Sebastian Henn ist neuer Professor für Wirtschaftsgeographie der Universität Jena

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Wenn junge, gut ausgebildete Migranten ein Land verlassen, dann ist häufig von „Brain Drain“ die Rede, also dem Verlust von klugen Köpfen und ihrem Wissen. Dabei kann ihre Abwanderung durchaus auch positive Effekte haben: „Diese Menschen können durch ihre Kontakte in ihren Herkunfts- und Zielländern den Wissensaustausch und damit auch die Innovationsfähigkeit der jeweiligen Länder stärken“, sagt Prof. Dr. Sebastian Henn (Bild; Foto: Kasper/FSU ) von der Universität Jena.

Henn ist der neue Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftsgeographie und untersucht dieses Phänomen unter anderem am Beispiel von türkischstämmigen Akademikern, die aus Deutschland in die Türkei abwandern. In einem weiteren aktuellen Projekt beschäftigt er sich mit Investoren aus China, Brasilien, Indien und Russland, die sich in Deutschland niederlassen: „Solche ausländischen Investoren bringen ebenfalls neue Netzwerke und neues Know-how mit, aber auch andere Unternehmenskulturen und Einstellungen zu Arbeitnehmerrechten“, erklärt Henn.

Wie Kleinunternehmer mit ausländischen Wurzeln die Entwicklung von innerstädtischen Gebieten vorantreiben

Neben den Unternehmensverflechtungen auf regionaler und globaler Ebene befasst sich Prof. Henn mit der lokalen Wirtschaft. Dabei treibt ihn insbesondere die Frage um, wie Kleinunternehmer mit ausländischen Wurzeln die Entwicklung von innerstädtischen Gebieten vorantreiben können. „Ausländische Gewerbetreibende und Dienstleister siedeln sich meist in benachteiligten Stadtteilen an und sorgen so für den Erhalt der Infrastruktur in diesen Quartieren, die dank solcher ausgeprägten ethnischen Ökonomien unter Umständen auch touristisches Potenzial haben“, sagt Henn. Ob der Gemüsehändler um die Ecke oder ausländischer Investor: Henns Forschungsthemen bewegen sich stets an der Schnittstelle zwischen Geographie, den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. „Mein Hauptinteresse gilt der räumlichen Dimension von Wirtschaft und dabei vor allem der Frage, wo und wie neues Wissen entsteht und ausgetauscht wird“, verdeutlicht er.

Sebastian Henn hat an den Universitäten Heidelberg und Mannheim Geographie, Öffentliches Recht sowie Volks- und Betriebswirtschaftslehre studiert. Anschließend wurde der gebürtige Koblenzer an der Universität Halle-Wittenberg im Fach Geographie über „Regionale Cluster in der Nanotechnologie“ promoviert. Im vergangenen April schloss er – ebenfalls in Halle – seine Habilitation ab, in der er sich mit dem Eindringen indischer Unternehmen in die ursprünglich von jüdischen Familien dominierte Diamantindustrie im belgischen Antwerpen beschäftigte. Dazwischen lagen verschiedene Stationen an den Universitäten Dresden, Erlangen-Nürnberg und Toronto. „Der Aufenthalt in Toronto war für mich sowohl fachlich als auch persönlich eine der prägendsten Zeiten“, betont Henn. Zuletzt war er am Leibniz-Institut für Länderkunde in Leipzig tätig. „Die Arbeit außerhalb der Universität war für mich extrem wichtig, da ich so meinen Horizont erweitern und potenzielle Kooperationspartner kennenlernen konnte“, sagt Henn. Die Rückkehr ins universitäre Umfeld war für den 37-Jährigen wiederum eine bewusste Entscheidung: „An einer Universität hat man mehr Freiheiten, kann seine eigenen Forschungsschwerpunkte setzen. Und außerdem hat mir die Lehre gefehlt.“

Die Lehre spielt für Sebastian Henn daher für seine neue Aufgabe in Jena eine wichtige Rolle. „Ich bin schließlich nicht nur Forscher, sondern auch Hochschullehrer“, sagt er. Seinen Studierenden will Henn eine „forschungsorientierte Lehre mit zeitgemäßen, gesellschaftlich relevanten Themen bieten, die ihnen auch berufliche Perspektiven aufzeigen“.

Auch in der Forschung hat er die Praxis stets vor Augen, will basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen konkrete Handlungsempfehlungen für Politik und Wirtschaft erarbeiten – ohne dabei jedoch die Grundlagenforschung aus dem Blick zu verlieren: „Grundlagen- und angewandte Forschung inspirieren sich gegenseitig und gehören für mich zusammen“, betont Henn. Jena biete ihm dafür ein ideales wissenschaftliches Umfeld und auch die Stadt als solche sei attraktiv. Zwar pendelt der verheiratete Vater von zwei Kindern aus familiären Gründen derzeit täglich zwischen Leipzig und der Saalestadt. Dennoch steht für ihn fest: „Jena ist mein Traumstandort.“

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