Fukushima Einfluss so stark wie Terroranschläge auf World Trade Center

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Meerbusch (ots). Eine große Mehrheit der Deutschen (67 Prozent) hält die Reaktorkatastrophe von Fukushima für eines der prägenden Ereignisse dieses Jahrzehnts, vergleichbar mit den Terroranschlägen auf das World Trade Center. Das ergibt pünktlich zum Jahrestag des Unglücks in Japan eine repräsentative Befragung von über 1.000 Bürgerinnen und Bürgern, die im Auftrag der gemeinnützigen Change Centre Stiftung durch das Meinungsforschungsinstitut YouGov durchgeführt wurde.

Einen besonders starken Einfluss hatte die Katastrophe auf Frauen und Menschen ab Fünfzig. Bei der Hälfte aller Deutschen hat seitdem ein Umdenken eingesetzt: Man beschäftigt sich mehr mit Energie- und Umweltthemen, sagen die Befragten selbst.

Neben den politischen Folgen hat Fukushima auch in der Haltung der Deutschen deutliche Spuren hinterlassen. Immer mehr Bürger denken über ihre eigene Energiewende nach – insgesamt ist das aber noch eine Minderheit. Ein Viertel der Befragten gab an, zur Zeit Ökostrom zu beziehen.

Von diesen ist ein großer Teil (mehr als ein Drittel) erst im letzten Jahr zu einem Ökostromanbieter oder in einen Ökostromtarif des alten Anbieters gewechselt. „Wir wollten uns näher anschauen, wer diese Wechsler sind“, erläutert Studienleiterin Christina Angela Rauh von der gemeinnützigen Wissenschaftsstiftung Change Centre Foundation mit Sitz in Meerbusch. „Uns interessierte auch, ob durch die Katastrophe in Japan neue Bevölkerungsschichten für sauberen Strom gewonnen werden konnten.“ Im Vorfeld der Repräsentativbefragung wurde daher eine umfangreiche Befragung von über 5.500 Ökostromnutzern durchgeführt.

Das Ergebnis: Die vor und nach Fukushima gewechselten Ökostromkunden unterscheiden sich kaum voneinander – dafür aber umso mehr vom Bevölkerungsdurchschnitt mit konventionellem Stromtarif. Ökostromnutzer sind nach wie vor deutlich besser gebildet (über 50% Akademiker), verfügen über ein höheres Einkommen und sind älter. Neben diesen bekannten Faktoren zeigt die Studie aber auch: Sie sind generell deutlich innovativer als der Durchschnitt.

Hinzu kommt: Ökostromnutzer sehen viel eher den Einzelnen in der Verantwortung für gesellschaftliche Veränderungen – und nicht so sehr den Staat oder die Wirtschaft. „Sie sind viel stärker in ihrem Umfeld vernetzt“, ergänzt Dr. Joachim Klewes, Leiter der Change Centre Stiftung und Honorarprofessor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. „Wer die Energiewende realisieren will, sollte diese Netzwerke adressieren und es nicht so sehr mit einer konventionellen Ansprache versuchen.“

Warum aber zögert der Rest der Deutschen beim Wechsel zu Ökostrom? Der Hälfte (47 Prozent) der Bevölkerung fehlt es an ganz praktischen Kenntnissen über den Ablauf eines Vertragswechsels. Besonders junge Menschen unter 30 Jahren wussten nicht, welche Schritte zu unternehmen sind.

Klewes sieht hier großen Aufklärungsbedarf: „Viele fürchten noch, beim Wechsel womöglich im Dunkeln zu sitzen. Dabei muss der Grundversorger bei Komplikationen ja in jedem Fall einspringen. Hier ist es Aufgabe der Politik, für noch mehr Aufklärung zu sorgen und die Energiewende mit besseren Informationen für die Bürger zu flankieren. Umweltgruppen sind da mit Aktionen wie ‚Stromwechselpartys‘ weitaus kreativer.“

Aber auch die Anbieter von Ökostrom können mehr tun – zeigt die repräsentative Befragung doch bei 58 Prozent der Bürgerinnen und Bürger ein geringes Vertrauen in die Herkunft von Ökostrom aus regenerativen Quellen. Bei den untersuchten Ökostromkunden hingegen spielten diese Bedenken nur eine sehr geringe Rolle.