Ich möchte einen Keks“, wenn es wenige Tage zuvor kaum ein Wort sprach. Insbesondere die Kommunikation mit Autisten ist sehr anspruchsvoll, sie leben in ihrer eigenen Welt.

Ein Ausflug führte in die Rumpelburg nach Bad Langensalza. Unauffällig bewegen sich die Kinder mit Handicap zwischen Schulklassen und Familien. Susan Bischoff stellt erleichtert fest, wie locker die Kinder damit umgehen. „Das ist schön und hier hat sich etwas in der Gesellschaft verändert. Wir gehen ganz offen mit Behinderten um, nehmen sie mit raus. Kinder an sich sind ja viel unbefangener“, ergänzt sie.

In den Sommerferien fanden integrative Ferienspiele statt und bereits damals zog Susan Bischoff ein überaus positives Fazit: „Man konnte kaum einen Unterschied zwischen Behinderten und Nichtbehinderten feststellen. Wir wurden als Gruppe wahrgenommen, untereinander entwickelten sich Freundschaften, entscheidend dafür ist, dass wir ausreichend Betreuer haben. Einer für fünf Kinder ist ideal.“ Mit 5000 Euro förderte die Aktion Mensch die Ferienspiele, an der bis zu 22 Kinder teilnahmen. Ausflüge, Eintrittsgelder und Anschaffungen wurden damit finanziert. Die damals gekauften Bastelmaterialien nutzen die Kinder heute noch.

Marcel Breithaupt entschied sich ganz bewusst für den Bundesfreiwilligendienst beim Bodelschwingh-Hof Mechterstädt e.V. . „Es ist spannend, mit den Kindern umzugehen, zu lernen, wie man beispielsweise autistische Kinder erreicht. Ich orientiere mich nach meiner Arbeit als Koch neu, suche neue Perspektiven und kann mir gut vorstellen, hier eines Tages zu arbeiten.“ Viel Zeit zum Reden bleibt ihm nicht. Chantal nimmt die Hand des 31-Jährigen und will spielen, rutschen, klettern. Es sind schließlich Ferien!

Für jedes Kind bleibt viel Zeit für Aufmerksamkeit und als nach neun Stunden der Tag gegen 16 Uhr endete, sind einige wahrlich geschafft und werden wohl beizeiten

müde ins Bett fallen.

(Livia Schilling)