Gothas Oberbürgermeister Knut Kreuch unter den Ehrengästen

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Im April 1995 begann die Stadt Gotha mit einem Festakt im Ekhoftheater, der Einladung von Familienangehörigen Gadollas nach Gotha und der Herausgabe des Buches „Gotha 1945“ eine bis heute beispiellose Aufarbeitung der Lebensgeschichte des Retters von Gotha und der Rehabilitierung des Josef Ritter von Gadolla. Nachdem bereits am 2. und 3.April 2015 in Boilstädt und Gotha eindrucksvolle Veranstaltungen anlässlich des Kriegsendes vor siebzig Jahren und des 70.Todestages von Ritter von Gadolla stattfanden, setzte sich der Reigen des Gedenkens fort. In seiner Heimatstadt Graz fand die Würdigung Gadollas am 10.April 2015 ihren bisherigen Höhepunkt. Gothas Oberbürgermeister Knut Kreuch war einer Einladung der Stadtverwaltung und der Styria Mediengruppe zur Teilnahme an den Feierlichkeiten gefolgt und vom 9. bis 12. April 2015 als Ehrengast in der steiermärkischen Landeshauptstadt.

 

Ein vollgepacktes Besuchsprogramm erwartete das Stadtoberhaupt, der bereits nach dem Einchecken im Hotel eine freudige Entdeckung machte, denn das österreichische Kunstmagazin „ARTMAPP – Kunstmagazin für Entdecker“, welches er auf seinem Zimmer vorfand, brachte einen großen Bericht über „Wege zu Cranach“ mit einer tollen Hommage an die erst kürzlich eröffnete große Gothaer Cranach-Ausstellung „Bild und Botschaft“.

 

Gemeinsam mit Prof. Dr. Dr. Johann Trummer begab sich der Oberbürgermeister noch am Donnerstagabend auf die Spuren Gadollas, in dem er dessen Geburtshaus aufsuchte, am Gadolla-Denkmal an der Münzgrabenkirche gedachte und auf dem Friedhof St. Leonhard das Familiengrab mit der Erinnerungstafel an Josef Ritter von Gadolla und seine Tochter Inge Smith geb. Gadolla besichtigte.

 

Am Freitagmorgen wurde Gothas Stadtoberhaupt von seinem Kollegen Mag. Siegfried Nagl im Rathaus zu einem einstündigen Gespräch empfangen, in dessen Verlauf Themen der Stadtentwicklung, der Zusammenarbeit beider Städte und eine Beteiligung Gothas an der von Graz initiierten „Straße der Menschenrechte“ standen.

 

Höhepunkt der Ehrungen in Graz für Josef Ritter von Gadolla war am Freitagnachmittag die Premiere der fünfundvierzigminütigen ORF-Dokumentation „Josef Ritter von  Gadolla – Der Retter von Gotha“. Neben den beiden Stadtoberhäuptern waren die Filmemacher vor Ort, aber auch ORF-Generaldirektor  Dr. Alexander Wrabetz und der Hohe Beauftragte für Bosnien-Herzegowina, S.E. Valentin Inzko.

In dem Film wird auch die Gothaer Historikerin Dr. Helga Raschke gewürdigt, die seit 50 Jahren das Leben Gadollas erforscht. Oberbürgermeister Kreuch traf bei dieser Filmpremiere auch mit Dr. Egon Ehrlich und Oberst Manfred Ostwald zusammen, die sich neben Prof. Dr. Johann Trummer in Graz und Österreich bleibende Verdienste um die Rehabilitierung und Anerkennung des Lebenswerkes von Josef Ritter von Gadolla erworben haben. Ehrengäste des Tages und gute Bekannte des Oberbürgermeisters waren auch Dr. Helma Doris Leinich und ihr Gatte sowie Sohn Dr. Bernhard Leinich, der im Film über seine Begegnungen mit der Gadolla-Tochter Inge Smith erzählte.

 

Beschlossen wurde dieser außergewöhnliche Tag mit einer Segnungsfeier für das Styria Media Center am Gadollaplatz 1 im Herzen der Stadt. Der Stadtrat zu Graz hatte einstimmig entschieden, den Platz vor dem neuen Styria Media Center auf Antrag von Prof. Dr. Johann Trummer und der STYRIA als Gadolla-Platz zu benennen. Der Platz, im Herzen von Graz, neben dem Styria-Bauwerk und einem schönen Park, liegt direkt an einer gewaltigen Hauptmagistrale, der Franz-Conrad-von Hötzendorf-Straße. Derzeit gibt es in Graz eine große Diskussion, ob diese Straße, die an einen General der KuK-Monarchie erinnert, umbenannt werden soll, da dieser Feldmarschall große militärische Schuld an den Verlusten der Österreicher während des I.Weltkrieges trägt. Da dazu bisher keine Entscheidung getroffen werden konnte, wird die Straße seit 2015 von zwei markanten Plätzen unterbrochen, die den Namen von Friedensaktivisten tragen. Das sind einmal Josef Ritter von Gadolla und desweiteren die Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner, zwei Persönlichkeiten mit engen Bezügen nach Gotha, freut sich Oberbürgermeister Kreuch.

 

Das neue moderne Styria Media Center ist das fünfhöchste Gebäude von Graz, ein  moderner Baukörper aus Glas und Stahl von einem österreichischen Architekten erbaut, Arbeitsplatz für mehrere tausend Mitarbeiter der Mediengruppe mit einem angeschlossenen Kindergarten.

In der Segnungsfeier durfte auch Gothas Oberbürgermeister Knut Kreuch das Wort ergreifen. Kreuch dankte zuerst den Filmemachern für das epochale Werk und wünschte sich, dass es nach seiner Erstausstrahlung am 18. April 2015, 21.55 Uhr in ORF III. möglichst schnell von den Anstalten der ARD übernommen werden kann, um  auch in Deutschland die Person Gadollas noch bekannter zu machen. Angespielt auf die heutige Weltlage äußerte sich Kreuch „Ich glaube es wäre Gadollas Wunsch, wenn von der Gadollastraße in Gotha eine verbindliche Linie als „Straße der Menschenrechte“, als „Allee des Friedens“ bis zum Gadollaplatz in Graz geknüpft werden könnte“. Wenn rechts und links dieser Linie Frieden herrschen würde, dann ist Gadolla nicht umsonst gestorben und niemand muss Angst haben, dass eines Tages auch auf diesem schönen Gebäude einmal eine weiße Fahne gehisst werden muss, um den Frieden herbei zu sehnen.“

 

Zum Abschluss seines Besuchsprogrammes in Graz widmete sich Oberbürgermeister Knut Kreuch einem zweiten Gothaer, der in Graz große Berühmtheit erlangt hat. Der 1842 in Gotha geborene Hugo Schuchardt (1842-1927), folgte 1876 einem Ruf an die Universität Graz, wo er in den folgenden Jahren die Romanistik und Sprachwissenschaft aufbaute. Er gilt noch heute als der führende Sprachwissenschaftler in Europa, hat mehr als 700 Aufsätze der Sprachforschung veröffentlicht. In seiner Heimatstadt fast vergessen, wird das Erbe Schuchardts an der Universität Graz bewahrt, wo tausende seiner Briefe noch auf ihre Aufarbeitung warten, wie dem Oberbürgermeister die beiden Wissenschaftler Dr. Luca Melchior und Dr. Silvio Moreira de Sousa versicherten. Mit beiden Herren besichtigte Gothas Stadtoberhaupt die von Schuchardt erbaute „Villa Malwine“, benannt nach der Gothaer Mutter Schuchardt, die heute ein Forschungsinstitut der Universität beherbergt. Mit den Wissenschaftlern vereinbarte Kreuch einen weiteren Forschungsaustausch.

 

Der dritte offizielle Besuch eines Gothaer Stadtoberhauptes in Graz fand sein Ende am Samstagabend mit einem Konzert von Werken Johann Sebastian Bachs im Mausoleum neben dem Grazer Dom. Im Jahr 1998 begann die Domkantorei Graz das Projekt „Bach XXI“ mit dem Ziel alle Kantaten Bachs zur Aufführung zu bringen. Für Knut Kreuch und Johann Trummer war dieses Konzert eine besondere Fügung, denn durch die Internationale Bachgesellschaft ist Gothas Stadtoberhaut vor sechs Jahren auf den berühmten Grazer Musikwissenschaftler aufmerksam geworden, mit dem ihn eine herzliche Freundschaft verbindet und dem Knut Kreuch sehr dankbar ist, was dieser für Josef Ritter von Gadolla in dessen Geburtsstadt Graz alles für anerkennende Werte schaffen konnte.

 

„Wenn ich heute an dem Herbst 1994 denke, dann bin ich glücklich und ein klein wenig stolz, dass wir der Familie Gadolla, spät, aber nicht zu spät, unsere Wertschätzung für die großartige Leistung des Josef von Gadolla zum Ausdruck bringen konnten“ resümiert der Oberbürgermeister, der vor mehr als 20 Jahren die erste Gadolla-Ehrung der Stadt Gotha vorbereitete, tagelang recherchierte, in Markredwitz und Graz nach zeitzeugen suchte, die Tochter in Australien aufspürte, die Verwandten in Graz ermittelte. „Wir konnten fast jedes Jahr einen Baustein des Gedenkens hinzufügen. Dem Gedenkakt folgte die Stiftung einer Ehrengabe für die Tochter, in Graz wurde ein Weg benannt, es kam die Rehabilitierung, die Herausgabe vieler Forschungsarbeiten, die Benennung von Flugplätzen und Kasernen-Gebäuden, die Stiftung eines Denkmals in Gotha und Graz, die Gedenkkonzerte, die Ernennung zum Märtyrer der Katholischen Kirche, der mahnende Stein von Boilstädt, der Gadolla-Platz in Graz und die ORF-Dokumentation“ nennt Oberbürgermeister Knut Kreuch nur einige Beispiele der letzten Jahre. „Ich fühle mich allen Menschen verbunden, die dem handeln Gadollas auch heute noch die gebührende Wertschätzung entgegen bringen. Mein abschließendes Ziel bleibt, den Lebensweg Gadollas zum Unterrichtsstoff in Geschichte zu machen, damit bereits Jugendliche erkennen, wie wichtig selbstbestimmtes Handeln ist. Gadollas sterbliche Überreste in Weimar zu finden und ihm ein Ehrengrab der Stadt Gotha zu gewähren ist ein Ziel, dem sich die Stadt Gotha und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge verschrieben haben.