Piraten wollen mehr belastbare Fakten zur Westtangente

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„Zu wenige Fakten, zu viele Glaubensbekenntnisse“, fasst Stadträtin Heidrun Jänchen die skeptische Haltung der Piraten zum Projekt „Innere Westtangente“ zusammen.
Die Umgehungsstraße für das Stadtzentrum soll vom Ernst-Haeckel-Platz quer durch das heutige Kliniksgelände, vorbei an der Grete-Unrein-Schule zur Kreuzung Humbold-Straße (B7)/Am Steiger führen.

Was für die einen wie ein großer Befreiungsschlag für den Jenaer Autoverkehr daherkommt, ist für andere nur ein Millionengrab ohne große Wirkung. Wer recht hat, ist mit den bisherigen Informationen nicht zu entscheiden. So ist der Magdelstieg eine staugeplagte Problemzone. Dass sich die Lage da verbessert, wenn mehr Autofahrer nach links in die neue Tangente abbiegen wollen, ist unwahrscheinlich. Auch wie die neue Einmündung den Verkehr auf der B7 beeinflussen würde, hat noch keiner im Detail untersucht.

Zweifel haben die Piraten auch daran, dass sich – nach Angaben der Verkehrsplaner – exakt die Hälfte des Verkehrs vom Leutragraben (derzeit 12.800 Autos pro Tag) auf die Westtangente verlagern würde. „Wer nicht genau dorthin will, fährt da auch jetzt nicht lang“, ist sich Frank Cebulla, sachkundiger Bürger im Stadtentwicklungsausschuss, sicher. „Die Leute wollen entweder zum Parken auf den Eichplatz oder weiter ins Damenviertel. Daran ändert sich mit einer neuen Tangente nichts. Wer nach Weimar will, fährt über die Lutherstraße, wer nach Nord will, nimmt den Löbdergraben oder die Straße Am Eisenbahndamm. Das tatsächliche Entlastungspotential bleibt völlig unklar.“ Bei der Vorstellung des Tangentenprojektes haben die beiden
Piraten deshalb Nutzungszahlen zu den realen Wegeverbindungen eingefordert.

„Wenn wir hinterher feststellen, dass wir sieben Millionen ausgegeben und Häuser abgerissen haben, damit der Stau auf dem Magdelstieg länger wird und vielleicht nur 2.000 Autos am Tag weniger über den Leutragraben fahren, ist es zu spät“, sagt Jänchen. „Mit einer solchen Summe könnte man in der Stadt eine Menge finanzieren.“ Verkehrsanalysen und detaillierte Simulationen seien notwendige Voraussetzung, um eine sinnvolle Entscheidung treffen zu können. Die Mogelpackung beginne schon mit der Bezeichnung: „Tangente“ suggeriere, die neue Straße würde außen am Stadtzentrum vorbeiführen. Die derzeit diskutierte Variante gehe aber mitten hindurch und sei bestenfalls eine Sekante.

„Wie entwicklungsfähig und für Investoren attraktiv ist denn das Bachstraßenareal noch, wenn eine vierspurige Straße mitten hindurchführt“, fügt sie hinzu. „Dafür würden wir mit dem Leutragraben eine Straße entlasten, an der kaum jemand wohnt.“
Sowohl die Kosten als auch die möglichen Auswirkungen seien zu ernst, um mit einem unausgegorenen Projekt einen vorgezogenen Wahlkampf zu machen, finden die Piraten. Stattdessen sollte man auch über andere Varianten nachdenken: die seit Ewigkeiten geplante Osttangente am Bahndamm, einen Einbahnstraßenring ums Zentrum oder einen Kreisverkehr am Haeckelplatz, um Staus und Engpässe zu minimieren.