Informatives für Besucher des Thüringer Waldes

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Aus Forstschutzgründen sind nicht die abgestorbenen, braunen Fichten im Vordergrund interessant, sondern die grünen Fichten dahinter. Foto: Dr. Horst Sproßmann

Warum werden bei der Käfersanierung vorwiegend „grüne Fichten” eingeschlagen?

An den Anblick ausgedehnter abgestorbener Fichtenwälder hat sich der Harzwanderer schon gewöhnt. Im Thüringer Wald ist dieser Anblick noch lokal begrenzt. Gleichwohl sind Erholungssuchende besorgt von Baumskeletten entlang von Wanderrouten oder abgestorbenen Fichtengruppen im Gegenhang. Gleichzeitig wird aufmerksam beobachtet, wie Waldbesitzende und Förster oft nur wenige Kilometer entfernt scheinbar gesunde grüne Fichten ernten, statt die trostlosen Baumleichen zu entfernen. Schnell wird gemutmaßt, dass statt der Sanierung von Borkenkäferflächen noch die letzten gesunden Fichten zu guten Holzpreisen abgesetzt werden sollen. Ein Widerspruch, der sich erst bei genauer Kenntnis der waldökologischen Zusammenhänge wie auch der Biologie des Buchdruckers auflöst.

Abgestorbene Fichten sind für den Buchdrucker uninteressant.
„Der Buchdrucker ist ein typischer Schädling heimischer Fichtenwälder. Seine ökologische Funktion besteht darin, kranke Bäume schneller zum Absterben zu bringen und den biologischen Kreislauf von Werden und Vergehen zu unterstützen”, erläutert Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand.

Sind die Fichtenwälder vital und gut wasserversorgt, hat der Schädling deshalb kaum Chancen, sich in diesen Wäldern massenhaft zu vermehren. Die inzwischen jahrelange klimawandelbedingte Trockenheit setzt der Fichte allerdings kräftig zu und macht sie großflächig anfällig für das kleine Schadinsekt. So zerstörte dieser wenige Millimeter große Käfer in Thüringen zuerst Fichtenbestände in den unteren, wärmeren Lagen, vermehrte sich dort millionenfach und erreicht jetzt, dank seiner enormen Individuenzahl, auch die Höhenlagen des Thüringer Waldes – ausgerechnet das natürliche Hauptverbreitungsgebiet der Fichte im Freistaat. Waldbesitzende und Forstleute reagieren auf den Befall mit der Sanierung borkenkäferverseuchter Fichtenbestände: Fichten, die vom Borkenkäfer frisch befallen sind und seine Brut unter der Rinde tragen, müssen schnellstens geerntet und aufgearbeitet, sowie aus dem Wald transportiert werden. Nur ein kleines Zeitfenster von rund sechs Wochen, nach dem Neubefall gerechnet, haben die Akteure hierfür zur Verfügung. Denn nach sechs Wochen ist eine neue Brut Borkenkäfer entwickelt, kann ausfliegen und umliegende, noch nicht befallene Fichten ansteuern. Eine vom Borkenkäfer frisch befallene Fichte ist allerdings nicht leicht zu erkennen, da die Baumkrone noch grün ist. Frühes und damit wichtiges Erkennungsmerkmal ist das Bohrmehl, verursacht durch den einbohrenden Käfer, was sich am Stamm und am Stammfuß finden lässt. Zweites deutliches Anzeichen sind herabfallende grüne Nadeln, die allerdings schon einen fortschreitenden Befall anzeigen. Fällt die Rinde plätzeartig vom Stamm, ist es für eine Sanierung fast zu spät. Der Jungkäfer ist dann oft schon ausgeflogen.

Nur sechs Wochen bleibt den Akteuren für die Sanierung befallener Bäume.
Jetzt wird klar, warum die Sanierung Monate oder gar Jahre später abgestorbener Bäume bei der Borkenkäferbekämpfung keinen Sinn macht. Der Schädling ist längst ausgeflogen und hat sich auf die Suche nach noch unbefallenen Nachbarbäumen gemacht. Diese sind für das nächste Brutgeschäft des Käfers tauglich. Waldbesitzende wie Forstleute müssen folglich ihr Hauptaugenmerk auf die „grünen Fichten” lenken, diese laufend auf frischen Buchdruckerbefall kontrollieren und – sollte Bohrmehl gefunden werden – umgehend einschlagen. Mit dem Baumstamm kann so die gefährliche Buchdruckerbrut aus dem Wald geschafft werden. Ein Rennen gegen die Zeit. Abgestorbene Fichten zu entfernen, ist also keine aktive Borkenkäferbekämpfung. Sie bindet nur Personal, Geld und Forstmaschinen, die an anderer Stelle im Fichtenwald dringend gebraucht wird.

 

 

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