Ökologen der Universität Jena an Großprojekt beteiligt

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Auf dem Wege zu einem deutschen Zentrum für Biodiversitätsforschung ist der Verbund der mitteldeutschen Universitäten Leipzig, Halle und Jena einen wichtigen Schritt weiter gekommen: Gerade hat der Verbund die Mitteilung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) erhalten, einen Vollantrag stellen zu dürfen.

Insgesamt werden vier Einrichtungen von den 15 Erstbewerbern den Vollantrag ausfertigen. Der dann von einem internationalen Gutachtergremium gewählte Universitätsverbund kann ab Oktober 2012 mit jährlichen Fördergeldern der DFG in Höhe von bis zu sieben Millionen Euro rechnen – und das zwölf Jahre lang.

„In der Diversitätsforschung ist das Dreieck Leipzig-Halle-Jena eine gute Adresse. Die Stärke ist hier vor allem die funktionelle Biodiversitätsforschung. Unsere Initiative wird nicht nur vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) unterstützt, sondern zehn weitere Institute, darunter drei Max-Planck-Institute (MPI) und vier Leibniz-Institute, stehen uns insgesamt zur Seite. Damit bündeln wir eine einmalige Forschungskompetenz mit modernster Analytik und Reichtum an Daten und Sammlungen“, sagt Prof. Dr. Christian Wirth, als Professor für Funktionelle Biodiversitätsforschung an der Universität Leipzig designierter Sprecher des Projekts. Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg wird von Prof. Dr. Helge Bruelheide, die Universität Jena von Prof. Dr. Kirsten Küsel und Prof. Dr. Stefan Halle vertreten.

Bereits im Vorfeld fiel innerhalb dieses mitteldeutschen Verbundes die Entscheidung für Leipzig als möglichem Sitz des künftigen Biodiversitätszentrums. Hier wird im Falle der erfolgreichen Antragstellung das Hauptgebäude des Zentrums mit einer Fläche von etwa 2.000 Quadratmetern entstehen, um dort Theorien, Wissen und Ideen zur Funktion und Erhaltung der genetischen und der Artenvielfalt zu bündeln. Neben der eigenen Forschung soll das Zentrum der internationalen Gemeinschaft der Biodiversitätsforscher eine Plattform für die Kommunikation und Konzeptentwicklung bieten.

Die Partner bringen wichtige Forschungsplattformen in den Verbund ein. An den Universitäten Halle und Jena sind zwei Großprojekte der DFG angesiedelt, die in China und Thüringen den Einfluss von Biodiversität auf Ökosystemfunktionen experimentell ermitteln. Von der Universität Halle aus wird das weltweit größte Baum-Diversitäts-Experiment in Jiangxi (DFG-Forscherguppe Biodiversity and Ecosystem Functioning China) von Helge Bruelheide koordiniert. Neue Impulse setzt bereits seit längerem das „Jena-Experiment“ durch eine weltweit gefragte Versuchsfläche zur Erforschung der Biodiversität. Die Uni Leipzig betreibt gemeinsam mit dem MPI für Biogeochemie in Jena die weltweit größte Datenbank zur funktionellen Vielfalt der Pflanzen und mehrere Gruppen im Konsortium widmen sich der Theorieentwicklung.

Ökologie hat in Jena die längstmögliche Tradition, denn hier wurde der Begriff im Jahr 1866 von Ernst Haeckel erstmals verwendet, um eine neue Teildisziplin innerhalb der Biologie zu definieren, die sich mit den Wechselwirkungen zwischen den Organismen und ihrer Umwelt beschäftigt. Heute forschen die Mitarbeiter, Doktoranden und Diplomanden am Universitäts-Institut für Ökologie vor allem im Bereich der Biodiversität. Zusammen mit den beiden Jenaer Max-Planck-Instituten für Chemische Ökologie (gegründet 1996) und Biogeochemie (gegründet 1997) hat sich so in Jena ein Zentrum der ökologischen Forschung in Deutschland entwickelt.

Bisher gibt es sechs DFG-Forschungszentren. Nun soll das siebente entstehen. Mit dieser finanziellen Ausstattung versehen, soll der künftige Standort ein Leuchtturm in der Biodiversitätsforschung mit einer Strahlkraft weit über die Grenzen Deutschlands hinaus werden. „Das würde Experten aus aller Welt nach Deutschland ziehen“, weiß Prof. Wirth, der bereits in der Vergangenheit gemeinsam mit seinen Kollegen aus Jena und Halle mehrere renommierte Forschungsprojekte im Bereich Biodiversität durchgeführt hat. Ziel des Zentrums sei es, die deutsche Biodiversitätsforschung international sichtbarer zu machen und Deutschland auf diesem hochaktuellen Wissenschaftsfeld an die Weltspitze zu führen. In dem neuen Zentrum soll es acht gut ausgestattete Professuren geben, die nach zwölf Jahren von den beteiligten Universitäten übernommen werden.

Wie wichtig die Forschung auf diesem Gebiet ist, beweisen folgende Fakten: Die Biodiversität nimmt weltweit kontinuierlich ab. Expertenschätzungen zufolge sterben täglich 130 Arten aus, vor allem weil sie ihren Lebensraum verloren haben. „Biodiversität ist mehr als Artenvielfalt. Die Vielfalt reicht von den Genen bis zu den Ökosystemen. Verlieren wir diese Vielfalt, ist unsere Lebensgrundlage bedroht“, sagt Prof. Wirth. Dass funktionierende Ökosysteme für die Wirtschaft weltweit eine große Bedeutung haben und ein Billiarden-Kapital darstellen, hat vergangenes Jahr die internationale Studie zur Ökonomie der Ökosysteme und Biodiversität (TEEB) unterstrichen. Foto: Jan-Peter Kasper/FSU

Publiziert am 06. Juli 2011, 10:43 Uhr