Manche Medikamente können die Fahrtauglichkeit beeinträchtigen

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Dass Alkohol im Straßenverkehr nichts zu suchen hat, weiß jeder. Doch auch Medikamente können die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen: etwa drei bis zehn Prozent aller Verkehrsunfälle sind ganz oder teilweise auf Nebenwirkungen von Arzneimitteln zurückzuführen.

Gefährlich sind auch Kombinationen mehrerer Medikamente. Thüringens Apothekerinnen und Apotheker informieren, bei welchen Arzneimitteln besondere Vorsicht geboten ist.

„Das Unfallrisiko erhöht sich bei allen Präparaten, die die Sehfähigkeit beeinträchtigen, auf das zentrale Nervensystem wirken, Blutdruck und Blutzuckerspiegel senken, beruhigen oder müde machen. Sie schränken das Wahrnehmungs- und Reaktionsvermögen ein. Wer solche Arzneimittel anwendet, sollte sich entweder gar nicht oder nur nach Rücksprache mit dem Arzt oder Apotheker ans Steuer setzen – besonders zu Therapiebeginn“, erklärt Apothekerin Susanne Jordan, Pressesprecherin der Region Jena: „Da hierzu auch viele rezeptfrei erhältliche Präparate wie Schlaf- und Schmerzmittel zählen, ist gerade bei der Selbstmedikation vorherige Beratung ein Muss. Das Apothekenpersonal hilft hier gerne weiter.“

Vorsicht ist laut Jordan generell geboten bei folgenden Medikamentengruppen:

Schlaf- und Beruhigungsmittel machen naturgemäß müde. Da die Wirkdauer sehr unterschiedlich ist, kann die Fahrtüchtigkeit noch am nächsten Morgen stark herabgesetzt sein – zumal wenn weitere Arzneimittel oder gar Alkohol im Spiel sind. Starke Müdigkeit ist auch eine Folge mancher Mittel gegen Heuschnupfen, speziell zu Therapiebeginn. Man nimmt sie daher am besten abends vorm Schlafengehen ein. Einige Mittel gegen Parkinson können sogar zu plötzlichem Einschlafen führen. Da Schläfrigkeit auch eines der Krankheitssymptome ist, sollten Betroffene besser aufs Autofahren verzichten.

Psychopharmaka gegen z.B. Depression, Schizophrenie oder Psychosen können sich vor allem zu Beginn der Einnahme mehrfach auswirken: sie machen oft nicht nur müde, sondern beeinträchtigen auch die motorische Reaktionsfähigkeit. Ebenfalls dämpfend aufs zentrale Nervensystem wirken Hustenblocker und Mittel gegen Muskelverspannung. In Kombination mit Alkohol und Beruhigungsmitteln kann dies bis zur Benommenheit führen – eine Nebenwirkung, die auch starke Schmerzmittel hervorrufen können, wenn die Dosierung nicht individuell austariert ist.

Augenpräparate verschlechtern fast immer die Sicht, manchmal auch nur indirekt: so machen Mittel, die die Pupillengröße steuern, oft blendempfindlich oder behindern nachts die Lichtaufnahme. Verschleiern Salben oder Tropfen den Blick unmittelbar, sollte man sich keinesfalls ans Steuer setzen.

Insulin und Antidiabetika, die den Blutzuckerspiegel regulieren, können via Unterzuckerung das Reaktionsvermögen verschlechtern. Vor und während längerer Autofahrten sollten Diabetiker daher regelmäßig den Zuckergehalt im Blut kontrollieren und für den Notfall immer Traubenzucker mitführen.

Machen chronische Beschwerden eine dauerhafte Medikamenteneinnahme nötig, spricht das nicht prinzipiell gegen die Teilnahme am Straßenverkehr. Der Arzt entscheidet – etwa bei Herzpatienten und Epileptikern – im Einzelfall, ob der Patient Auto fahren darf oder nicht. „Oft ist bei neu verordneten Medikamenten oder Änderungen der Dosis nur ein vorübergehendes Fahrverbot nötig“, weiß Jordan, „sobald die Patienten stabil eingestellt sind, können sie auch wieder Auto fahren.“ Dagegen steigt das Risiko, sobald ein Patient mehrere der genannten Mittel parallel einnimmt: die unerwünschten Wirkungen können sich gegenseitig verstärken. „Ob und in welchem Ausmaß das der Fall ist, kann das Fachpersonal in der Apotheke kompetent beurteilen“, empfiehlt Jordan.

Wichtig: Krankheit schützt vor Strafe nicht: Wer einen Unfall verursacht, weil die Fahrtüchtigkeit durch Krankheit oder Medikamente herabgesetzt war, muss vor Gericht mit den gleichen Konsequenzen rechnen wie alkoholisierte Unfallfahrer. Und: „Alkohol, selbst in kleinen Mengen, verstärkt die unerwünschten Wirkungen vieler Medikamente oft noch, etwa bei Schlafmitteln, Hustenblockern oder Blutdrucksenkern“, warnt Jordan. Ein Grund mehr, sich im Straßenverkehr kompromisslos an die Null-Promille-Regel zu halten – zur eigenen Sicherheit und der der übrigen Verkehrsteilnehmer.