Von Philharmonie bis Gemeinschaftsschule

0
1392

Klares Bekenntnis zur Zukunft der Thüringen Philharmonie Gotha(-Eisenach)

Das lange Warten hat sich gelohnt: Ein Seufzer der Erleichterung, der
schließlich in Jubel und Applaus aufging, zog gestern Abend gegen 22 Uhr
durch die Zuschauerränge des Gothaer Kreistags. Dort harrten seit vier
Stunden zahlreiche Musiker und Mitarbeiter der Thüringen Philharmonie Gotha
mit ihrer Intendantin Michaela Barchevitch aus, um die Entscheidung über
die weitere Finanzierung aus erster Hand zu erfahren. Die Geduldsprobe hat
sich gelohnt, denn schließlich positionierten sich die Kreistagsmitglieder
einstimmig bei nur zwei Enthaltungen für die Fortführung der finanziellen
Zuwendung an den renommierten Klangkörper. Der jährliche Zuschuss des
Landkreises Gotha soll bis 2024 weiterhin mindestens 1.065.000 Euro
betragen, auch wenn das traditionsreiche Gothaer Orchester im August 2017
voraussichtlich mit der Landeskapelle Eisenach zur Thüringen Philharmonie
Gotha-Eisenach fusionieren wird. Zuvor hoben Redner aus verschiedenen
Fraktionen die Leistungen und das hohe Engagement der Musiker in der Region
hervor. Parteiübergreifend wurde der Trägervereinsvorsitzenden Gabriele
Reichstein, Landrat Konrad Gießmann und Oberbürgermeister Knut Kreuch für
die Verhandlungsführungen und den erzielten Kompromiss gedankt. Bärbel
Schreyer, Fraktionschefin der Freien Wähler und ehedem selbst Vorsitzende
des Trägervereins,  übte allerdings deutliche Kritik am Beschluss des
Wartburgkreis-Kreistages tags zuvor. Der hatte die dortige Zuwendung an das
künftige Orchester mit Forderungen in der Gebietsreform verknüpft. „Hier
werden Äpfel mit Birnen vermengt, das haben unsere Musiker nicht verdient!“
Neben den Landkreisen Gotha und dem Wartburgkreis gehören weiterhin der
Freistaat Thüringen, die kreisfreie Stadt Eisenach und die Stadt Gotha zum
Kreis der Zuwendungsgeber. Über die Gewährung ihrer jeweiligen Anteile
entscheiden die Stadträte in Gotha und Eisenach noch im Juni.

 

Mehrheit votiert für den Erhalt des Landkreises Gotha

Weniger eindeutig, wenngleich immerhin mehrheitlich bekannten sich die
Kreistagsmitglieder zum Erhalt des Landkreises Gotha im Zuge der
heraufziehenden Gebietsreform. Landrat Konrad Gießmann brachte die
Beschlussvorlage ein, die er als „kleinsten gemeinsamen Nenner“ bezeichnete
und die wesentliche Aspekte zweier Anträge aus den Fraktionen von
SPD-B90-Grüne und CDU-FDP aufgegriffen hatte. Beide waren zu Jahresbeginn
formuliert, dann aber von den Fraktionen wieder zurück gezogen worden. Die
SPD-B90-Grünen-Fraktion brachte zur Vorlage des Landrates noch einen
Änderungsantrag ein, der aber in einer namentlichen Abstimmung keine
Mehrheit fand. Die ursprüngliche Beschlussvorlage wurde, ebenfalls in
namentlicher Abstimmung, mit 27 Ja- bei neun Nein-Stimmen und sechs
Enthaltungen angenommen.

 

Gemeinschaftsschule in Tonna kommt

Mit einer knappen Mehrheit von 23 Ja- zu 20 Nein-Stimmen und einer
Enthaltung hat der nunmehr zweite Anlauf zur Thüringer Gemeinschaftsschule
Tonna den Segen des Kreistages erhalten. Diese kann somit zum nächsten
Schuljahr als Gemeinschaftsschule mit den Klassenstufen fünf bis zehn
starten. Erst im Februar war eine Beschlussvorlage zur Errichtung einer
Gemeinschaftsschule in Tonna im Kreistag nach zweijähriger Diskussion
durchgefallen. Knackpunkt damals: Das Konzept der Gemeinschaftsschule
sollte bereits die Klassenstufen eins bis vier umfassen, womit sich die
benachbarten Grundschulen in Dachwig und Großfahner im Bestand gefährdet
sahen. Kritisch wurde in der gestrigen Debatte angemerkt, dass bislang kein
kooperierendes Gymnasium für die Absicherung der Abiturstufe feststeht.

 

Aufhebung der Sperre zur Grundschule Hörselgau

Einstimmig über die Fraktionsgrenzen hinweg hoben die Kreistagsmitglieder
die im Februar getroffene Festlegung auf, den Investitionstitel für die
Erweiterung der Grundschule in Hörselgau vorerst auf Eis zu legen (35 Ja, 0
Nein, 6 Enthaltungen). Damit können in diesem Jahr die Ausführungsplanungen
für die Aufstockung des Gebäudes durchgeführt werden. Im Zuge der
Baumaßnahmen im Wert von 1,367 Mio. Euro sollen unter anderem zwei neue
Klassenräume nebst Differenzierungsraum, die Sanierung der Sanitärbereiche
und die Erneuerung der Elektroinstallation ausgeführt werden. Verzögerungen
sind infolge der „Sperre“ bislang aber nicht entstanden, versicherte
Landrat Konrad Gießmann. Grund: Der Haushalt des Landkreises wurde erst
kürzlich genehmigt, womit zuvor ohnehin keine Aufträge hätten
ausgeschrieben oder vergeben werden können.

 
Abermalige Sondersitzung zum Nahverkehr

Nach wie vor schwer tun sich die Kreistagsmitglieder mit der Vorlage zur
Gründung einer Nahverkehrsgesellschaft, die seit Juli vergangenen Jahres
debattiert wird, und dem im März vorgelegten Nahverkehrsplan. Beide
Beschlussvorlagen sollen die Grundlage für die Gestaltung des ÖPNV mit Bus
und Straßenbahn über das 2019 hinaus bilden. Zur gestrigen Sitzung sahen
sich die Kreistagsmitglieder außerstande, Entscheidungen hierzu zu treffen.
Sie einigten sich darauf, beide Themenschwerpunkte in einer Sondersitzung
am 20. Juli erneut zu behandeln.

 
Weitere Themen

Die Ermächtigung zur Liquidation der Abfallwirtschaftsgesellschaft (AwiG)
erteilten die Kreistagsmitglieder einstimmig. Ebenso wurden die
Zweckvereinbarung zur Erstellung eines regionalwirtschaftlichen
Entwicklungskonzepts mit dem Ilm-Kreis sowie die allgemeinen
Geschäftsbedingungen und die Entgeltordnung zur Aufschaltung von
Brandmeldeanlagen auf die Rettungsleitstelle ohne gegenteilige
Wortmeldungen beschlossen.