Mit Messer und Gabel, Schnapsleichen und die menschliche Entwicklungsgeschichte

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Lagebesprechungen

Stets um Sachlichkeit bemüht finden die täglichen Lagebesprechungen statt. Der PI-Leiter lässt sich von seinen Mitarbeitern über die Ereignisse der letzten 24 Stunden informieren. Doch auch die nüchternste Information kann herzhaftes Lachen verursachen. Wild und die Unfälle mit ihnen sind fast täglich Thema. Ein Kollege erklärte trocken, es habe „fünfmal mit Wild gerumpelt“. Als die Einrichtung des Duftzaunes entlang der B 88 zwischen Ohrdruf und Crawinkel erörtert wurde, fragte der damalige PI-Leiter nach der Wirkungsweise des Duftzaunes. „Bleiben die Viecher weinend im Wald weil sie sich nicht mehr drüber trauen?“ In der Nähe von Hörselgau stand im Sommer ein Hochsitz in Flammen, ein junger Polizeikommissar mutmaßte zur Brandursache die „Wildsau hat sich zu doll gerieben“. Als sich mehrere Kinder auf dem Dach eines Garagenkomplexes Äpfel auf Passanten werfend aufhielten, bewies ein Kollege Obstsortenkenntnis. Mit einem gewissen Schmunzeln in den Augen „es waren Granatäpfel“ kommentierte er den Streich, der als Körperverletzung in die polizeiliche Statistik Eingang fand. Skurril war das Tun eines jungen Mannes, der eine hübsche Frau mit nackten Armen auf einem Werbeplakat streichelte. Nüchtern wurde dieses Verhalten in die Rubrik „Fetisch“ einsortiert.

Fast schon Verständnis für das Vorhandensein einer hohen Barschaft in einem Pkw hatte ein Kollege bei der Besprechung eines Autoaufbruchs. Es fehlte die Geldbörse, in der sich 1000 Euro befunden haben sollen. Der Kollege meinte, bei den Spritpreisen heutzutage müsse man immer genug Geld dabei haben. Betrunkene gehören auch zum täglichen Geschäft der Beamten, die Sorge um diese Menschen wird in den Einsatzmeldungen notiert. Sachlich erläuterte der Kollege, dass die Beamten die „Lauffähigkeit der Person festgestellt und ihn nach Hause geschickt haben.“

Polizeiliche Einsätze

Das Jahr 2011 hatte zu Beginn reichlich Schnee zu bieten. Genug Schnee, um in Wandersleben einen Pkw damit zuzuschaufeln. Zu allem Unglück wurden die dafür notwendigen Gerätschaften, zwei Schneeschieber und ein Besen, vom Grundstück des Pkw-Eigentümers geklaut.

Sexuellen Hintergrund hatte der Einsatz wegen Ruhestörung in einer kalten Februarnacht. Laute Musik war der Einsatzgrund. Die für den Krawall verantwortliche junge Dame hatte Vorsorge getroffen, damit die Nachbarschaft von ihrem lauten Liebesspiel nichts mitbekommt. Eine Leiche in einem Hauseingang wurde der Polizei gemeldet, selbige konnte jedoch trotz intensiver Suche nicht gefunden werden. Aufgrund der Örtlichkeit vermuteten die Beamten, dass es sich um eine „Schnapsleiche“ gehandelt haben könnte, die inzwischen wieder zu sich gekommen und von dannen getrottet ist. Kurz vor dem Zustand „Schnapsleiche“ war in Ohrdruf ein Mann, den Polizeibeamte Nachts aufgesammelt haben. Die Ehefrau wurde angerufen, die zusicherte, ihr „Prachtstück“ abzuholen. Wenig später erschien sie in der angegeben Straße und nahm ihren inzwischen in ein „Häufchen Elend“ verwandelten Mann in Empfang.

Besitzt man ein Prepaid-Handy, sollte man immer für genug Guthaben auf der Karte sorgen. Sonst ergeht es einem ähnlich wie der jungen Frau, die in einem Aufzug stecken geblieben ist. Ihr Guthaben war aufgebraucht und so blieb ihr nur, den Polizeinotruf zu wählen, damit die Telefonnummer, die im Aufzug angebracht ist, angerufen wird.

Immer wieder gerne helfen Polizeibeamte beim Suchen nach verlegten Gegenständen. Eine Tochter sorgte sich um ihre Mutter, sie sei telefonisch nicht erreichbar. Die Beamten fuhren zur Wohnung der Mutter, der es blendend ging. Sie hatte lediglich ihr Telefon verlegt und konnte es nicht finden. Die Beamten stellten ihre wertvolle Dienstzeit der Frau zur Verfügung, suchten nach dem überaus wichtigen Kommunikationsmittel und fanden es auch. Nach einem vermeintlich gestohlenen Elektrofahrzeug suchten die Beamten in Friedrichroda. Der betagte Nutzer des Fahrzeuges erinnerte sich nur nicht mehr, wo er seinen „Roadrunner“ abgestellt hatte. An alte Zeiten der Mangelwirtschaft erinnerte der Einsatz, den zwei junge Beamte in Tambach-Dietharz zu absolvieren hatten. Bei frostigen Temperaturen hielt sich um Mitternacht ein stark angetrunkener Mann im Eingangsbereich eines Einkaufsmarktes auf. Nach dem Grund seines Hierseins befragt, erläuterte er den unwissenden Beamten, er wolle morgens der Erste sein, wenn der Markt öffnet. Alle Überzeugungsarbeit prallte an dem sturen Mann ab: er blieb. Was er kaufen wollte, wollte er auch nicht verraten. .

Nach dem Motto ganz oder gar nicht handelte in einer lauen Maiennacht ein Mann in Tambach-Dietharz, der auf einer Parkbank sitzend gefunden wurde. Er erläuterte den Beamten, er hatte Zoff mit seiner Lebensgefährtin, die ihn aus der Wohnung geworfen habe. Als die Frau befragt wurde, deutete sich eine fehlgeleitete Kommunikation an. Sie forderte ihren Liebsten lediglich auf, das Wohnzimmer zu verlassen und in die Küche zu gehen. Die Versöhnung der beiden fand unter den Augen der Beamten statt.

Hungrig blieben Jugendliche in einem Waldstück bei Waltershausen. Die menschliche Entwicklungsgeschichte muss an ihnen abgeprallt sein. Über die Fähigkeit des Feuermachens verfügte keiner von den jungen Leuten, die mit knurrenden Mägen auf den Grill starrten, auf dem rohe Bratwürste lagen, nur ohne notwendiges Feuer. Gut so, denn das Feuer musste ja nicht mehr gelöscht werden, denn an diesem Ort ist Grillen verboten.

Zur Arbeit der Polizei gehört auch der Kontakt mit der Feuerwehr. Eine besonders erwähnenswerte Episode spielte sich in einem kleinen Ort im Landkreis ab. Dort suchten Beamte nach einer bestimmten Adresse und entdeckten dabei zufällig einen brennenden Haufen Laub und Baumschnitt. Die Beamten wollten das Feuer mit einem Eimer Wasser löschen und klingelten an den Häusern in der Umgebung: die Türen blieben zu. Also wurde die Rettungsleitstelle informiert, damit die Feuerwehr ausrückt, in diesem Fall die Freiwillige Feuerwehr. Die Alarmierung passierte auch über die örtliche Sirene. Und siehe da: die zuvor verschlossenen Türen öffneten sich, Männer kamen heraus, stiegen in ihre privaten Autos, um zum Feuerwehrgerätehaus zu fahren. Sie kehrten nur wenig später in voller Schutzausrüstung zu ihrer Wohnanschrift zurück. Der Laubhaufen wurde nun fachgerecht gelöscht.

Eine Feuerwehrsirene konnte in einem anderen Fall einen alkoholisierten Mann von einem Dach herunterlocken. Zuvor hatte er einen heftigen und handfesten Streit mit seiner Freundin, er ging dem Streit aus dem Weg, in dem er einfach ging. Da die Geschlagene Anzeige erstatten wollte, kam die Polizei. Der Betrunkene war inzwischen auf das Dach des zweistöckigen Wohnhauses gestiegen und verweigerte ein Gespräch mit den Beamten. Dort oben konnte er nicht bleiben, also wurde die Feuerwehr verständigt, die örtliche Sirene in Betrieb genommen. Das veranlasste den Mann selbst vom Dach zu steigen, ihm war es zu peinlich, das Dach über die Drehleiter wieder zu verlassen.

Als untauglicher Versuch wurde der gescheiterte Einbruch in eine Gartenlaube einklassifiziert. Der Täter holte aus dem Geräteschuppen Messer und Gabel und versuchte damit, die Gartenlaubentür zu öffnen. Folgerichtig hat der polizeiliche Eintrag in der Einsatzmeldung die Überschrift „Einbruch mit Messer und Gabel“.

In Akten geblättert

Die Staatsanwaltschaft bekommt die polizeilichen Ermittlungsakten auf den Tisch. Dazu gehören auch Unfallfluchten, die mitunter an die Polizei zurückgegeben werden. Zumeist sind es geklärte Fälle, in denen gegen den Verursacher kein Strafverfahren geführt wird, sondern ein Bußgeldverfahren eingeleitet werden soll. An die ermittelnde Beamtin ging mit diesem Ziel ein solches Verfahren zurück mit der Begründung, der Sachschaden sei gering und wegen des hohen Alters des Beschuldigten sei die Durchführung des Bußgeldverfahrens Strafe genug. Dummerweise hatte der zuständige Staatsanwalt vor der Rückgabe den Aktenvermerk der Beamtin nicht aufmerksam gelesen. Darin stand, dass der Beschuldigte inzwischen verstorben ist.

Verwirrend war die Zeugenbefragung in einem Fall von häuslicher Gewalt Der Zeuge erklärte, er sei nicht in der Wohnung des Täters gewesen, er wisse nicht, wo er wohnt. Der Täter habe ihn geschlagen. Die Gedächtnislücke erklärte sich mit einem Atemalkoholwert von 3,7 Promille zum Tatzeitpunkt.

Klare Vorstellungen zum Zweck der Anzeige gegen ihren Ehemann hatte eine Frau in der polizeilich dokumentierten Vernehmung, „dass ihm entweder geholfen wird oder er ins Gefängnis kommt.“

Unappetitlich las sich ein Unfallbericht zu einem Wildunfall. Ein Reh war mit einem Auto zusammengeprallt und sei in Stücke gerissen worden. „Der Rest kommt im Straßengraben zur Ruhe“.

Zur Ruhe kommen wird die Polizei wohl nie, es wird auch 2012 immer genug Anlässe geben, die einen Einsatz notwendig machen. Und damit hoffentlich auch genug Material, das sich für den Jahresrückblick 2012 verwenden lässt.

Die Polizeiinspektion Gotha wünscht allen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt und des Landkreises Gotha eine schöne Silvesterfeier und einen guten Rutsch ins Jahr 2012.

Karin Köhler