Der neue Schiller-Professor Charles Taylor spricht über „Aufklärung und Säkularisierung“ in der Aula der Friedrich-Schiller-Universität Jena

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„Ich habe von Jena geträumt“, sagt Charles Taylor. Immer schon habe er den Wunsch verspürt, die Stadt einmal zu besuchen. Nun ist dieser Traum Realität: Charles Taylor wird die Schiller-Professur 2012 verliehen. Der Gelehrte folgt dem Ruf des Forschungszentrums „Laboratorium Aufklärung“, das Jahr für Jahr eine renommierte internationale Wissenschaftspersönlichkeit einlädt. Zudem ist Taylor Fellow der sozialwissenschaftlichen Kolleg-Forschergruppe „Postwachstumsgesellschaften“, die ebenfalls an der Friedrich-Schiller-Universität angesiedelt ist.

Am morgigen Dienstag (24. April) wird dem kanadischen Politikwissenschaftler und Philosophen in der Aula der Universität (Fürstengraben 1) die Schiller-Professur verliehen. Im Anschluss spricht Charles Taylor über „Aufklärung und Säkularisierung“. Die öffentliche Veranstaltung beginnt um 18 Uhr.

Allgemein – so Taylors These – werde die Säkularisierung der westlichen Welt als eine Folge, ja als ein Erfolg der Aufklärung gefeiert. Diese Ansicht hält Taylor für irrig: „Es ist ein Mythos zu glauben, die Aufklärung habe den Weg aus der Finsternis zum Licht bedeutet.“ Dieser Idee hält Charles Taylor entgegen, der entscheidende Anstoß für die Säkularisierung des Westens sei von dem Gedanken ausgegangen, der Mensch sei Meister seines Schicksals. „Dieses Selbstgefühl bestimmte und änderte unsere Stellung im Kosmos“, sagt der Kanadier. Ursprünglich sei es bei den deutschen Romantikern aufgekommen, als Teil einer Eliten-Kultur, die im Laufe der Zeit aber längst zum Allgemeingut geworden ist.

Charles Taylor charakterisiert die westliche Gesellschaft als Zivilisation von Suchenden mit unbestimmtem Ziel. An die Stelle der Religionen seien Ideen wie die Menschenrechte, die Gleichheit oder der Kampf gegen Diskriminierung getreten. Ein jeder könne sich heute aus einem schier unübersehbaren Angebot das Passende raussuchen. Dabei fehle jedoch ein einigendes Band, das die Gesellschaft zusammenhält, konstatiert Taylor. Einst habe das die Religion geleistet oder etwa der Kaiser wie beispielsweise in der k.u.k.-Monarchie. Heute sei Solidarität unter den Menschen notwendig, sagt Charles Taylor. Denn angesichts überbordender Individualität des Einzelnen drohe die Gesellschaft als Ganzes zu zerfallen. Ein Symptom dafür sei beispielsweise die Schere zwischen Arm und Reich, die immer weiter auseinanderklafft. Um diesen Gefahren der Gesellschaft zu begegnen, sei ein neuer Sinn für die Einheit der Menschen notwendig.

Der Festakt zur Inauguration und der Vortrag von Charles Taylor am Dienstag (24. April) um 18 Uhr sind öffentlich, der Eintritt ist frei. Informationen zu weiteren öffentlichen Vorträgen von Charles Taylor sind zu finden unter: www.fzla.uni-jena.de/Forschungskolleg/Schiller_Professur.html.

Kontakt:

Dr. Katharina Held

Forschungszentrum „Laboratorium Aufklärung“ der Friedrich-Schiller-Universität Jena

Jenergasse 8 (Accouchierhaus)

07743 Jena

Tel.: 03641 / 944971

E-Mail: k.held@uni-jena.de