Universität im Exil – damals und heute

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1874

„Ein deutscher Amerikaner. Der kosmopolitische Demokrat Hans Simons, 1893-1972” lautet der Titel der in Jena entstandenen Dissertationsschrift von Dr. Philipp Heß, die soeben in der monographischen Reihe des „Jena Center Geschichte des 20. Jahrhunderts“ im Wallstein Verlag Göttingen erschienen ist. Die ungewöhnliche Biographie des Verwaltungsjuristen, Hochschullehrers und Bildungsmanagers Hans Simons liefert neue Zugänge zur Exilforschung, zur Entstehungsgeschichte der Bundesrepublik und zur Wirkungsgeschichte transnationaler Nichtregierungsorganisationen im 20. Jahrhundert.

Rettende Zuflucht in den USA

Als junger – und entschieden demokratischer – Verwaltungsbeamter hatte Simons in der Weimarer Republik eine steile Karriere gemacht, ehe ihn die Nationalsozialisten 1933 wegen seiner Zugehörigkeit zur SPD aus dem Staatsdienst entließen. Simons emigrierte in die USA und fand – wie viele andere vom NS–Regime Verfolgte – an der „University in Exile” der New School for Social Research in New York eine rettende Zuflucht. Simons lehrte dort Politikwissenschaft und beriet nebenbei das Office of Strategic Services (OSS) sowie andere für die Nachkriegsplanung zuständige Regierungsbehörden. 1947 kehrte er als amerikanischer Staatsbürger erstmals nach Deutschland zurück und war als Verbindungsoffizier beim Parlamentarischen Rat an der Ausgestaltung des Grundgesetzes beteiligt.

Danach war Simons zehn Jahre lang Präsident der New School, an der 1962 auf Initiative von Bundespräsident Theodor Heuss eine zunächst von der Bundesregierung und seit 1965 von der VolkswagenStiftung dauerhaft finanzierte Gastprofessur eingerichtet wurde – als Zeichen der Dankbarkeit für die enorme Hilfe, welche die New Yorker Hochschule vielen emigrierten Wissenschaftlern aus Deutschland zwischen 1933 und 1945 geboten hatte. Im Wintersemester 2010/11 hatte Prof. Dr. Norbert Frei von der Universität Jena die Theodor-Heuss-Professur an der New School inne und konnte Philipp Heß in diesem Rahmen mit Wissenschaftlern und Archivaren der Hochschule in Verbindung bringen.

Das Vorbild der „University in Exile” fortführen

Angesichts wachsender politischer Verfolgung Andersdenkender in vielen autokratischen Regimen und Diktaturen der Gegenwart verweist die Lebensgeschichte von Hans Simons, der an der New School eine neue akademische Heimat fand, auf die akute Notwendigkeit, das Vorbild der „University in Exile” fortzuführen. Dies geschieht in Deutschland derzeit insbesondere mit Stipendien der von der Alexander von Humboldt-Stiftung koordinierten Philipp-Schwartz-Initiative. In deren Rahmen ist seit Herbst 2017 der irakische Politikwissenschaftler Prof. Dr. Hani Alyas Khadher für zwei Jahre als Gastwissenschaftler am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte der Universität Jena beziehungsweise am Jena Center Geschichte des 20. Jahrhunderts tätig.

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