Gotha mit Geschick, Glück und Griffin

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Wer trifft, hat Recht. Und wer siegt, der hat erst recht Recht! Zwar haben die Oettinger Rockets Gotha gestern gewiss keinen „Schönheitspreis“ gewonnen, wohl aber das wegweisende Duell der Nachbarn aus dem unteren Tabellendrittel. Der Aufsteiger behielt im letzten Heimspiel des Jahres gegen die Crailsheim Merlins mit 66:63 (33:28) die Oberhand, verließ somit die Abstiegsplätze und stellte in der 2. Basketball-Bundesliga Pro A den Anschluss zum Mittelfeld her.

Anders als in den insgesamt vier denkbar knappen Begegnungen zuvor, hatten die Gothaer diesmal das Glück des Tüchtigen auf ihrer Seite. Entsprechend euphorisch war der Jubel, der beim Ertönen der Schlusssirene in der gut gefüllten „Blauen Hölle“ ausbrach. Zum zweiten Mal in Folge gab’s stehende Ovationen – und natürlich die Humba.

„Im Gegensatz zu den vier Partien, die wir ganz knapp verloren haben, haben wir heute bis zur allerletzten Sekunde knallhart verteidigt – das war ein Verdienst der gesamten Mannschaft und letztlich entscheidend“, sagte Trainer Christoph Nicol, der in seinem zweiten Spiel als Head Coach des ProA-Teams seinen zweiten Sieg verbuchte. Zugleich konnte sich der 23-Jährige darüber freuen, dass seine mit Yvonne Schäfer abgesteckte Marschroute aufgegangen ist. „Uns war klar, dass der Schlüssel zum Erfolg die Defense sein wird. Deshalb hatten wir den Jungs vor dem Spiel gesagt: So verteidigen wie im Training – da haben wir uns zuletzt von Tag zu Tag gesteigert!“

Dennoch blieb die kampfbetonte Begegnung bis zur Schlusssekunde offen. Das lag einerseits daran, dass die Rockets in der Offensive nicht ihren allerbesten Tag erwischt hatten – vor allem die Trefferquote aus dem Feld (36 Prozent) ließ Wünsche offen. Andererseits erwiesen sich die Gäste als der erwartet unangenehme Gegner, der ebenfalls bärenstark verteidigte. So genehmigten sie den großen BiG-Boys nur wenig Spielraum unterm Korb. Folglich mussten die Gothaer – wohl oder übel – mehr Würfe aus der Distanz nehmen, als ihnen an diesem Tag lieb sein konnte.

Dennoch lief das Spiel am Ende des ersten und zu Beginn des zweiten Viertels richtig rund. In dieser Phase legten die Rockets in vier Minuten einen 14:0-Lauf hin und verwandelten einen 8:12-Rückstand in eine 22:12-Führung. Doch wie gewonnen so zerronnen: Crailsheim antwortete prompt mit einem 9:0-Run (22:21 / 15.) – fortan konnte sich Seite mehr als maximal fünf Zähler absetzen.

Deshalb blieb’s mal wieder spannend bis zum Schluss (60:60 / 37.). Doch am Ende hatten die Hausherren nicht nur das nötige Quäntchen Glück auf ihrer Seite, sondern auch Chase Griffin (Foto): Der US-Amerikaner, mit insgesamt 16 Punkten Top-Scorer der Gothaer, wurde in der letzten Spielminute dreimal an die Linie geschickt und verwandelte alle sechs Versuche sicher. Spätestens in dieser einen Minute wurde deutlich, wie wertvoll der Guard für die Rockets ist – und wie sehr er ihnen im ersten Drittel der Saison fehlte.

Allerdings stockte den 1248 Rockets-Fans kurz vor Ultimo noch einmal der Atem. Denn Crailsheim hätte mit dem letzten Wurf noch eine Verlängerung erzwingen können. Doch Jonathan Moores Dreier verfehlte das Ziel – zuvor hatte der Forward, mit 19 Zählern bester Punktsammler der Merlins, insgesamt fünf Dreier versenkt.

Sei’s drum. Letztlich konnte Christoph Nicol große Worte gelassen aussprechen: „Das war gewiss nicht das schönste Spiel. Aber darum ging’s ja auch nicht. Heute zählt nur der Sieg!“

Derweil steht den Gothaern die nächste Abwehrschlacht bevor. Denn am kommenden Samstag steigt das letzte Punktspiel des Jahres – dann müssen die Rockets beim Tabellensiebten BV Chemnitz 99 antreten, der zuhause eine Macht ist (Bilanz: 7 Siege aus 8 Heimspielen).

„Chemnitz wird eine schwere Aufgabe, aber keine unlösbare“, sagt Christoph Nicol und blickt dem mitteldeutschen Derby optimistisch entgegen. Nicht zuletzt, weil die Fans am nächsten Samstag eine gute Portion „Blaue-Hölle-Feeling“ nach Sachsen „exportieren“ wollen.

Zudem weiß der Coach: „Wir haben heute die Abstiegsplätze verlassen, das löst auch einige Blockaden. Ich denke, wir haben in Chemnitz nichts zu verlieren und können befreit aufspielen!“

Oettinger Rockets Gotha – Crailsheim Merlins 66:63 (33:28)

Viertel: 18:12 / 15:16 / 12:19 / 21:16

Oettinger Rockets Gotha: Carter (4 Punkte / 4 von 4 Freiwürfen), Griffin (16 / 9 von 10 / 1 Dreier), Watson (3 / 1 Dreier), Jackson (6 / 2 von 4), Niebuhr (9 / 1 von 1 / 1 Dreier), Kreis (3 / 1 von 2), Baker (7 / 1 Dreier), Selvig (6 / 2 Dreier), Lipke (7 / 3 von 5), Kuppe (5 / 2 von 2 / 1 Dreier)

Crailsheim Merlins: Crow (9 / 1 Dreier), Szewczyk (nicht eingesetzt), Coleman (5 / 1 Dreier), Moore (19 / 5 Dreier), Friedel (0), Buck (4), Sivorotka (0), Lischka (13 / 3 von 5), Bailey (5 / 1 von 2), Rose (8 / 1 von 2 / 1 Dreier), Johnson (nicht eingesetzt)

Zweier Gotha: 12 von 35 (34 %)
Zweier Crailsheim:
17 von 36 (47 %)

Dreier Gotha: 7 von 18 (39 %)
Dreier Crailsheim:
8 von 26 (31 %)

Freiwürfe Gotha: 21 von 27 (78 %)
Freiwürfe Crailsheim:
5 von 9 (56 %)

Rebounds Gotha: 41 (10 Offense / 31 Defense)
Rebounds Crailsheim:
37 (10 / 27)

Assists Gotha: 11
Assists Crailsheim:
10

Turnover Gotha: 13
Turnover Crailsheim:
15

Zuschauer: 1248

Autor: Wolfgang Gleichmar