Myconiusmedaille für Christel Klint

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Gotha Stadtschild

Nach der Entscheidung des Gothaer Stadtrates, Christel Klint die Myconiusmedaille 2017 zu verleihen, wurde die höchste Ehrenamtsauszeichnung der Stadt Gotha heute durch Oberbürgermeister Knut Kreuch im Rahmen des traditionellen „Myconiusempfangs“ an die Preisträgerin überreicht.

Mit der Myconiusmedaille zeichnet der Stadtrat Christel Klints vielfältiges ehrenamtliches Engagement u. a. mit ihrer aktiven Mitgliedschaft im Partnerschaftsverein Gotha-Gastonia, der langjährigen Mitarbeit im Seniorenbeirat der Stadt Gotha, ihre Arbeit im Heimatgeschichtsverein Siebleben, in der Kirchgemeinde Siebleben und im Stadtrat der Stadt Gotha aus. Oberbürgermeister Kreuch hielt die Laudatio und würdigte Christel Klint als eine „Demokratin der ersten Stunde“ sowie ihr vielfältiges Engagement in und um Gotha-Siebleben.

Den Festakt in der Gothaer Stadthalle moderierten Thomas Hanl und Paul Rosch vom Gothaer Kinder- und Jugendforum. Als Festredner sprach der Bischof von Görlitz, der gebürtige Gothaer Wolfgang Ipolt zu den Gästen, der zuvor vom Oberbürgermeister im Rathaus um eine Eintragung ins Goldene Buch der Stadt gebeten worden war.
 

 

Laudatio zur Verleihung der Myconius-Medaille an Christel Klint von Oberbürgermeister Knut Kreuch anlässlich des Myconius-Empfanges am 2. Mai 2017 in der Stadthalle zu Gotha

Liebe Christel Klint,
liebe Familie, werte Festgemeinschaft,

jedes Jahr auf dem Weg zu unserem großen Stadtfest zu Ehren unseres Stadtpatrons, des Heiligen Gothardus, hält die Bürgerschaft der Stadt Gotha im Trubel des Weltgeschehens für einige Stunden inne, um einen Menschen besonders zu würdigen, dessen Engagement unverzichtbar ist und dem wir Dank und Anerkennung aussprechen wollen.

Die Welt schaut in diesem Moment auf Gotha, sie wird nur ganz kurz einmal abgelenkt von nordkoreanischen Atombombentestdrohungen, dem Hunger im Sudan, den Naturkatastrophen von Peru, dem Schmelzen der Pole, der Thüringischen Gebietsreform und der einseitige eingefärbten Propaganda der Weltsysteme. In Gotha scheint die Welt friedlich, ganz im Zeichen unserer Verpflichtung „Friede ernähret – Unfriede verzehret“, das kraftvoll die Eingangspforte am Schloss Friedenstein ziert.

In dem Jahr, wo die Reformation ihr 500-jähriges Jubiläum feiert, wir zum 21male die Myconius-Medaille überreichen, wissen wir, dass schon 7 Frauen und 19 Männer unsere höchste Auszeichnung erhalten haben. Heute kommt eine weitere Dame dazu. Und wir wissen, wer diese Auszeichnung durch Mandat des Stadtrates zu Gotha erhält, muss eine außergewöhnliche Persönlichkeit sein, die über alles Trennende hinweg, die Menschen verbindet und zusammen führt.

Im Jahr 2017, wo die Welt 500 Jahre Reformation begeht, haben wir einen Mann als Festredner zu uns gebeten, der in Gotha geboren, hinaus in die Welt zog, um in der mehr als zwölfhundertvierzigjährigen Stadtgeschichte das höchste katholische Amt zu bekleiden, was bisher ein Gothaer erreichte.

Es gab bisher nur einen weiteren gebürtigen Gothaer und zwar Friedrich Münter (1761-1830), der vor fast genau 200 Jahren im Jahre 1808 zum Bischof von Dänemark ernannt worden ist, sozusagen der protestantische Kollege von Herrn Bischof Ipolt. Gotha lebt eben die Ökumene und da fällt mir der Übergang leicht zu unserer heutigen Myconius-Medaillen-Preisträgerin.

Liebe Christel Klint,

sie ist nicht nur in Siebleben allgegenwärtig, man trifft die engagierte Christin oft auch in der Kirche zu Töpfleben, jenem kleinen Lutherkirchlein mit der 300 Jahre alten Lutherglocke und ebenso oft in der genauso kleinen Friedrichskirche, dem Modellbau zur Dresdner Frauenkirche in der Form ihrer Architektur. Sie hilft ihrer Tochter und sie lädt Leute ein in den Dialog zu treten.

„Wer es besser versteht, dem soll mein Geist gern unterworfen sein“

sprach Friedrich Myconius im Jahr 1545 und ich möchte diesen Vers gern als einen Leitgedanken meiner Laudatio annehmen.

Wer bemerkt schon eine Frau, die als Buchhalterin in einer der bekanntesten Gothaer Firmen arbeitet, einer Werkstatt, die sich darauf versteht, den Kirchen Europas die schönsten Töne zu schenken, in dem dort die Königin der Instrumente von Orgel Böhm zum Klingen gebracht wird.

Es war der Herbst 1989, als die damals 50jährige Siebleberin merkte, dass sich ihre Heimat bewegte, dass starre Krusten und liebgewordene Gewohnheiten brachen, weil die Menschen besser verstanden, was sich in der Welt tut. Die Frau, die damals wie heute kein Blatt vor den Mund nimmt, engagierte sich für Veränderungen, weil sie merkte, dass man ganz nach Myconius den Geist nicht mehr einer Diktatur unterwerfen kann und stellte sich der CDU als Kandidatin in der ersten freien Stadtratswahl vom Mai 1990 zur Verfügung.

Ihr Grundsatz in dieser Arbeit war ein Engagement ohne Scheuklappen, ohne Berührungsängste und ohne Parteidiktat. Gerade letzteres machte ihr zu schaffen, denn als in der liebgewordenen und erkämpften Demokratie plötzlich mittels Diktat ihr langjähriger Weggefährte und Freund Werner Kukulenz, Gothas erster Bürgermeister nach der Wende, aus seiner politischen Heimat CDU gedrängt werden sollte, ergriff sie patriotisch das Wort, so wie es immer getan hatte, ohne Rücksicht zu nehmen, dass ihr Einsatz ihr schaden könnte. Sie ging, damit sie ihre Heimat nicht verliert, aus dem Gleichschritt der Partei, um sich frohes Mutes und freien Geistes weiter bis Juni 1999 als parteilose Abgeordnete im Stadtrat zu Gotha zu engagieren. Ein ehrenamtliches Engagement, was ihr ein Herzensbedürfnis war.

Sie besitzt unwahrscheinliches Gespür für die kleinen mitmenschlichen Dinge, ob sie sich diese als Chefin des Fundbüros der Stadt Gotha ab 1991 aneignete, will ich nicht unterstellen. Aber ich weiß, dass Christel Klint zuhören kann, dass sie merkt, wenn ein Anderer Hilfe und Nächstenliebe braucht. Dabei schont sie sich und ihre Nächsten nicht, sie ist es gewohnt einzugreifen und anzupacken.

Wo liegen nun ihre Stärken? Sie merkte, als sich diese Gesellschaft so gewaltig zuerst politisch und heute digital-sozial verändert, dass Menschen, besonders ältere Mitbürger in die Isolation geraten, um die Anerkennung ihres Lebenswerkes fürchten, das gerade Hilfsbedürftigen etwas fehlt, sei es Nächstenliebe, sei es die Familie, die Furcht vor dem Alleinsein oder sei es die Jugend die zur Arbeit abwandert. Sie setzte sich nicht hin, um in das allgemeine Klagelied einzustimmen, sie handelte, indem sie monatliche Veranstaltungen ins Leben rief, die seither einen wichtigen sozialen Treffpunkt bilden.

Sie rief dabei nicht nach Stadtverwaltung oder freuen Trägern, bat nur die Kirche ihr doch in Siebleben das Glashaus zu geben oder nutzte einen Schulraum, wenn es einfach zu viele Menschen wurden.

Vielfach hat Christel Klint diese Treffen und die Veranstaltungen zum Jahresabschluss selbst finanziert, hat Kuchen gebacken, Kaffee und Zutaten von den Kaufläden erbeten und so unvergessene Veranstaltungen vorbereitet und durchgeführt, in die sie viel Freizeit investierte.

Die Demokratin der ersten Stunde fand in Siebleben reiches Betätigungsfeld nicht nur in der kirchlichen Arbeit, sondern auch im Engagement für den Heimat- und Geschichtsverein. Ihr Heimatort liegt ihr besonders am Herzen. Sicherlich war die Sanierung des Gustav-Freytag-Gartenhauses und die Einrichtung als Museum durch ihren Verein für sie ein genauso schönes Erlebnis, wie die wundervolle Gestaltung der Fassade von Gustav-Freytags-Wohnhaus, das noch nie so schön erstrahlte wie heute.

Als im Jahre 1993 auch durch ihr Handzeichen die Städtepartnerschaft zwischen Gotha und der amerikanischen Stadt Gastonia abgeschlossen werden konnte, war sie von der ersten Minute an eine glühende Verfechterin dieses Austausches, ohne „aufzutrumpen“, denn die Schülerpartnerschaften liegen ihr bis heute am Herzen und auch finanziell hilft sie gern diesem Verein. Wesentlich wird diese Zusammenarbeit nach Amerika seit nunmehr einem Vierteljahrhundert getragen durch das Staatliche Gymnasium Ernst Wilhelm Arnoldi und der Namensgeber unseres heutigen Empfanges wusste dies schon zu beurteilen in dem er in einem Brief formuliert

„zu Gotha die peste kynderscvhul isct, als in doringen seyn mag“

und diese Aussage kann ich mit Fug und Recht im Jahr 2017 auf alle Schulen unserer Stadt beziehen.

Liebe Christel Klint,

zum Abschluss sei Ihnen gesagt, dass auch Sankt Gothardus, unser Schutzpatron, eine besondere Bindung zu ihnen hat, denn er hat Menschen beigestanden, die Hilfe benötigten, eine Gabe, die auch Sie besitzen. Und Sie sind Zeit ihres Lebens immer auf Menschen zugegangen, haben dazu den richtigen Pass gefunden, so wie es Menschen seit Jahrhunderten in den Alpen tun, wenn sie den Gotthard–Pass als Verbindung wählen. Ist es nicht schön, dass es solche Fügungen des Schicksals gibt?

Im Namen des Stadtrates zu Gotha und ganz persönlich darf ich Ihnen auf das herzlichste zur höchsten Auszeichnung unserer Stadt gratulieren. Ihr Engagement ehrt nicht Sie, sondern auch Ihre Heimatstadt Gotha. Wir sind stolz darauf Sie in unserer Mitte zu wissen, wünschen uns von Herzen, dass sie noch viele Jahre in Vitalität und Gesundheit in Gotha, in Siebleben und dort wo Sie es sich wünschen wirken dürfen.

Wenn Friedrich Myconius meint

„Wer es besser versteht, dem soll mein Geist gern unterworfen sein“,

dem sei heute gesagt,

„Wer es besser versteht, so wie Christel Klint, der sollte geistreich für Gotha wirken“.

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