Neues Buch über Gründer von Entjudungsinstitut und Retter von Juden

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Am kommenden Dienstag (28. April, 19.30 Uhr) wird in der Buchhandlung
Steen in Jena (Fürstengraben 3) das Buch „Lothar Kreyssig und Walter
Grundmann“ präsentiert. Die Publikation beleuchtet die Lebenswege
zweier kirchenpolitisch bedeutsamer Persönlichkeiten des 20.
Jahrhunderts in Mitteldeutschland: Lothar Kreyssig war aktives Mitglied
der Bekennenden Kirche und Walter Grundmann führender „Deutscher
Christ“ sowie Mitbegründer des „Entjudungsinstitutes“ in
Eisenach. Zur Buchpräsentation in Jena lesen Bischof i.R. Prof. Axel
Noack (Martin-Luther- Halle/Wittenberg) und Prof. Karl-Wilhelm Niebuhr
(Friedrich-Schiller-Universität Jena), das anschließende Gespräch
moderiert Prof. Michael Haspel, Direktor der Evangelischen Akademie
Thüringen. Musikalisch umrahmt wird der Abend von Beate und Daniel
Oehlwein aus Jena.

Die zweite Buchpräsentation findet am 6. Mai um 19.30 Uhr in der
Eisenacher Annenkirche statt. Die Veranstaltung erinnert an das
sogenannte „Entjudungsinstitut“, das Walter Grundmann am 6. Mai 1939
mitbegründete und danach leitete. Es lesen Pfarrer Tobias Schüfer und
Karl-Wilhelm Niebuhr. „Inzwischen ist die wissenschaftliche Erforschung
der Geschichte des Eisenacher Instituts und der Theologie Grundmanns
zwar deutlich voran gekommen, aber eine kirchliche Auseinandersetzung
mit dem Wirken Grundmanns und insbesondere auch seiner Rolle nach 1945
steht noch am Anfang“, stellt Akademiedirektor Haspel fest. „So finden
sich auch in seinen nach 1945 veröffentlichten Kommentaren
antijudaistische Stereotypen, er konnte mit seiner Theologie ganze
Generationen von Katechetinnen prägen und hat zudem für die Stasi
gearbeitet.“ Die Konsequenzen daraus seien bis heute nicht hinreichend
aufgearbeitet, so Haspel weiter.

Der Eintritt zu beiden Buchpräsentationen ist frei. Information und
Anmeldung: www.ev-akademie-thueringen.de.

Hintergrund zum Buch:
In vielen öffentlichen und privaten Bibliotheken werden die Werke
Walter Grundmanns nach wie vor genutzt. Dabei entwickelte Grundmann
während der Zeit des Nationalsozialismus als führender „Deutscher
Christ“ eine völkische Theologie, entwarf eine sogenannte
„entjudete“ Bibel, missbrauchte Evangelium und Recht. In den
Texten des Bandes wird das Leben und Wirken Grundmanns im Zusammenhang
mit einem seiner Zeitgenossen beleuchtet, der einen ganz anderen Weg
beschritten hat: Lothar Kreyssig. In der Zeit des Nationalsozialismus
klagte Kreyssig als Jurist führende Funktionäre des Mordes an, war aktiv
in der Bekennenden Kirche und versteckte Juden. Beide gehörten einer
Generation an, waren Mitglieder der gleichen Kirche. Sie lasen in der
einen Bibel. Nach 1945 wirkten beide prägend: Kreyssig in der
Kirchenprovinz Sachsen und Grundmann in der Thüringer Landeskirche. Doch
ihre Lebenswege konnten unterschiedlicher kaum sein.

Das Buch ist erhältlich in jeder Buchhandlung. Es ist erschienen in der
Reihe scripturae – Schriftenreihe der Evangelischen Akademie Thüringen
und geht zurück auf eine Tagung der Evangelischen Akademie Thüringen
2012 in Neudietendorf.
Hans-Joachim Döring / Michael Haspel (Hg.): Lothar Kreyssig und Walter
Grundmann. Zwei kirchenpolitische Protagonisten des 20. Jahrhunderts in
Mitteldeutschland. Wartburg Verlag, Weimar 2015, ISBN 978-3-86160-262-0,
12,80 EUR