Forstexperten tagen in Gotha

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Etwa 25 Experten der Arbeitsgruppe Gastbaumarten in der Sektion Waldbau des Deutschen Verbands Forstlicher Forschungsanstalten (DVFFA), dem auch das Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha der ThüringenForst-AöR angehört, führen am 15. bis 16. März ihre Jahrestagung in Gotha durch.

 

Die Waldforscher widmen sich speziell der Wissensvermittlung und Risikobewertung von Baumarten, die in der nacheiszeitlichen Flora Mitteleuropas nicht vorkamen, jedoch vom Menschen bereits vor 500 Jahren, aber vor allem in den letzten 150 Jahren nach Europa und auch nach Thüringen eingebracht wurden. Diese sog. Gastbaumarten spielen im Kontext des Klimawandels eine immer wichtigere Rolle in der Forstwirtschaft. ThüringenForst unterhält seit Jahren Versuchsflächen, auf denen Anbauerfahrungen mit Gastbaumarten gesammelt werden.

 

Mit Christoph Kolumbus kamen hunderte fremde Arten nach Europa

„Mit der Entdeckung der neuen Welt durch Christoph Kolumbus im Jahr 1492 kamen in Folge Hunderte nichtheimische Pflanzenarten nach Europa“, so Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand und Gastgeber der Tagung. Während eingeführte Baumarten bis heute seitens des Naturschutzes kritisch eingeschätzt werden, sind fremde Kulturarten wie Kartoffeln, Kopfsalat, Mais oder Tomaten, sämtlich in Mitteleuropa ursprünglich nicht heimisch, heute nicht mehr wegzudenken. Gastbaumarten werden hingegen oft als „invasiv“ bezeichnet, da sie unter dem Generalverdacht rasanter Ausbreitung und unerwünschter Eigenschaften für heimische Arten oder Ökosysteme stehen.

 

Das Fremde beunruhigt – deshalb ist solides Wissen statt Meinung gefragt

Hier setzt die Arbeit der Waldbauexperten der Arbeitsgruppe Gastbaumarten des DVFFA an. Durch Erfahrungsaustausch etwa der Erkenntnisse aus Versuchsanbauten oder Arboreten mit Gastbaumarten wird solides Wissen über fremdländische Baumarten gesammelt, analysiert und aufbereitet und in Datenbanken gesichert. Davon haben es nur rund ein Dutzend Baumarten geschafft, dass Interesse der Forstleute und Waldbesitzer zu wecken.

 

Mit dem Klimawandel kann manche Gastbaumart zum Rettungsanker werden

Die Waldbauexperten der AG Gastbaumarten des DVFFA sehen im maßvollen Anbau von eingeführten Baumarten Möglichkeiten zur Erweiterung der heimischen Baumartenausstattung und damit zur Risikostreuung im Klimawandel sowie zur Verbesserung der Holzerträge. Auch ThüringenForst unterhält entsprechende Versuchsanlagen, auf denen die Türkische Tanne, die Libanon-Zeder oder die Orientbuche angebaut wird. Hierüber wird zur Tagung in Gotha berichtet werden, ebenso über die Interaktion heimischer Wildtierarten mit fremdländischen Gehölzen oder neuesten Erkenntnissen zur Invasivitätsbewertung einzelner Gastbaumarten.

 

Der DVFFA hat mit Gotha aus forstlicher wie auch geodätischer Sicht einen herausragenden Tagungsort gewählt: die Namen Gotha und Justus Perthes sind eng miteinander verbunden und genießen Weltgeltung. Denn die Karten des Gothaer Verlages Justus Perthes prägten die letzte Phase des Entdeckungszeitalters, in der die nichteuropäischen Kontinente erforscht wurden. Jene Kontinente, über deren Baumarten nunmehr zwei Tage wissenschaftlich diskutiert wird. Justus Perthes würde es freuen.

 

(Beitragsbild: Hemlocktanne auf einer forstlichen Versuchsfläche in Thüringen: diese wärme- und trockenheitstolerante Baumart könnte auf bestimmten Standorten Teil eines klimaangepassten Zukunftswaldes im Freistaat werden.)