Wirtschaftsrecht gestern und heute

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Jena (ch) Als Heinrich Lehmann im Dezember 1912 an der Jenaer Universität seine Antrittsvorlesung hielt und ein Jahr später veröffentlichte, schrieb er juristische Geschichte: Er verwendete erstmals den Begriff „Industrierecht“ und appellierte daran, dass die Rechtsgelehrten sich nicht nur mit den historischen und theoretischen Grundlagen des Rechts, sondern auch mit den praktischen Dingen wie dem Wirtschafts- und Arbeitsleben beschäftigen sollten.

„Damit gilt er als Begründer des Wirtschaftsrechts als eigenständiges Forschungsfeld“, sagt Prof. Dr. Walter Bayer (Foto) von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Bei der weiteren Entwicklung spielte Jena ebenfalls eine Vorreiterrolle: So wurde hier 1919 das erste Institut für Wirtschaftsrecht Deutschlands gegründet.

An diese historischen Ereignisse erinnert das wissenschaftliche Kolloquium „100 Jahre Wirtschaftsrecht 1913-2013“ am 14. Juni 2013 in den Rosensälen (Fürstengraben 27). „Neben dem Blick in die Vergangenheit werden wir gleichzeitig aktuelle Brennpunkte innerhalb des Wirtschaftsrechts aufgreifen“, kündigt Prof. Bayer an, der das Symposium gemeinsam mit Prof. Dr. Gerhard Lingelbach organisiert hat. Insgesamt acht Vorträge von Juristen aus Jena, Bonn und Heidelberg informieren über die Anfänge, Gegenwart und Zukunft des Wirtschaftsrechts. Das Symposium richtet sich insbesondere an Wissenschaftler und Studierende der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Aber auch die interessierte Öffentlichkeit ist willkommen.

Einen Überblick über die Ereignisse vor 100 Jahren gibt Mit-Veranstalter und Rechtshistoriker Prof. Lingelbach in seinem Vortrag „Vom Verein ‚Recht und Wirtschaft‘ zum Institut für Wirtschaftsrecht“. Wie die Jenaer Idee, Rechtswissenschaft und Ökonomie miteinander zu verbinden, an der Bonner Universität umgesetzt wurde, erläutert der Bonner Experte für Rechtsgeschichte Prof. Dr. Matthias Schmoeckel.

Weitere Vorträge, die sich vor allem mit den historischen Entwicklungen beschäftigen, erörtern die Entstehung der Industriegesellschaft in der Zeit der Weimarer Republik sowie die Rolle des öffentlichen Rechts als Rahmenbedingung für die Wirtschaft.

Zu ganz aktuellen Fragen des Wirtschaftsrechts nimmt u. a. der Vortrag „Strafrecht und Wirtschaftsethik“ von Prof. Dr. Heiner Alwart Bezug. „Hier geht es um die spannende Frage, ob alles, was moralisch verwerflich ist, auch strafrechtlich relevant ist und umgekehrt“, erläutert Prof. Bayer. Ein aktuelles Beispiel seien die Diskussionen um eine angemessene Managervergütung. Zudem wird es einen Vortrag geben, der sich mit der Rechtslage bei Kartellen und Monopolen beschäftigt. Prof. Dr. Peter Hommelhoff, der ehemalige Rektor der Heidelberger Universität, greift Fragen der guten Unternehmensführung – der sogenannten Corporate Governance – auf.

Mit-Organisator Prof. Bayer wird ebenfalls mit einem Vortrag vertreten sein und über das noch junge juristische Teilgebiet der Rechtstatsachenforschung sprechen – eines seiner „Steckenpferde“, wie Bayer betont. So ist er neben seiner Lehr- und Forschungstätigkeit an der Universität auch Direktor des 2005 in Jena gegründeten Instituts für Rechtstatsachenforschung zum Deutschen und Europäischen Unternehmensrecht. Mit seinem Vortrag „Rechtstatsachenforschung zum Unternehmensrecht“ möchte Prof. Bayer nicht nur den Status quo erläutern, sondern vor allem mit den anwesenden Fachkollegen über zukünftige Perspektiven diskutieren.

Die Teilnahme am wissenschaftlichen Kolloquium „100 Jahre Wirtschaftsrecht“ ist kostenfrei. Das vollständige Programm ist zu finden unter: http://www.rewi.uni-jena.de/rewimedia/Downloads/Fakultaet/Aktuell/RZ_REWI_004_2013_End.pdf.