Zwei Kommissare auf der Gothaer Schlachthofbühne

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Wenn einem am Sonntagabend gar nichts mehr einfiel, die Freunde sich langsam vom Hof schlichen, um die Krimiserie „Tatort“ zu sehen, saß man dumm in den eigenen vier Wänden und schaute immer mehr auf den noch dunklen Fernsehapparat. Fernsehen bloß nicht.

Irgendwann war der Griff zur Fernbedienung stärker und der „Ein“-Knopf gedrückt. Doch beim ersten Versuch kam gar kein „Tatort“, sondern der andere Krimi, der „Polizeiruf 110“.

Ach, na den kannte man doch noch aus seligen DDR-Zeiten, als ältere Herren immer korrekt und mit der neuesten Technik (Kugelschreiber, Telefon, …) einen Fall langsam aber sicher lösten. Da wurden Konsum-Verkaufsstellen überfallen, einem Menschen nicht rechtzeitig geholfen oder beim Jugendclub die Scheibe eingeworfen.

Doch das war ja nun alles vorbei, der Kapitalismus hatte Gewalt über das Hoheitsgebiet der DDR und segnete es mit knallharten Krimis und schießwütigen Kommissaren. Doch was war denn das? Da liefen zwei nicht gerade sehr schlanke ältere Herren durchs Bild und lösten mit Hingabe, schlauen Momenten und der nötigen Technik (Handy, Ballistik) knifflige Mordfälle.

Und es kam fast nie die Pistole zum Einsatz. Hatten diese zwei Herren überhaupt die Lizenz zum töten? Egal, die „Polizeirufe 110“ mit Jaecki Schwarz und Wolfgang Winkler, als Dreamteam Schmücke & Schneider bekannt, waren einfach genial.

Und in der x-ten Wiederholung sind sie es noch, man guckt es immer wieder. Diese zwei Haudegen des deutschen Fernsehens sollten nun nach ihrem vom MDR schnell erwirkten Abgang in ganzer Größe auf der Gothaer Schlachthofbühne neben dem „Londoner“ auftreten. Im Stoffbeutel hatten sie ihr Buch „Herbert & Herbert“. Ab und zu lasen sie während der 90 Minuten auch mal einige Zeilen daraus vor, z.B. wie sie ihre Mitarbeiterin Marie Gruber beschrieb. Ansonsten frotzelten und ärgerten sie sich „wie im Film“, berichteten vergnügt aus ihrem langen und intensiven Schauspielerleben und ließen es auch mal ganz persönlich werden.

Warum und wie sie überhaupt zusammen kamen, und das Davor, wurde von Wolfgang und Jaecki geklärt.

Jaecki Schwarz, geboren 1946, wirkte in über 120 Film- und Fernsehrollen mit, war dabei immer ein unkonventioneller Darsteller, oft schlitzohrig, ironisch und hintergründig. Nach einem Schauspielstudium gehörte er zum Ensemble des Magdeburger Theaters und brillierte u.a. in Stücken von Heiner Müller und Hermann Kant. Seine erste Hauptrolle bekam er in dem aufrüttelnden Antikriegsfilm „Ich war Neunzehn“, 1968. Hier traf er auch auf Wolfgang Winkler, der nur ganz kurz zu sehen war. Winkler lernte, bevor er in Halle auf die Bretter eines Theaters trat, Lokomotivführer. Eine erste große Rolle gab es in dem leider gleich verbotenen Film „Das Kaninchen bin ich“ (1965).

Tja und 1996 drehten sie ihren ersten gemeinsamen Polizeiruf 110: „Der Pferdemörder“. Bis zu ihrem letzten Film „Tödliche Entscheidung“, dem 50., begeisterten sie Millionen Zuschauer, bescherten MDR und ARD traumhafte Einschaltquoten und gaben der hektischen Fernsehlandschaft immer einen spannenden Ruhepunkt.

Jaecki & Wolfang saßen nun auf der Schlachthof-Bühne und unterhielten ihre Fans (ja, kann man ruhig so schreiben) mit Geschichten, Anekdoten, Witzeleien und Sticheleien. Es war gut, dass sie da waren.

Thomas Behlert

Herbert & Herbert

Info: Herbert & Herbert, „Mit dir möchte ich nicht verheiratet sein!“, Eulenspiegel Verlag Berlin, 16,95 Euro