Märchenhafte Erfolgsgeschichte

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„Es war einmal …“, so fangen wohl die meisten deutschen Märchen an. Doch nur den Wenigsten ist bewusst, dass diese Formel ein Kunstprodukt ist. Sie geht zurück auf die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm, deren „Kinder- und Hausmärchen“ vor 200 Jahren erschienen und schließlich sogar zum „deutschen Bestseller aller Zeiten“ geworden sind. Grimms Märchen sind eine um 1800 erfundene, neu formierte Gattung der Literatur.

„Märchen waren im 18. Jahrhundert ein äußerst lebendiges Genre, das sich nahezu alle künstlerischen Felder erobert hat“, sagt Dr. Helmut Hühn von der Forschungsstelle Europäische Romantik der Universität Jena.

Ein wichtiger Anstoß, Märchen zu sammeln und sie in schriftlicher Form zu veröffentlichen, kam von Achim von Arnim und Clemens Brentano. Die beiden Romantiker hatten von 1805 bis 1808 unter dem Titel „Des Knaben Wunderhorn“ bereits eine Sammlung von Volksliedtexten veröffentlicht. Über die Gestalt der Grimm’schen Edition der Kinder- und Hausmärchen waren sie nicht unbedingt glücklich: „Fixierte Märchen würden endlich der Tod der gesammten Märchenwelt sein“, so schrieb von Arnim im Oktober 1812 an Jacob Grimm.

Unter dem Titel „Das aufgeklärte Märchen. Die europäische Erfolgsgattung von Perrault bis Grimm“ nehmen Literaturwissenschaftler der Universität Jena gemeinsam mit auswärtigen Fachkollegen vom 19. bis 21. September die Märchen vor den Grimms und die der Grimms gemeinsam in den Blick. „Wir wollen uns den Brüdern Grimm kritisch nähern, gewissermaßen von der europäischen Erfolgsgeschichte des Märchens im 18. Jahrhunderts her“, sagt Helmut Hühn.

Untersucht wird u. a., ob, und wenn ja, in welcher Weise die Grimms die gegenwartsorientierte, dynamische Gattung des Märchens normieren. Gefragt wird, wie sich die Erzählmodelle und die Wirklichkeitsdarstellung von der Aufklärung bis zur Romantik entwickeln. Ausgerichtet wird die von Klaus Manger, Stefan Matuschek und Helmut Hühn geleitete Tagung vom Institut für Germanistische Literaturwissenschaft, von der Forschungsstelle Europäische Romantik und dem Forschungszentrum „Laboratorium Aufklärung“ der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Zu den Höhepunkten der dreitägigen Tagung zählen die Abendvorträge von Heinz Rölleke und Jan Assmann. Rölleke, der wohl beste Kenner der Grimm’schen Märchen, spricht am Donnerstag (20.09.) um 17 Uhr im Senatssaal der Universität (Fürstengraben 1) über die „Rekonstruktion und Kreation einer volksliterarischen Gattung“. Jan Assmann hält danach ab 18.15 Uhr einen Vortrag über die Märchenoper „Zauberflöte“.

Der durch seine Forschungen zum kulturellen Gedächtnis berühmt gewordene Ägyptologe, Religions- und Kulturwissenschaftler Assmann veröffentlichte 2005 ein vielbeachtetes Mozart-Buch: „Die Zauberflöte. Oper und Mysterium.“ Beide Vorträge sind öffentlich, interessierte Zuhörer sind willkommen. Der Eintritt ist frei. Ebenso stehen die übrigen Fachvorträge einem interessierten Publikum offen. Getagt wird im Senatssaal der Universität.

Das gesamte Programm ist im Internet HIER zu finden.

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