Kammermusik-Konzert im Ekhof-Theater am Sonntag, 20.7., mit Quartetten Telemanns und chinesischen Gedichten

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Über Epochen und Meere hinweg kommen an diesem Sonntag beim Konzert im Ekhof-Theater auf Schloss Friedenstein zwei Künstler in ihren Werken zusammen: Das Ensemble „Le Mercure“ bringt bei seinem Konzert drei der „Pariser Quartette“ von Georg Philipp Telemann (1681 – 1767) im Wechsel mit Gedichten des chinesischen Poeten Li Bai (701 – 762) zu Gehör.

Li Bai lebte im Goldenen Zeitalter der chinesischen Dichtung. Seine Lebensgeschichte liest sich wie ein großes Abenteuer oder ein Märchen; er durchwanderte China, war wohl beteiligt an einem Aufstand eines Generals und jüngeren Kaisersohnes, wurde verbannt und begnadigt. Er soll auch – stark alkoholisiert – dem Kaiser aus dem Stegreif ein akzeptables Gedicht vorgetragen haben. Li Bai dichtete mit Leichtigkeit, bis zu tausend Gedichte schreibt man ihm zu. Seine einprägsamen Bilder sichern ihm, einem der größten chinesischen Dichter, seinen Platz in der klassischen chinesischen Literatur bis heute. Wenn man späteren Quellen glaubt, durchzieht der Alkohol sein Leben als Konstante. Und so wurde auch sein Tod Teil einer Geschichte: Angeblich ertrank der große Dichter, als er betrunken versuchte, das Spiegelbild des Mondes auf einem Fluss zu umarmen. Schon zu Lebzeiten für einen der Unsterblichen gehalten, wurde er spätestens nach seinem Tod in seiner Kunst unsterblich.

Ein anderer „Unsterblicher“ der Künste, Georg Philipp Telemann, bekrönte mit seinen Pariser Quartetten die Quartettkunst eines anderen Goldenen Zeitalters, des ausgehenden europäischen Barock. 1730 hatte er sechs Quartette für drei Soloinstrumente und Basso continuo komponiert und sie im Eigenverlag in Hamburg veröffentlicht. Diese Quartette waren so beliebt, dass 1736 ein Raubdruck in Paris erschien. Aber Telemann reiste im Herbst 1737 nach Paris, und der französische König verlieh dem gefeierten Komponisten das exklusive Druckprivileg für zwanzig Jahre. Das Urheberrecht war gesichert. In dieser Zeit komponierte Telemann sechs neue Quartette, und diesmal waren es wirklich „Pariser Quartette“, entstanden in Paris und in der Form französischer Suiten: „Nouveaux Quatuors en Six Suites à une Flûte Traversière, un Violon, une Basse de Viole ou Violoncel, et Basse Continue“ (Neue Quartette in sechs Suiten für Traversflöte, Geige, Viola da Gamba oder Violoncello und Basso continuo). In der Musikwelt ganz Europas stießen die Quartette auf großes Interesse; auch Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel bestellten die Partituren. Bis heute sind die „Pariser Quartette“ mit ihrer anmutigen Melodik und ihren virtuosen Ansprüchen an die Spieler sehr beliebt.

Nur der Mond ist an diesem Nachmittag nicht zu haben. Sein Spiegelbild aber und auch die Unsterblichkeit finden in der Poesie Li Bais und in der Musik Georg Philipp Telemanns ihren Weg auf die Bühne des Ekhof-Theaters.

„Le Mercure“ zeigt, wie Fantasie, Träume und die Kunst die Grenzen der Zeit, großer Entfernungen und unterschiedlicher Kulturen aufheben können. Das internationale Quartett vereint Musiker aus Taiwan, Polen, Deutschland und Mexiko und ist weltweit auf Kammermusikkonzerten zu hören. Der Name des Ensembles bezieht sich auf Merkur, den Götterboten der römischen Mythologie. Seine Mitglieder verstehen sich als Boten der Musik.

Li Bai können die Besucher übrigens noch an anderer Stelle in Gotha finden: Im chinesischen Kabinett in der Dauerausstellung des Herzoglichen Museums ist eine blau-weiße chinesische Porzellanschale ausgestellt, auf deren Grund ein Mann von mehreren Weinfässern umgeben ist. Es könnte sich um Li Bai (bzw. in einer anderen Fassung des Namens: Li Tai Bo) handeln, der dem Wein stark zugeneigt war.

Sonntag, 20.07.2014, 15 Uhr
Der Mond, sein Spiegelbild und die Unsterblichkeit
Die „Pariser Quartette“ aus den Nouveaux Quatuors en Six Suites (1738) von Georg Philipp Telemann (1681 – 1767) in Verbindung mit Gedichten von Li Bai (701 – 762)
Ensemble Le Mercure

Besetzung
Traversflöte und Rezitation           Teddie Hwang
Barockvioline                                   Dorota Hosnowska-Kopciuch
Viola da Gamba                               Gerald Stempfel
Cembalo                                           Miguel Angel Cicero