In seinem 33. Jahr bietet das Festival der jüdischen Landesgemeinde Thüringen mehr als 80 Anlässe, jüdische und israelische Kulturen kennenzulernen, zu feiern, zu tanzen, ins Gespräch zu kommen – auch über die aktuelle Politik und erstarkten Antisemitismus. Hochkarätig besetzte Konzerte, Lesungen, Ausstellungen, Vorträge, Kantoren-Gespräche, Filmabende, Workshops, Welterbe-Führungen und Rundgänge in 16 Thüringer Städten und Gemeinden – zwischen den jüdischen Feiertagen Purim und Pessach, vom 19. März bis 10. April 2025 verwandeln die Jüdisch-Israelischen Kulturtage Thüringen in eine Bühne für jüdische Kultur in all ihren Facetten.
„Es ist ein jüdisches Festival und jüdische Identität auf der ganzen Welt, in Deutschland, in Thüringen und auch in Erfurt ist eng verknüpft mit Israel. Es ist wichtig, dass wir die vielschichtige Kultur von Israel hier bekannt machen und somit eine Grundlage für ein friedliches Miteinander legen,“ sagt Prof. Dr. Reinhard Schramm, Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen. Festivalleiter Johannes Gräßer ergänzt: „Wer jüdisches Leben in Deutschland verstehen will, muss ein besseres Verständnis für die Geschichte Israels, seine Multikulturalität und der Menschen dort entwickeln. Die Jüdisch-Israelischen Kulturtage tragen dazu bei.“
Die Künstlerinnen und Künstler kommen entweder direkt aus Israel oder haben einen jüdischen Hintergrund. Die Veranstaltungsorte befinden sich in Gera, Erfurt, Arnstadt, Aschenhausen, Berkach, Bleicherode, Gotha, Jena, Meiningen, Mühlhausen, Nordhausen, Rudolstadt, Schmalkalden und Waltershausen – neu dabei sind in diesem Jahr Almerswind im Landkreis Sonneberg und Greiz, die Vergangenheit aufzeigen und Gegenwart reflektieren.
Festival-Beginn
Eröffnet werden die Kulturtage am Mittwoch, 19. März, um 19:30 Uhr im Geraer Kultur- und Kongresszentrum mit einem Konzert der israelischen Musikerin Hadar Maoz und ihrer Band „The Persian Groove“. Maoz verbindet traditionelle und moderne Klänge und entführt auf eine Reise durch 2.500 Jahre persischer und jüdischer Musikgeschichte. Erwartet wird auch Ministerpräsident Prof. Dr. Mario Voigt als Schirmherr der Kulturtage. Weitere Auftritte von Hadar Maoz sind am 20. März in Erfurt, am 22. März in Mühlhausen sowie am 23.3. in Meiningen und am 26. März in Jena geplant.
Ein einmaliges musikalisches Erlebnis verspricht das Benefizkonzert des Luftwaffenmusikkorps Erfurt am 25. März in Gera, zugunsten des Fördervereins für jüdisch-israelische Kultur in Thüringen. Unterstützt durch die israelische Sängerin Yael Front und Kantor Assaf Levitin sowie den renommierten Klezmer-Klarinettisten Christian Dawid präsentiert das Korps neu arrangierte Werke u.a. von George Gershwin und Dave Tarras. Anfang des 20. Jahrhunderts spielten in Osteuropa viele Klezmer-Musiker in Militärorchestern. So hat laut Festivalleiter Gräßer die Klarinette in das Repertoire der Klezmer-Künstler gefunden.
Direkt aus Israel reist auch das Trio Ariel Berli, Meira Segal und Yshay Afterman an, das am 29. März im Erfurter Cafe Nerly und am 30. März im Geraer Kulturhaus Häselburg auftritt. Die Ney, eine orientalische Flöte, gibt bei ihren Konzerten den Ton an.
Dialog und Begegnung
Profunde Kenner der Probleme der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland und der Gesellschaft in Israel wie Philipp Peyman Engel (Chefredakteur der Jüdischen Allgemeine), Sarah Maria Sander (Nahost-Korrespondentin) und Monique Junker (Investigativjournalistin und frühere Nahost-Korrespondentin) geben in der Diskussionsveranstaltung „Israel, Judentum und die deutsche Wahrnehmung – Ein Abend mit Perspektivenwechsel“ am 6. April in Erfurt spannende Einblicke in ihre Arbeit, teils aus ganz persönlicher, privater Perspektive. Gemeinsam beleuchten sie die Herausforderungen und Mechanismen der deutschen Medienlandschaft in der Berichterstattung über Israel, die oft verkürzten Debatten sowie den gesellschaftlichen Umgang mit Antisemitismus.
Erstmals wird das Kultur- und Bildungszentrum der Jüdischen Landesgemeinde am Erfurter Juri-Gagarin-Ring zur L’Chaim Lounge, einem Ort für Begegnungen, Dialoge und kulturelle Entdeckungen. Ein wechselndes Programm rund um jüdische Traditionen und moderne Perspektiven erwartet die Besucher. Schulklassen können im Rahmen des sehr erfolgreichen und von der Jüdischen Landesgemeinde initiierten Bildungsprogramms „Tacheles mit Simson“ Einblicke in jüdisches Leben gewinnen.
Um Traditionen, Fest- und Feiertage geht es auch in Gesprächen mit Kantor Milán Andics, der während der Kulturtage in vielen beteiligten Kommunen unterwegs ist und von Leonie Ducke und Lutz Balzer musikalisch begleitet wird.
Internationale Stars und Klezmer-Session
Mit Lorin Sklamberg, Craig Judelman und Sasha Lurje treten am 29. März in Gotha sowie am 30. März im Flechtwerk Almerswind/Landkreis Sonneberg drei internationale Größen der jüdischen Musikszene auf.
Das renommierte London Klezmer Quartet mit Susi Evans, Szilvia Csaranko, Flora Curzon und Indra Buraczewska beginnt seine Kulturtage-Reise durch Thüringen (Gera, 27. März, Mühlhausen, 29. März) mit einer offenen Klezmer-Session im Erfurter Café Nerly am 26. März.
Dem Festival lange verbunden und auch in diesem Jahr zu Gast sind Kantor Asaaf Levitin und Pianist Naaman Wagner. Das Duo wird die Finissage der Fotoausstellung „Sei a Mensch“ von Halina Hildebrand am 30. März im Erfurter Stadtmuseum umrahmen.
Lesungen und Vorträge
Die Fotojournalistin Sarah Klatt stellt am 1. April im Jüdischen Kultur- und Bildungsszentrum Erfurt sowie am 2. April in Greiz und am 3. April in Rudolstadt ihr Buch vor, in dem sie den Spuren ihres 1948 nach Israel ausgewanderten Großvaters folgt. Vorträge zu Israel, „Prag als Zentrum mittelalterlicher jüdischer Ansiedlung“ und „Die AfD und der Antisemitismus“ sind ebenfalls Teil des Programms. Mit Ilja Richter, bekannt vor allem aus der Sendung Disco, gastiert am 19. März auch ein prominentes TV-Gesicht in Mühlhausen. Der Schauspieler und Entertainer begibt sich in einer musikalischen Lesung auf die Suche nach religiöser Heimat und Zughörigkeit.
Führungen, Rundgänge und Ausstellungen
Führungen zu den jüdischen Welterbestätten Erfurts sowie Ausstellungen, wie die des Kalligrafie-Künstlers Gabriel Wolff über die Folgen des Hamas-Angriffs 2023 (Vernissage am 23. März in der Erfurter Galerie Waidspeicher) gehören ebenso zum Programm wie Rundgänge in fast allen an den Kulturtagen beteiligten Städten und Gemeinden (auch in russischer Sprache und barrierefrei).
Zum Abschlusskonzert am 10. April im Erfurter Zughafen darf dann noch einmal ausgelassen getanzt und gefeiert werden zu Jewish Music und Folk-Punk mit Stars der Klezmer-Szene wie Daniel Kahn, Christian Dawid und Johannes Gräßer. Kahn, Gräßer sowie Michael Tuttle gründeten vor 20 Jahren die Band „The Painted Bird“ – das Debüt Album „The broken tongue“ kommt in Original-Besetzung zu einer neuen Aufführung.
Das detaillierte Programm finden Sie auf www.jikt.de.