Ferien: Selbstbewusstsein stärken statt Büffeln

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Auch in den Sommerferien müssen viele Kinder lernen – das zeigt die aktuelle scoyo-Umfrage. Noch wichtiger aber als Formeln und Vokabeln zu pauken finden viele Eltern, dass sich ihre Kinder in der schulfreien Zeit persönlich weiterentwickeln.

In Kürze beginnen die Sommerferien – für viele Schülerinnen und Schüler die lang ersehnte Pause von Matheformeln, Grammatik und Vokabeln. Wirklich lernfrei sind die Ferien aber längst nicht für alle Kinder und Jugendlichen. Mehr als die Hälfte von ihnen müssen auch in den Ferien pauken. Das zeigt eine aktuelle forsa-Umfrage im Auftrag des Online-Lernspezialisten scoyo unter 1.003 Eltern schulpflichtiger Kinder. Mit 55 Prozent ist der Anteil der Ferienlerner in diesem Jahr im Vergleich zu den Vorjahren geringfügig gesunken. 2013 gaben 62 Prozent der befragten Eltern an, dass ihre Kinder auch in den Ferien lernten, 2014 waren es 63 Prozent.

Je gebildeter die Eltern, desto geringer das Lernpensum
Jedes fünfte Kind wiederholt den Stoff laut der Umfrage in den Ferien nicht nur einmalig, sondern regelmäßig. Knapp die Hälfte der Kinder, die in den Ferien lernen (46 Prozent), büffelt in der schulfreien Zeit ein bis zwei Stunden pro Woche, 34 Prozent sogar über zwei Stunden. Deutlich häufiger müssen Kinder an den Schreibtisch, wenn ihre Eltern einen eher niedrigen Bildungsstand haben: Zwei Drittel der Mütter und Väter mit Hauptschulabschluss gaben an, dass ihre Kinder in den Ferien lernen – aber nur die Hälfte der Eltern mit Abitur.

Persönlichkeit wichtiger als schulische Leistungen
Auch wenn viele Familien die schulischen Leistungen in den Ferien im Blick behalten – noch wichtiger finden fast alle Eltern, dass sich ihre Kinder in dieser Zeit auf anderen Gebieten weiterentwickeln. Je 95 Prozent legen Wert darauf, dass ihre Kinder soziale Kompetenzen ausbauen und ihr Selbstbewusstsein stärken. 93 Prozent wünschen sich, dass die Kinder selbstständiger werden, 83 Prozent halten die Weiterentwicklung der Kreativität für wichtig. Erst an letzter Stelle unter den abgefragten Bereichen, in denen die Kinder nach Elternwunsch vorankommen sollen, rangieren die schulischen Leistungen: Für 65 Prozent der Eltern ist es von Bedeutung, dass ihre Kinder in der schulfreien Zeit auch hier Fortschritte machen.

„In der Schule werden heute oft noch überwiegend fachliche Inhalte vermittelt, gerade persönliche Kompetenzen kommen zu kurz. Durch die stark zunehmende Ganztagesbetreuung verstärkt sich dieses Problem zusätzlich. Das nehmen offenbar auch die Eltern wahr und reagieren richtig, wenn sie ihre Kinder weniger pauken lassen“, kommentiert Daniel Bialecki, Geschäftsführer von scoyo. „Am sinnvollsten ist es, wenn die Kinder von ihren Eltern in den Ferien das bekommen, was ihnen im Alltag am meisten fehlt: Zeit, die sie selbst gestalten können. Das ist die Grundvoraussetzung für den Ausbau der persönlichen Kompetenzen.“

Soziale Kompetenz üben – am besten ohne Aufsicht
Die gute Nachricht an alle Eltern, die Sozialkompetenz und Selbstbewusstsein ihrer Kinder fördern möchten: Beides entwickelt sich fast von allein. So sieht es Sabine Vutz, Pädagogin und Schulmediatorin. „Überall da, wo Kinder ungestört miteinander spielen, haben sie Spaß zusammen, müssen sie Kompromisse schließen oder einen Streit aushalten. So erwerben sie soziale Kompetenz.“ Die Betonung läge allerdings auf „ungestört“, mahnt Vutz, „ungestört von Erwachsenen, die ständig korrigierend eingreifen.“ Wer also beispielsweise sein Kind im Urlaub dem Club-Animateur überließe, wähle damit nur die zweitbeste Lösung.

Um die Eigenständigkeit von Kindern zu fördern, bietet Vutz Eltern eine einfache Faustformel an: „Alles was ein Kind ohne Hilfe schafft, sollte es auch selbst tun dürfen – auch wenn es dann länger dauert.“ Für solche Erfahrungen bietet sich die schulfreie Zeit besonders an.

Abenteuer stärken das Selbstbewusstsein
Michael Fritz, Vorstandsvorsitzender im „Haus der kleinen Forscher“, hält die Sommerferien außerdem für ideal, um das Selbstbewusstsein zu stärken: „Kinder brauchen Abenteuer und Aufgaben, die sie sich selbst stellen“, erklärt der Pädagoge. „Mit jeder Herausforderung, die sie meistern, erleben sie: ‚Ich kann etwas.’ Dieses Gefühl ist unschätzbar wertvoll, weil es das Selbstvertrauen der Kinder festigt und sie so stark macht.“

Was aber, wenn die Kinder dringend Mathe pauken oder Vokabeln büffeln müssen, um im nächsten Schuljahr den Anschluss nicht zu verpassen? Daniel Bialecki rät dazu, die Lerndauer zu begrenzen. Außerdem sollten die Kinder beim Wiederholen des Lernstoffs möglichst viel Entscheidungsfreiheit bekommen und zum Beispiel spielerisch neue Methoden ausprobieren dürfen. Persönlichkeitsentwicklung und Lernerfolg seien untrennbar verbunden, erklärt Bialecki: „Selbstbewusste Kinder trauen sich eher, Fehler zu machen – eine wichtige Lernvoraussetzung. Kreative Kinder sind gute Problemlöser, Eigenständigkeit ist wichtig, um sich selbst Wissen anzueignen. Wer mit diesen Fähigkeiten ins neue Schuljahr geht, ist auch Matheaufgaben und Vokabellisten besser gewachsen.“