Bauprojekt Sonneborner Straße: Öl ins Feuer gegossen?

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Gotha (red, 17. Juni). Es gärt es in der Sonneborner Straße. Dort will ein Investor acht neue Einfamilienhäuser bauen. Dafür hatte der sich Gothas Stadtrat 2019 einstimmig ausgesprochen.

Dennoch halten die Anrainer des gut 6.800 Quadratmeter großen Areals an ihrem Protest gegen das Vorhaben fest, ehemalige Kleingärten zu Baugrundstücken zu machen. Sie erhoben deshalb Einspruch während des im Februar begonnenen Auslegungsverfahrens.

Im April eskalierte die Situation, als alte Obstbäume auf dem Grundstück gefällt wurden. Deshalb erstattete NABU-Kreisvorsitzender Ronald Bellstedt Anzeige – weil solch Eingriff laut Bundesnaturschutzgesetz, Paragraf 39, zwischen 1. März bis 30. September verboten ist.

Allerdings gibt es im Gesetz auch den Passus, dass es zulässig sei, „wenn nur geringfügiger Gehölzbewuchs zur Verwirklichung der Baumaßnahmen beseitigt werden“ müsse. Das sehen Investor und Stadt jedenfalls so.

Oberbürgermeister Knut Kreuch hatte sich dann explizit in der April-Stadtratssitzung zu dem Thema positioniert: Er betonte, dass die Stadt verschiedene Interessen gründlich abwäge – so eben auch „das Einzelinteresse gegen das Interesse der Allgemeinheit“.

Es schloss sich dann folgender Passus an: „In Gotha gilt: Wer selbst vor Jahren unter Ausnutzung aller rechtlichen Möglichkeiten baute, wer Bäume entfernte und Bauwerke errichtete ohne Genehmigung, sollte zuerst das eigene Handeln prüfen.“

Das empfanden die Anwohner des umstrittenen Bauvorhabens als persönlichen Angriff, was zusätzlich Öl ins Feuer goss.

Nun sah sich Kreuch in der Juni-Stadtratssitzung genötigt, erneut Stellung zu beziehen: „Ich sage dazu klar und deutlich, dass mir zahlreiche Fälle hierzu aus der Vergangenheit bekannt sind. Bei meinem Statement handelte es sich aber um eine pauschale Feststellung, die sich nicht auf einzelne Personen oder Gruppen bezog, schon gar nicht auf jene, die in den derzeit laufenden Verfahren eingebunden sind.“

Ob auch die Stadträte die beiden Aussagen so verstanden hatten, wie Kreuch meinte, sie formuliert zu haben, wollte „Oscar am Freitag“ von den Vorsitzenden der Fraktionen wissen.

Peter Leisner, der der SPD-Fraktion vorsteht, bezog klar für Knut Kreuch Position. Er schrieb u. a.: „Der Oberbürgermeister hat in der vergangenen Stadtratssitzung deutlich gemacht, welche Anforderungen und Erwartungen an die Stadtverwaltung gestellt werden, Wohnbebauung zu ermöglichen. Das dort Interessenskonflikte entstehen können, ist keine neue Erkenntnis.“

„Oscar am Freitag“ wollte wissen, ob Kreuch namentlich jene „zahlreichen Fälle aus der Vergangenheit“ benannt habe, die seines Wissens nach ohne Genehmigungen z. B. Bäume gefällt hätten. Leisner dazu: „Wenn Themen unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt werden, hat das den Grund, dass Belange Dritter berührt werden. Daher kann ich – sowie kein anderes Stadtratsmitglied – darauf antworten.“ Er verneinte auch, dass Kreuchs Aussage „pauschal jemanden diffamiert“ hätte.

Gänzlich anders äußerte sich Felix Kalbe, der Vorsitzende der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Gothaer Stadtrat. Er sei „sehr verwundert“ über die Reaktion des Oberbürgermeisters. Er habe sich in einem MDR-Interview gegen Oberflächenversiegelungen ausgesprochen, plane aber zugleich zahlreiche Vorhaben, die genau dies bedeuten würden. Kreuch betonte zwar Nachhaltigkeitsaspekte, forciere aber die Bebauung von Kleingartenanlagen, wie in der Sonneborner Straße, die von einem hohen ökologischen Wert wären. „Hier liegen Reden und Handeln weit auseinander.“

Kalbe könne zudem nachvollziehen, dass sich Anwohner der Sonneborner Straße durch Kreuchs Kritik verunglimpft fühlen. „Uns liegen keine Informationen vor, dass Anwohner der Sonneborner Straße Fehlverhalten an den Tag gelegt hätten. Wenn der Oberbürgermeister über weitergehende Informationen verfügt, muss er diese präzisieren.“ Doch selbst, wenn es einzelne Verstöße gab, hält es Kalbe für falsch, „alle Anwohner unter Generalverdacht zu stellen“.

Seine Fraktion hätte der Änderung des Flächennutzungsplans zugestimmt, um nach dem Vorliegen eines ersten Entwurfs fundiert in einen Abwägungsprozess eintreten zu können. „Sollte der dann zur Abstimmung kommende B-Plan-Entwurf keine klare ökologische Handschrift tragen, werden wir diesen ablehnen.“

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