Kordelia Rieger: Von der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen in den ersten Arbeitsmarkt

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Kordelia Rieger. Foto: Antje Sommer

Kordelia Rieger hat es geschafft: Sie ist die Erste, die im Landkreis Gotha das Budget für Arbeit vom Sozialamt Gotha genehmigt bekommen hat. Damit kann sie zum 1. Juli 2018 ihren festen Job als Hauswirtschaftshilfe im Diakonischen Altenzentrum Sarepta in Waltershausen antreten.

„Für mich ist das ein ganz wichtiger Schritt“, sagte die junge Gothaerin beim Unterschreiben des Arbeitsvertrages mit Tränen in den Augen. Über das Budget für Arbeit übernimmt das Land Thüringen 70 Prozent der Lohnkosten für diese „ganz normale sozialversicherungspflichtige“ Tätigkeit und finanziert die pädagogische Betreuung. Sollte Kordelia Rieger die Arbeit aufgrund ihrer Einschränkungen auf Dauer nicht schaffen, bleibt ihr der Weg zurück in eine Werkstatt für Menschen mit Behinderungen erhalten. Das ist neu und besonders am Budget für Arbeit.

Die junge Frau hat einen langen Weg hinter sich. Sie fing 2012 mit der Arbeit in der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen in Gotha an. „Es war für mich ganz klar, dass das nur ein Zwischenschritt sein kann“, sagte Kordelia Rieger. Sie äußerte sofort den Wunsch, außerhalb der Werkstatt zu arbeiten, um irgendwann einen richtigen Job zu haben. „Ich wollte mein eigenes Geld verdienen und nicht mehr vom Amt abhängig sein.“ Sie wollte gerne mit Menschen zusammen arbeiten und ihnen helfen.

Das Team des Bodelschwingh-Hof Mechterstädt e.V. unterstützte Kordelia Rieger dabei herauszufinden, wo für sie der optimale Arbeitsplatz ist. So konnte sie, begleitet durch einen Job-Coach, über verschiedene Praktika in unterschiedliche Einrichtungen der Altenhilfe hineinschnuppern. Das war nicht immer einfach. „Manchmal hatte ich Schwierigkeiten, mich zu konzentrieren“ sagt Kordelia Rieger. Durch viel Übung, Unterstützung und Training lernte sie dazu und wurde immer kompetenter.

Schließlich fand sie im Pflegeheim Sarepta in Waltershausen den passenden Praktikumsplatz. Dort konnte sie sich mit ihren hauswirtschaftlichen Fähigkeiten hervorragend einbringen. So wird sie sich ab Juli, wie schon im Praktikum, um die Frühstücks- und Mittagsvorbereitung kümmern, Wäsche in den Wohnbereichen austeilen und Senioren zu Veranstaltungen begleiten. Es ist ein sogenannter ausgelagerter und geschützter Arbeitsplatz der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, der extra in einer Firma auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingerichtet wurde und der an die Fähigkeiten des Menschen angepasst wurde.

Hintergrund dieser Möglichkeit des Budgets für Arbeit ist der Beschluss der Bundesregierung im Dezember 2016 über das Bundesteilhabegesetz zur Inklusion von Menschen mit Teilhabebedarfen. Dieses Gesetz wiederum basiert auf der UN-Behindertenrechtskonvention, die 2008 in Kraft getreten ist und ein Jahr später von Deutschland unterschrieben wurde. Dieser von weit über 100 Staaten bzw. Organisationen anerkannte völkerrechtliche Vertrag konkretisiert, was behinderte Menschen brauchen, um wirklich am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können.

Es geht vor allem um die soziale Inklusion, nicht nur in den Bereichen Bildung oder Gesellschaft, sondern auch im Bereich Arbeit. Ein fester Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt ist eine wichtige Voraussetzung für ein selbstbestimmtes, zufriedenes Leben. Aber gerade für Menschen mit Handicap sind die Aussichten auf eine feste, bezahlte Beschäftigung oft schlecht.

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