Raufen nach Regeln

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Sie ist 21 Jahre alt und erfolgreiche Ringerin beim KSC Motor Jena: Maria Selmaier. In der Kategorie bis 72 kg ist sie nicht nur amtierende Deutsche Meisterin, sondern belegte vor drei Wochen auch bei der WM den 11. Platz. Falk Böttger verriet die Sportlerin, wie  sie zum Ringen kam und was sie in ihrer Karriere noch erreichen will.

 Maria, seit wann bist du schon als Ringerin aktiv?

Mit vier Jahren habe ich angefangen. Das war in Magdeburg. Ich war das einzige Mädchen im Verein und bin da eigentlich nur so nebenher gelaufen. Für Aufmerksamkeit habe ich erst gesorgt, als ich zum ersten Mal Landesmeister geworden bin. Ab da habe ich bei den Jungs dann auch kaum noch Kämpfe verloren. In meinem letzten Jahr bevor ich dann mit elf Jahren bei den Frauen ringen musste, sogar gar keinen mehr. 2004 bin ich nach Jena ans Sportgymnasium.  Dort habe ich 2011 auch mein Abitur gemacht.

Wie kam es, dass du überhaupt mit dem Ringen angefangen hast?

Ich war eigentlich in einem Verein zum Kinderturnen. Zufälligerweise kam ich einmal zu früh zum Training. Die Ringer, bei denen auch mein Bruder dabei war, haben da gerade trainiert. Ich habe dann eben einfach bei denen ein bisschen mitgemacht – und es hat sofort riesigen Spaß gemacht. Es war witzig, die kleinen Jungs umzuschubsen (lacht).

Du machst momentan eine Ausbildung zur Polizistin?

Ja, das war schon immer mein Traumberuf. Und es ist mit dem Sport auch sehr gut zu vereinbaren. Dadurch, dass es hier Sportfördergruppen gibt, haben wir die Möglichkeit Beruf und Sport unter einen Hut zu bringen. Und man ist auch finanziell abgesichert, da man auf Lebzeit verbeamtet wird. Es ist also optimal für mich.

Könnte man denn vom Ringen allein überhaupt leben?

In Deutschland nicht, glaube ich. Die Männer haben ja das Glück, dass es die Liga gibt. Damit können sie sich ein paar Euro dazuverdienen. Die momentan erfolgreichsten Ringer kommen vielleicht mit ihren Sponsorenverträgen noch auf eine anständige Summe. Aber langfristig, können die auch nicht davon leben, denke ich. Für uns Frauen gibt es die Liga nicht, weil wir zu wenige sind. Für uns gibt es die internationalen Wettkämpfe und die Deutsche Meisterschaft. Aber nichts, wo man groß Geld verdienen kann.

Wie regieren denn Leute auf dich als eine Frau, die ringt?

Stereotype begegnen mir eigentlich sehr selten. Wenn ich neue Leute kennen lerne, dann sind viele klar erst mal überrascht. Aber die meisten verwechseln dann Ringen mit Sumo-Ringen und denken ich müsste dafür dick sein. Muss ich aber nicht (lacht)!

Ringen ist für dich die großartigste Sportart, weil …?

Weil Ringen vielseitig ist. Du brauchst Schnelligkeit, Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit. Und du musst immer mitdenken. Du darfst mit deinen Gedanken nie irgendwo anders sein, sondern musst immer hellwach sein. Und dann ist es halt ein Raufen nach Regeln.

Hast du irgendwelche Vorbilder?

Am Anfang, als ich 2004 nach Jena ans Sportgymnasium gekommen bin, war das ein bisschen Maria Müller. Sie hat 2007 mit Platz drei die letzte Frauenmedaille bei einer WM geholt. Und eigentlich hat sie die gleiche Laufbahn gemacht wie ich. Auch sie hat am Sportgymnasium in Jena ihr Abitur gemacht, ist danach auch nach Meiningen zur Polizeischule, hat am Ende auch in der Kategorie bis 74 kg gerungen. Ich bin praktisch immer so ein bisschen in ihre Fußstapfen getreten. Aber ich denke, jeder Sportler, der anfängt ein extremes Vorbild zu haben, hört auf, er selber zu sein. Man kommt nicht weiter, wenn man sich an anderen festhält. Sicherlich sollte man schauen, was andere so machen und dabei etwas für sich selber mitnehmen. Aber ich würde nie sagen, ich will genauso sein, wie Maria Müller oder irgendjemand anders.

Was willst du in deiner Karriere als Sportlerin noch erreichen?

2016 zu den Olympischen Spielen zu fahren, ist auf jeden Fall Ziel! Und 2020 auch! Da arbeite ich jetzt drauf hin. 2012 hätte es ja beinahe schon mal geklappt.

Wieso beinahe? Was ging schief?

Ich hatte das Pech mir am Anfang des Jahres 2012 bei der EM den Fuß zu brechen. Es blieben mir nur acht Wochen Zeit, um mich für das letzte Turnier für die Olympia-Qualifikation wieder fit zu machen. Es musste also alles relativ schnell gehen. Bei dem Turnier konnte ich dann auch die amtierende Europameisterin besiegen. Im Viertelfinale musste ich mich dann aber knapp geschlagen geben. Wäre das nicht passiert, wäre Olympia höchst wahrscheinlich klar gewesen für mich. Aber ich bin ja noch jung! Es wird schon noch klappen.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

selmaier kopie