Neuer Lehrstuhlinhaber für Religionswissenschaften an der FSU Jena

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Wenn Muslime den Koran verteilen oder die Bild-Zeitung die „Volks-Bibel“, dann wird viel diskutiert – über die zugrundeliegenden Religionen aber meistens wenig. Dabei ist ein unverstellter Blick aus vielfältigen Perspektiven wichtig, um eine Religion zu verstehen. Dessen ist sich Prof. Dr. Dr. Bertram Schmitz von der Universität Jena sicher. Der neue Lehrstuhlinhaber für Religionswissenschaft wechselt die Perspektive je nach Religion, über die er spricht. Ziel des 50-jährigen Neu-Jenaers ist es, „aus der jeweiligen Perspektive die klassischen Weltreligionen verständlich zu machen“.

Dies will der gebürtige Wattenscheider auch seinen Studierenden mitgeben: die Eigenständigkeit der fremden Religionen wahrzunehmen und zu durchdringen. „Ich kann nur unterrichten, was ich wirklich verstanden habe“, lautet die Maxime des großgewachsenen Theologen, die er besonders, den zukünftigen, aber auch den erfahrenen Lehrern mitgeben will.

Um die fünf Weltreligionen über Jahrtausende hinweg überblicken und verstehen zu können, hat Bertram Schmitz nicht nur eine breite Palette von Fächern studiert. Sondern er hat sich darüber hinaus intensiv mit dem arabischen Raum sowie Indien und China beschäftigt – den Wurzeln von Buddhismus und Hinduismus. Außerdem ist der vielsprachige Religionsexperte mit abgeschlossenem Vikariat viel gereist und hat zahlreiche Forschungsaufenthalte auf der halben Welt verbracht. Der verheiratete Protestant hat sich in die Rituale der Orthodoxen und Katholiken und die Auslegung des Korans eingearbeitet. Der Koran ist für Schmitz kein Gesetzestext, sondern „ein Kunstwerk, ein chiffrierter Text, der über sich hinausweist“.

In seiner ersten Promotion, die Schmitz 1990 in Marburg beendete, hat er das „Ungegenständliche in der Religion“ philosophisch analysiert. Dissertation zwei, die der engagierte Wissenschaftler in Religionswissenschaft nachlegte, schloss er 1994 in Hannover ab mit einer Arbeit über den „Religionsbegriff und seine Entsprechungen im interkulturellen Bereich“. In der 2003 vollendeten Habilitation untersuchte Bertram Schmitz Rituale „Vom Tempelkult zur Eucharistiefeier“ als Beispiele der Aufspaltung von Judentum und Christentum bis zum 4. Jahrhundert. Die weiteren drei Monographien thematisierten das Verhältnis Judentum – Christentum – Islam.

An der Friedrich-Schiller-Universität will der ehemalige Kampfsportler vor allem das interreligiöse Verhältnis von Juden- und Christentum im Spiegel des Korans erforschen. Ein weiteres interdisziplinäres Forschungsfeld ist ihm die Kunst als Darstellung des Wirklichkeitsverständnisses in Religionen. Und so kann es vorkommen, dass Prof. Schmitz mit seinen Studierenden thailändische Zombie-Filme anschaut – oder mit Muslimen über die Auslegung des Korans diskutiert.


Bildtext: Der neuberufene Religionswissenschaftler der Universität Jena: Prof. Dr. Dr. Bertram Schmitz. (Quelle: Anne Günther/FSU)