Rasante Rückkehr auf einen Playoff-Platz

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Was für ein Comeback! Eine Woche nach der Pleite bei Aufsteiger Bayer Giants Leverkusen haben sich die Oettinger Rockets Gotha im Rennen um die begehrten Playoff-Plätze zurückgemeldet: und zwar auf imposante Art und Weise. In der restlos ausverkauften „Blauen Hölle“ triumphierte das Team von Head Coach Chris Ensminger über den Tabellenzweiten Crailsheim Merlins mit 78:75 (48:38). Mit diesem Erfolg eroberten die Gothaer den achten Platz der Tabelle zurück.

Mit nunmehr 15 Siegen aus 28 Spielen haben die Rockets zwei Spieltage vor Abschluss der Hauptrunde ihr Minimalziel für die Saison 2013/2014 – mindestens die Hälfte aller Spiele gewinnen – erreicht. Jetzt liegt es wieder in ihrer Hand, aus eigener Kraft für eine Zugabe zu sorgen. Gewinnen sie die beiden verbliebenen Partien, nimmt die Mannschaft erstmals seit dem Aufstieg in die ProA an den Playoffs teil. Kein Wunder also, dass der Jubel gestern grenzenlos war: Fans und Team feierten sich gegenseitig und sparten nicht mit Komplimenten.

„Es war die erwartet intensive und enge Begegnung, in der sowohl meine Mannschaft als auch unsere Fans einen riesigen Job gemacht haben“, sagte Chris Ensminger nach dem zehnten  Heimsieg der Saison. „Im Vergleich zum Spiel in Leverkusen war das ein Unterschied wie Tag und Nacht. Der Schlüssel zum Erfolg war unsere Defense: Wir haben das drittstärkste Offense-Team der Liga, das bis dato im Schnitt 88 Punkte erzielt hat, bei 75 Punkten gehalten.“

„Wir wussten, dass uns hier ein sehr schweres Spiel bevorsteht – Gotha hat ein fantastisches Publikum, das sein Team unglaublich pusht“, sagte Gäste-Coach Willie Young bei der Pressekonferenz nach dem Spiel. „Unterm Strich waren die Rockets heute aggressiver – das gab den Ausschlag für den knappen Sieg. Glückwunsch an Chris Ensminger und sein Team!“

Beinahe die gesamte Begegnung folgte der Überschrift des Vorberichtes: So kennzeichneten der Höllen-Lärm von den Rängen und das tolle Teamplay der Rockets von Anbeginn das Geschehen.

Die ersten Punkte der Partie markierte Travis Warech. Zwar konnte Crailsheims Top-Scorer Carlos Medlock im Gegenzug einen Dreier zum 2:3 (2.) versenken – doch das sollte die erste und einzige Führung der Merlins in der ersten Halbzeit bleiben. Fortan entwickelte sich ein offener Schlagabtausch, in dem Ali Fraser mit einem Dunk zum 14:12 (6.) für das erste Ausrufezeichen sorgte – die Vorarbeit hatte Dmitrij Kreis mit einem genialen Assist geleistet. Diese Aktion war wegweisend dafür, dass sich die Hausherren am Ende des ersten Viertels leicht absetzen konnten.

Den zweiten Abschnitt eröffnete Torvoris Baker mit einem Dreier zum 28:20 (11.). Anschließend legte Gothas Kapitän, der ein sehr starkes Spiel machte, nahtlos 4 weitere Punkte nach. Auch deshalb bekam er am Ende ein Lob von seinem Trainer: „Torvoris hat heute ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht: Er war 15 Minuten auf dem Feld, hat 3 von 3 Dreiern getroffen und 5 Rebounds eingesammelt – das ist wirklich Spitze!“

Spitze war unter anderem auch die Aktion kurz vor Ende des zweiten Viertels. Zunächst verfehlte ein Dreier von Chase Griffin, dem stets ein Crailsheimer an den Fersen klebte, das Ziel – den Offensiv-Rebound holte US-Boy Travis Warech, der den Ball wieder zu seinem Landsmann Griffin spielte, der den nächsten Dreier nahm – und zum 40:31 (18.) traf.

Wenig später erzielte Landon Tatum die Punkte zum 48:36 (19.) und somit die erste zweistellige Führung in einem Spiel, in dem sich die Rockets bis dahin lediglich 3 Ballverluste geleistet hatten. Tatum, Guard aus der zweiten Mannschaft, war kurzfristig ins Team gerückt. Er spielte für Lee Reilly, der sich am Nachmittag im Derby der 2. Regionalliga gegen den Basketball Club Erfurt (95:102 für den BCE) verletzt hatte – erste Diagnose: Verdacht auf Bänderriss.

Nach dem Seitenwechsel erhöhten die Gäste die Intensität in der Defense. Das führte dazu, dass sich auf Seiten der Gothaer die Ballverluste häuften (insgesamt 13 in der zweiten Halbzeit). Folge: Mitte des dritten Viertels schmolz der 10-Punkte-Pausen-Vorsprung bedrohlich schnell. Die Merlins legten in anderthalb Minuten einen 8:0-Lauf hin und verkürzten auf 54:53 (26.). Zwar konnte Chase Griffin diesen Run mit seinem zweiten wichtigen Dreier zum 57:53 (26.) stoppen. Dennoch ging Crailsheim kurz vor Ende des dritten Abschnitts in Führung – die Partie drohte zu kippen.

Das Startsignal für den an Spannung kaum zu übertreffenden Schlussdurchgang feuerte dann Torvoris Baker mit den Punkten zum 64:63 ab. Anschließend ging’s weiter Schlag auf Schlag: Dreier Carlos Medlock für Crailsheim, Dreier Chase Griffin für Gotha (67:66 / 32.), erfolgreicher Nahdistanzwurf Stevie Johnson, Dreier Torvoris Baker (70:68 / 32.). „T“ war es auch, der wenig später einen tollen Assist auf Ali Fraser spielte, der abermals mit einem Dunk abschließen konnte (72:70 / 34.).

Dennoch war der Ausgang bis zum Ende offen. Doch just als Crailsheim sieben Sekunden vor Schluss nach einem Gothaer Ballverlust beim Stand von 76:75 die Möglichkeit hatte, die Partie mit dem letzten Angriff zu entscheiden, eroberte Gary Johnson (Foto) den Ball zurück und bescherte somit einer der vielen Episoden, die rund um dieses großartige Spiel geschrieben wurden, ein Happy End. Denn Johnson weilte unter der Woche aus familiären Gründen in den USA, konnte also nicht mit der Mannschaft trainieren und war obendrein erst am Abend vor diesem wichtigen Match wieder in Deutschland gelandet.

Für die letzten Punkte der denkwürdigen Partie sorgte schließlich Chase Griffin wenige Sekunden vor Ultimo. Der Guard bewies auch in der Crunchtime seine Nervenstärke und versenkte zwei Freiwürfe zum 78:75. Feierabend.

Eine gute halbe Stunde später verabschiedeten sich die Trainer beider Teams dann mit den Worten: „Vielleicht sehen wir uns ja bald wieder…“

Ein baldiges Wiedersehen liegt im Bereich des Möglichen. Denn wenn die Rockets die letzten beiden Spiele gewinnen und die Hauptrunde auf Platz sieben beenden, könnten sie in der ersten Runde der Playoffs auf die Crailsheim Merlins treffen.

Oettinger Rockets Gotha – Crailsheim Merlins 78:75 (48:38)

Viertel: 25:20 / 23:18 (48:38) / 14:25 (62:63) / 16:12 (78:75)

Oettinger Rockets Gotha: Boadu (nicht eingesetzt), Johnson (6 Punkte / 2 Dreier), Griffin (11 / 2 von 2 / 3), Tatum (2), Niebuhr (6), Kreis (2 / 2 von 2), Fraser (22), Heberlein, Warech (12 / 4 von 4), Baker (17 / 3), Selvig

Crailsheim Merlins: Crow, Medlock (25 / 8 von 8 / 3), Heinrich (nicht eingesetzt), Polas Bartolo (7 / 1 von 2), Friedel (2 / 2 von 4), Kronhardt (3 / 1 von 2), Tetzner (3 / 3 von 6), Sullivan (6 / 4 von 4), Moore (9 / 1), Johnson (20 / 0 von 2)

Zweier Gotha: 23 von 43 (53 Prozent)
Zweier Crailsheim: 22 von 43 (51 Prozent)

Dreier Gotha: 8 von 19 (42 Prozent)
Dreier Crailsheim: 4 von 14 (29 Prozent)

Freiwürfe Gotha: 8 von 8 (100 Prozent)
Freiwürfe Crailsheim: 19 von 28 (68 Prozent)

Rebounds Gotha: 36 (9 Offense / 27 Defense)
Rebounds Crailsheim: 28 (8 Offense / 20 Defense)

Assists Gotha: 18
Assists Crailsheim: 8

Ballverluste Gotha: 16
Ballverluste Crailsheim: 9

Ballgewinne Crailsheim: 4
Ballgewinne Gotha: 4

Zuschauer: 1742 (ausverkauft)

Autor: Wolfgang Gleichmar

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